Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattung überzahlter Leistungen der Grundsicherung
Orientierungssatz
1. Voraussetzung für eine Erstattungsforderung nach § 328 Abs. 3 S. 2 SGB 3 ist, dass mit einer abschließenden Entscheidung Leistungen in geringerer Höhe bewilligt werden als zuvor in der vorläufigen Entscheidung erbracht wurden.
2. Eine Frist für die Geltendmachung der Erstattungsforderung nach einer endgültigen Festsetzung gibt das Gesetz in § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB 2 i. V. m. § 328 Abs. 3 S. 2 SGB 3 nicht vor. Gleichfalls kennt § 50 Abs. 1 SGB 10 eine Frist für die Geltendmachung der Erstattungsforderung nicht. Erst nach der Unanfechtbarkeit einer Erstattungsforderung nach § 50 Abs. 1 SGB 10 ist eine Verjährung gemäß § 50 Abs. 4 SGB 10 innerhalb von vier Jahren möglich.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen einen Erstattungsbescheid bezüglich Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für Juli 2012.
Der 1992 geborene Kläger erhielt in Bedarfsgemeinschaft mit seiner Mutter und zwei Geschwistern Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) vom Beklagten. Mit Bescheid vom 25.06.2012 erfolgte eine vorläufige Bewilligung für die Zeit vom 01.07.2012 bis 31.12.2012 für den Kläger, seine Mutter und einen Bruder. Eine Schwester des Klägers erhielt aufgrund von bedarfsdeckendem Einkommen keine SGB II-Leistungen bewilligt. Die vorläufig bewilligten Leistungen betrugen insgesamt 677,86 EUR monatlich, hiervon entfielen auf den Kläger 48,68 EUR Kosten der Unterkunft und Heizung. Gegen die Bewilligungsentscheidung erhoben der Kläger, seine beiden Geschwister und die Mutter Widerspruch mit Schreiben vom 03.07.2012.
Mit Änderungsbescheid vom 17.08.2012 änderte der Beklagte die Bewilligungsentscheidung vom 25.06.2012 ab und gewährte nunmehr für Juli 2012 insgesamt 893,68 EUR, hiervon entfielen 145,00 EUR als Regelbedarf und 119,68 EUR als Kosten der Unterkunft und Heizung auf den Kläger. Die Bewilligung erfolgte weiterhin im Rahmen einer vorläufigen Bewilligung.
Im weiteren Verlauf des Widerspruchsverfahrens erfolgten Änderungsbescheide am 23.10.2012 für Oktober 2012 und am 01.10.2012 und 20.02.2013 jeweils für November und Dezember 2012.
Mit weiterem Änderungsbescheid vom 28.03.2013 wurden die Bescheide vom 25.06., 17.08., 01.10., 23.10.2010 und 20.02.2013 teilweise aufgehoben. Für Juli 2012 erfolgte nunmehr eine Bewilligung von 878,75 EUR insgesamt. Hiervon entfielen auf den Kläger 130,75 EUR Regelbedarf und 119,68 EUR Kosten der Unterkunft und Heizung. Die Bewilligung enthielt keinen Vermerk über die Vorläufigkeit.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.04.2013 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 25.06.2012 als unbegründet zurück. Hiergegen erhoben der Kläger, seine Mutter und zwei Geschwister Klage (S 7 AS 805/13). Die Klage endete am 14.07.2014 durch eine vergleichsweise Regelung in mehreren Verfahren. In dem Verfahren S 7 AS 805/13 blieb dabei die Höhe der Leistungsgewährung unverändert.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 21.04.2015 setzte der Beklagte gegenüber dem Kläger für Juli 2012 einen Betrag von 14,25 EUR Regelbedarf zur Erstattung nach endgültiger Festsetzung fest.
Hiergegen erhob der Kläger am 18.05.2015 Widerspruch. Diesen begründete er mit einer Verjährung bzw. einer Verwirkung des Erstattungsanspruches nach mehr als 2 Jahren nach der endgültigen Festsetzung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.07.2015, zugegangen am 13.07.2015, wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Leistung für Juli 2012 sei durch den Bescheid vom 25.06.2012 in Fassung des Änderungsbescheides vom 17.08.2012 vorläufig bewilligt worden. Mit Bescheid vom 28.03.2013 sei die endgültige Festsetzung erfolgt, daher seien die vorläufig bewilligten Leistungen, soweit sie die endgültig bewilligten Leistungen übersteigen, zu erstatten. Der geforderte Betrag von 14,25 EUR sei geringer als die tatsächlich zu viel erhaltenen Leistungen. Einen Vertrauensschutz genieße der Kläger im Hinblick auf die vorläufige Bewilligung nicht.
Hiergegen hat der Kläger am 13.08.2015 Klage erhoben und zugleich Prozesskostenhilfe beantragt. Mit Beschluss vom 18.08.2016 hat das Gericht den Antrag auf Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussicht abgelehnt.
Der Kläger hält die angefochtene Entscheidung für rechtswidrig und wiederholt hierzu seine Ausführungen aus dem Verwaltungsverfahren. Eine analoge Anwendung der Jahresfrist habe das SG Neubrandenburg (S 14 AS 969/15) im Urteil vom 12.11.2015 auch angenommen.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
den Bescheid vom 21.04.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.07.2015 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig. Die Regelung aus § 328 SGB III sei vorrangig zu berücksichtigen. Für eine Analogie fehle es an einer planwidrigen Regelungslücke.
Die Beteiligte...