Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. notwendiger Lebensunterhalt in Einrichtungen. kein Anspruch auf Weihnachtsbeihilfe. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
Hilfebedürftige in stationären Einrichtungen haben seit dem 1.1.2005 keinen Anspruch auf eine einmalige Beihilfe anlässlich des Weihnachtsfestes mehr. Der weihnachtliche Bedarf ist durch Ansparungen aus dem Barbetrag nach § 35 SGB 12 zu decken.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin lebt in einem Wohnheim für suchtkranke Menschen in B. Sie bezieht Eingliederungshilfe für Behinderte nach §§ 53 ff. des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch (SGB XII) i.V.m. § 55 des Sozialgesetzbuches Neuntes Buch (SGB IX) und Hilfe zum Lebensunterhalt nach §§ 27 ff. SGB XII für die stationäre Unterbringung im Wohnheim. Monatlich wird ihr ein Barbetrag in Höhe von 89,70 Euro (abzüglich 3,45 Euro als gesetzliche Zuzahlung für chronisch Kranke nach dem Gesundheitsmodernisierungsgesetz) zur persönlichen Verfügung gestellt.
Am 15. Dezember 2005 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Weihnachtsbeihilfe für das Jahr 2005 gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 SGB XII. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 20. Dezember 2005 ab. Zur Begründung trug er vor, mit dem am 1. Januar 2005 in Kraft getretenen SGB XII sei geregelt, dass der gesamte Lebensbedarf grundsätzlich durch die Regelsätze abgedeckt sei. Dies gelte auch für den Fall, dass durch das Weihnachtsfest ein erhöhter Bedarf entstehe. Einmalige Leistungen kämen nur noch für die in § 31 Abs. 1 SGB XII abschließend aufgezählten Bedarfe in Betracht. Für die Gewährung einer zusätzlichen einmaligen Beihilfe fehle eine Rechtsgrundlage. Bei Beziehern von Sozialhilfe in stationären Einrichtungen sei zu beachten, dass der notwendige Lebensunterhalt überwiegend durch die stationäre Einrichtung sowie die Gewährung eines Barbetrages und die Übernahme der Kosten für Kleidung sichergestellt werde. Auch lägen keine individuellen Anhaltspunkte dafür vor, dass der gewährte Barbetrag bzw. die von der Einrichtung bereitgestellten Leistungen nicht ausreichen würden, um einen etwaigen Sonderbedarf anlässlich des Weihnachtsfestes zu decken. Weiterhin liege keine Ungleichbehandlung zwischen in Einrichtungen lebenden Hilfebeziehern und solchen vor, die außerhalb von Einrichtungen leben. Zwar erhielten Hilfeempfänger außerhalb von Einrichtungen seit Januar 2005 höhere Leistungen, während die Barbeträge nur geringfügig erhöht worden seien. Über den Regelsatz hinausgehende einmalige Leistungen für Sozialhilfebezieher außerhalb von stationären Einrichtungen würden - mit Ausnahme der Leistungen nach § 31 Abs. 1 SGB XII - aber nicht mehr gewährt.
Am 21. Dezember 2005 erhob die Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid des Beklagten. Zur Begründung trug sie vor, sie sei aufgrund ihrer Vermögenssituation nicht in der Lage, besondere Aufwendungen für das Weihnachtsfest selbst zu finanzieren oder anzusparen. Aus dem Wort "insbesondere" in § 35 Abs. 2 Satz 1 SGB XII ergebe sich, dass auch andere als die in § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB XII genannten einmaligen Bedarfe gewährt werden könnten. Die Klägerin habe das Bedürfnis, kleine Geschenke an ihre Familienangehörigen zu machen bzw. Postkarten zu schreiben. Weiterhin wolle sich die Klägerin weihnachtliche Lebensmittel beschaffen. Ferner wolle sie sich etwas feierlicher kleiden als üblich und ihr Zimmer festlicher herrichten. Eine Ungleichbehandlung mit nicht stationär untergebrachten Hilfebedürftigen ergebe sich im Falle der Gewährung einer Weihnachtsbeihilfe an Bewohner von Einrichtungen nicht. Die Regelsätze für nicht stationär untergebrachte Sozialleistungsempfänger seien zum 1. Januar 2005 um etwa 20 Prozent erhöht worden. Nicht erhöht worden seien hingegen die Barbeträge für Bewohner von stationären Einrichtungen. Zudem müsse die Klägerin aus dem Barbetrag weitere Ausgaben, wie z. B. Gewerkschaftsbeiträge und Aufwendungen für Tabakwaren bestreiten. Des weiteren zahlten einzelne Bundesländer bzw. einzelne Städte innerhalb der Bundesländer Weihnachtsbeihilfe, während dies andernorts verwehrt würde. Dies führe zu einer Ungleichbehandlung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21. April 2006, zugestellt am 26. April 2006, wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Über die Begründung im Ausgangsbescheid hinaus führte er aus, aus dem Wort "insbesondere" in § 35 Abs. 2 Satz 1 SGB XII sei nicht zu schließen, dass weitere Bedarfsposten anerkannt werden könnten. Zur Befriedigung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens diene der gewährte Barbetrag. Zwar könne der Sozialhilfeträger eine Erhöhung des Barbetrags für besondere Bedarfe gewähren. Dies gelte aber nur, wenn der Erhalt einer Weihnachtsbeihilfe zum sogenannten notwendigen Lebensunterhalt gehöre. Dies sei jedoch nicht mehr der Fall. Es gehöre heute nicht mehr zum allgemeinen Lebenszuschnitt, dass zusätzlich finanzielle Mittel zur Befriedi...