Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Unterkunft und Heizung. tatsächliche Aufwendungen. Mietvertrag unter Verwandten. Wirksamkeit der Mietforderung. Aufteilung nach Kopfteilen. Haushaltsgemeinschaft mit den Eltern. keine abgeschlossene Wohneinheit
Leitsatz (amtlich)
1. Die Bewilligung von Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 35 SGB 12 setzt tatsächliche Aufwendungen des Hilfebedürftigen voraus, wenn keine Einstands- oder Bedarfsgemeinschaft besteht (Anschluss an BSG vom 14.4.2011 - B 8 SO 18/09 R = SozR 4-3500 § 29 Nr 3 und vom 25.8.2011 - B 8 SO 29/10 R = FEVS 63, 442).
2. Der Anspruch ist auf die anteiligen tatsächlichen Aufwendungen beschränkt (sog Kopfteilmethode), wenn der Hilfebedürftige im Haushalt seiner Eltern lebt und dort nicht über eine abgeschlossene Wohneinheit verfügt.
Tenor
1. Der Bescheid vom 28.10.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.12.2012 wird abgeändert.
2. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger im Zeitraum Januar bis Oktober 2013 Leistungen nach dem SGB XII unter Berücksichtigung der anteiligen tatsächlichen Unterkunftskosten zu gewähren. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe (SGB XII) unter Berücksichtigung der Regelbedarfsstufe 1 und von Unterkunfts- und Heizkosten.
Bei dem im Jahre 1987 geborenen Kläger besteht eine geistige Behinderung, die auf eine Sauerstoffunterversorgung während der Geburt zurückzuführen ist. Der Kläger arbeitet in einer Werkstatt für behinderte Menschen und lebt gemeinsam mit seinen Eltern in deren Einfamilienhaus, das eine Wohnfläche von ca. 200 qm hat. Er verfügt dort über ein eigenes Zimmer und ist im Übrigen berechtigt, alle Gemeinschafträume zu nutzen. Seine jüngere Schwester ist im Jahre 2012 aus dem Haushalt der Eltern ausgezogen. Die Eltern sind auch die Betreuer des Klägers.
Die Beklagte gewährt dem Kläger seit dem Jahr 2005 Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB XII und berücksichtigt dabei seit dem Jahr 2008 auch Unterkunftskosten i.H.v. monatlich 200,00 €, die auf ein Schreiben der Eltern vom 27.10.2008 zurückgehen.
Mit Schreiben vom 01.10.2012 teilte die Beklagte den Eltern des Klägers mit, dass die Kosten für die Unterkunft aufgrund der aktuellen Rechtsprechung des BSG ab dem nächsten Bewilligungsabschnitt nicht mehr berücksichtigt werden könnten.
Mit Bescheid vom 28.10.2012 bewilligte die Beklagte die Leistungen für den Zeitraum November 2012 bis Oktober 2013 in Höhe der Regelbedarfsstufe 3 und des Mehrbedarfes aufgrund des Merkzeichens “G„. Unterkunftskosten wurden nicht berücksichtigt.
Die Eltern des Klägers legten gegen den Bescheid am 02.11.2012 Widerspruch ein. Diesen begründeten sie damit, dass Kosten der Unterkunft nachweislich angefallen seien. Der Kläger habe diese Kosten monatlich beglichen.
Mit Beschluss des Amtsgerichts Brilon vom 05.11.2012 wurde der XXX zum Ergänzungsbetreuer für den Kläger bestellt. Dieser schloss am 27.12.2012 einen Mietvertrag für den Kläger mit seinen Eltern ab. Danach beginnt das Mietverhältnis am 01.01.2013, die Kaltmiete für das bewohnte Zimmer und die Mitbenutzung der Gemeinschaftsräume beläuft sich auf 170,00 € und die Pauschale für die Nebenkosten einschließlich der Heizkosten auf 70,00 €.
Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 20.12.2012 zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Hochsauerlandkreis aus, dass der Kläger keinen Anspruch auf Übernahme von Unterkunftskosten habe. Die Zahlungsverpflichtungen träfen allein die Eltern. Der Kläger habe daher keine tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung.
Der Kläger hat am 18.01.2013 Klage erhoben. Diese begründet er damit, dass er jedenfalls ab dem 01.01.2013 einen Anspruch auf Übernahme von Unterkunfts- und Heizkosten habe, denn ab diesem Zeitpunkt liege ein wirksamer Mietvertrag vor, der durch den Ergänzungsbetreuer mit den Eltern abgeschlossen worden sei. Die Miete sei angemessen und daher in voller Höhe zu übernehmen. Darüber hinaus habe der Kläger nach der aktuellen Rechtsprechung des BSG einen Anspruch auf Leistungen in Höhe der Regelbedarfsstufe 1.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 28.10.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.12.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Leistungen nach dem SGB XII unter Berücksichtigung der Regelbedarfsstufe 1 im gesamten streitigen Zeitraum und von Unterkunftskosten i.H.v. 240,- € monatlich für die Monate Januar bis Oktober 2013 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte verteidigt die angefochtenen Bescheide, die sie für rechtmäßig hält. Der Mietvertrag vom 27.12.2012 sei nicht wirksam, da er lediglich geschlossen worden sei, um höhere Grundsicherungsleistungen zu erhalten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Geric...