Nachgehend

BSG (Urteil vom 18.10.2022; Aktenzeichen B 12 KR 6/20 R)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Neufestsetzung der Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung und um Erstattung einer eventuellen Überzahlung.

Die Klägerin ist seit dem 2017 freiwilliges Mitglied der beklagten Krankenkasse. Sie war zuvor über ihren Ehemann familienversichert. Die Ehe wurde geschieden durch Beschluss des Amtsgerichts Weilheim vom 2017. Im Rahmen der Scheidung wurde der Versorgungsausgleich durchgeführt. In einer Trennungs- und Scheidungsvereinbarung vom 2017 trafen die Klägerin und ihr geschiedener Ehemann Regelungen zum nachehelichen Unterhalt und zum Zugewinnausgleich. In § 1 der Vereinbarung verpflichtete sich der geschiedene Ehegatte der Klägerin, an diese zur Abgeltung sämtlicher Ansprüche auf nachehelichen Unterhalt eine einmalige Abfindung in Höhe von EUR 120.000,00 zu bezahlen, fällig zwei Wochen nach Rechtskraft der Ehescheidung.

Mit Bescheid vom 29.03.2017 setzte die Beklagte den Beitrag der Klägerin zur Kranken- und Pflegeversicherung ab dem 26.02.2017 unter Berücksichtigung der Abfindung auf der Grundlage von beitragspflichtigen Einnahmen i.H.v. EUR 10.000,00 (EUR 120.000,00 : 12 = EUR 10.000,00) neu fest. Der monatliche Gesamtbeitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung wurde auf EUR 774,30 festgesetzt.

Die Klägerin legte unter dem 21.04.2017 Widerspruch gegen die Beitragseinstufung ein und trug zur Begründung vor, die Berücksichtigung der von ihr im Rahmen der Trennungs- und Scheidungsvereinbarung vereinbarten Abfindung über zwölf Monate sei nicht sachgerecht. Diese sei vielmehr über 120 Monate zu verteilen. Die Abfindung diene dem Ausgleich sämtlicher nachehelicher Unterhaltsansprüche. Da die Ehe von 1991-2017, mithin 26 Jahre, bestanden habe und sie nicht berufstätig gewesen sei, hätte ihr ein nachehelicher Unterhalt für einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren zugestanden. Hierfür diene die Abfindung als Ausgleich. Die Verbeitragung der Abfindung über nur zwölf Monate führe zu einer unangemessenen Schlechterstellung einerseits gegenüber Personen, die ihren Unterhalt über einen längeren Zeitraum erhielten, und andererseits gegenüber Empfängern von Versorgungsbezügen als einmalige Kapitalleistung, bei denen die gesetzliche Regelung eine Verbeitragung über 120 Monate zulasse.

Mit Widerspruchsbescheid vom 16.11.2017 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Es handele sich um eine einmalige Einnahme. Diese sei nach § 5 Abs. 3 der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler über zwölf Beitragsmonate zu verteilen. Eine Anwendung der Vorschriften über Versorgungsbezüge komme nicht in Betracht, denn es handele sich bei der Abfindung im Rahmen des nachehelichen Unterhalts gerade nicht um Versorgungsbezüge. Die Abfindung auf nachehelichen Unterhalt sei keine Leistung, die dem Ausgleich des Verlusts von Einkommen bei Ausscheiden aus dem Erwerbsleben diene. Eine Anwendung der Vorschriften über Versorgungsbezüge sei auch nicht aus Gründen der Gleichbehandlung nach Art. 3 GG geboten.

Mit am 19.12.2017 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin Klage erhoben.

Sie verweist auf ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren und trägt ergänzend vor, sie bestreite ihren Lebensunterhalt gegenwärtig durch die erhaltene Abfindung und aus den Einkünften aus einem Mini-Job. Ob und wann eine hauptberuflich abhängige Erwerbstätigkeit aufgenommen werden könne, sei unklar. In ihrem ursprünglichen Beruf könne sie aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten. Die Verbeitragung über 120 Monate sei für sie daher günstiger als über 12 Monate.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 29.03.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.11.2017 zu verurteilen, die Höhe des Gesamtbeitrags zur Kranken- und Pflegeversicherung ab dem 26.02.2017 auf der Grundlage eines monatlichen Einkommens von EUR 1.000,00 zuzüglich sonstiger Einnahmen neu festzusetzen sowie ihr auf Grundlage dieser Neufestsetzung seit dem 26.02.2017 überzahlte Beiträge zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte verweist auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Klage ist zulässig. Die Klägerin verfolgt ihr Begehren auf Neufestsetzung der Beitragshöhe im Rahmen der freiwilligen Krankenversicherung und Erstattung eines ggf. überzahlten Betrags zutreffend ihm Rahmen einer Stufenklage. Eine solche Klage ist gemäß § 202 SGG i.V.m. § 254 ZPO auch im sozialgerichtlichen Verfahren statthaft (BSG, Urteil vom 28.02.2007, Az.: B 3 KR 12/06 R). Daher konnte der weitere Klageantrag auf Zahlung zunächst abweichend von § 92 Satz 1 SGG unbeziffert gestellt werden. Die statthafte Klageart für den Antrag auf Neufestsetzung ist eine ko...

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