Tenor
Der Antragstellerin wird für diesen Rechtszug für die Zeit ab 16.03.2020 Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt L aus E beigeordnet.
Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin vorläufig Leistungen nach dem Vierten Kapitel SGB XII für die Zeit vom 01.10.2020 bis 31.01.2021 in Höhe von monatlich 283,99 EUR zu gewähren. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Die Antragsgegnerin trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin.
Gründe
I.
Die 1942 geborene Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtschutzes Leistungen nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII).
Sie ist polnische Staatsangehörige und lebte bis August 2019 in Polen. Am 19.08.2019 ist sie in die 44qm große Wohnung mit 1,5 Zimmern (Schlafraum und Wohnküche) ihres Sohnes L in X zugezogen. Dieser bezieht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), bei deren Berechnung Kosten der Unterkunft nur zur Hälfte in Höhe von 181,89 EUR berücksichtigt werden. Die Antragstellerin bezieht eine polnische Rente in Höhe von 1.497,33 Zloty, umgerechnet 329,90 EUR (Stand 05.11.2020, abgerufen bei Google). Der Sohn L und zwei weitere in X lebende Söhne der Antragstellerin sind deutsche Staatsbürger.
Am 07.11.2019 stellte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin einen Antrag auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII), der mit Bescheid vom 09.01.2020 abgelehnt wurde. Die Antragstellerin sei als EU- Bürgerin grundsätzlich freizügigkeitsberechtigt, habe aber keine Erwerbstätigkeit aufgenommen. Ihr fehle es an einem Aufenthaltsrecht.
Gegen diesen Bescheid legte die Antragstellerin Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 14.07.2020 zurückgewiesen wurde. Die Antragstellerin hat Klage zum Sozialgericht Dortmund erhoben, die unter dem Aktenzeichen S 62 SO 416/20 geführt wird.
Aufgrund eines Beschlusses der erkennenden Kammer vom 05.05.2020 (S 62 SO 120/20 ER) wurden der Antragstellerin vorläufig Leistungen bis einschließlich September 2020 gewährt.
Die Ausländerbehörde der Antragsgegnerin stellte mit Bescheid vom 08.06.2020 den Verlust des Rechts der Klägerin auf Einreise und Aufenthalt nach § 2 Abs. 1 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU) fest und forderte die Klägerin nach §§ 7 Abs. 1,11 Abs. 2 FreizügG/EU i.V.m. §§ 50, 58 Abs. 1, 59 Abs. 1, Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) auf, das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Eintritt der Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht zu verlassen. Zudem wurde der Antragstellerin nach § 7 Abs. 1 FreizügG/EU i.V.m. §§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 1, Abs. 2 AufenthG die zwangsweise Abschiebung nach Polen angedroht. Dagegen erhob die Antragsteller im Klage zum Verwaltungsgericht Arnsberg (3 K 1673/20). Zudem beantragte sie dort die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage (3 L 551/20).
Mit Schreiben vom 04.09.2020 beantragte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin die Fortzahlung der Leistungen über den 30.09.2020 hinaus.
Am 15.09.2020 hat die Antragstellerin erneut einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Sie trägt vor, ihre Söhne L und U seien alleinstehend. Der weitere Sohn B arbeite und lebe mit einer Lebensgefährtin und deren Kind zusammen.
Weitere Verwandte in Polen seien sehr alt und könnten sich nicht mehr um die Antragstellerin kümmern. Sie sei an Diabetes mellitus Typ II, Harninkontinenz, Alzheimer und Demenz erkrankt und könne ihren Haushalt nicht selbst führen. Sie müsse Medikamente einnehmen, was sie aufgrund ihrer Demenz nicht schaffe. Der Umzug nach Deutschland sei erfolgt, um die Pflege der Antragstellerin sicherzustellen. Polnischer Krankenversicherungsschutz sei sowie ausreichende Existenzmittel seien vorhanden. Die Antragstellerin ist der Ansicht, sich rechtmäßig in Deutschland aufzuhalten. Aufenthaltsrechte ergäben sich aus §§ 3 Abs. 1 und 4 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU). Sei sie nach §§ 27 Abs. 1 und 36 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) zum Aufenthalt in Deutschland berechtigt und nicht reisefähig,
Die Antragstellerin beantragt,
die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihr für die Zeit ab Eingang dieses Antrags bei Gericht vorläufig bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens Leistungen nach dem SGB XII, hilfsweise nach dem AsylbLG zu bewilligen und gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie tritt dem geltend gemachten Anspruch entgegen und nimmt Bezug auf ihre Ausführungen im Verfahren S 62 SO 120/20. Die Antragstellerin sei gemäß § 23 Abs. 3 SGB XII vom Bezug der Leistungen nach dem Vierten Kapitel SGB XII ausgeschlossen. Die Angaben der Antragstellerin über ihren Gesundheitszustand und die fehlenden Pflegemöglichkeiten in Polen seien nicht nachgewiesen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, in...