Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leistungsausschluss bei Ortsabwesenheit. Ablehnung der Zustimmung zur Urlaubsabwesenheit durch den Grundsicherungsträger wegen nicht regelkonformen Verhaltens des Arbeitsuchenden. Nichtvorliegen einer Beeinträchtigung der beruflichen Eingliederung
Orientierungssatz
1. Die Regelungen zur Ortsabwesenheit gem § 7 Abs 4a SGB 2 enthalten keine Rechtsgrundlage für die Sanktionierung nicht konformen Verhaltens des Arbeitsuchenden. Der Beurteilungsspielraum des Grundsicherungsträgers bei der Zustimmungsentscheidung ist auf Null reduziert, wenn jede andere Beurteilung, als dass die Ortsabwesenheit die berufliche Eingliederung nicht beeinträchtigt, fehlerhaft wäre (vgl BSG vom 28.11.1996 - 7 RAr 58/95 = BSGE 79, 269 = SozR 3-4460 § 10 Nr 2).
2. Die für die Ablehnung der Zustimmung angeführten Umstände, dass einzelne Bewerbungsverfahren des Arbeitsuchenden noch nicht abgeschlossen waren und anlässlich der Vorsprache zwei neue Vermittlungsvorschläge unterbreitet wurden, waren hier nicht geeignet, eine mehr als nur entfernte Aussicht auf Vermittlung in Arbeit zu begründen.
Tenor
Der am 06.06.2016 erstellte und abgesandte Bescheid des Beklagten, der das Datum 08.11.2012 trägt, in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.07.2016 wird aufgehoben. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger unter teilweiser Rücknahme des Bescheids vom 24.03.2014 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 01.07.2014 und des Widerspruchsbescheids vom 01.07.2014 weitere Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu gewähren in Höhe von 22,56 EUR für Juli 2013 und in Höhe von 196,13 EUR für August 2013.
Der Beklagte hat dem Kläger seine notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger im Wege des Überprüfungsantrags Anspruch hat auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende für die Zeit vom 29.07.2013 bis 18.08.2013. Der ... geborene Kläger steht seit 2005 beim Beklagten bzw. dessen Rechtsvorgängerin im Leistungsbezug.
Der Kläger bildet eine Bedarfsgemeinschaft mit seiner Ehefrau und seinen beiden ... und ... geborenen Kindern. Die für die Wohnung der Bedarfsgemeinschaft zu zahlenden Kosten der Unterkunft und Heizung setzten sich in den Monaten Juli und August 2013 wie folgt zusammen, wobei eine Anmietung der Wohnung ohne gleichzeitige Anmietung einer Garage nicht möglich ist:
Juli 2013 August 2013 Grundmiete 301,34 EUR 307,82 EUR Betriebskosten 97,77 EUR 103,25 EUR Heizkosten 73,06 EUR 76,74 EUR Garagenmiete 39,19 EUR 39,19 EUR Summe 511,36 EUR 527,00 EUR
Die Warmwasseraufbereitung in der Wohnung der Bedarfsgemeinschaft erfolgt dezentral.
Die Ehefrau des Klägers erzielte in den Monaten Juli bis Dezember 2013 Erwerbseinkommen in Höhe von monatlich durchschnittlich 773,51 EUR brutto = 629,33 EUR netto. Für die beiden Kinder des Klägers wurde Kindergeld gewährt in Höhe von jeweils 184,00 EUR monatlich.
Im Rahmen zweier Eingliederungsvereinbarungen vom 07.02.2013 und 11.04.2013 verpflichtete sich der Kläger, monatlich mindestens sechs Bewerbungen zu fertigen.
Der Kläger sprach am 24.07.2013 beim Beklagten vor und beantragte die Zustimmung zur Ortsabwesenheit in der Zeit vom 29.07.2013 bis 16.08.2013. Dabei gab er an, im Fall der Ablehnung der Zustimmung trotzdem die Reise antreten zu wollen. Er sei darüber unterrichtet worden, dass dies zur Leistungseinstellung führe.
Der persönliche Ansprechpartner des Klägers erstellte zwei Vermittlungsvorschläge (Helfer Küche sowie Helfer Teppichbodenreinigung) und lehnte es ab, die Zustimmung zur Ortsabwesenheit zu erteilen. Es bestehe Aussicht auf Eingliederung in Arbeit.
Am 19.08.2013 meldete der Kläger sich beim Beklagten aus der Ortsabwesenheit zurück.
In einem Vermerk vom 17.02.2014 erläuterte der persönliche Ansprechpartner die Gründe für die Ablehnung der Zustimmung zur Ortsabwesenheit näher. Darin führte der persönliche Ansprechpartner unter anderem aus:
"Da ich aber eine Möglichkeit der Vermittlung sah und der Kunde selbst auch seine Eigenbemühungen forcieren sollte, wurde keine Genehmigung für eine dreiwöchige OAW erteilt. Der Kunde setzt sich immer wieder über Grundsatzregelungen hinweg und droht mit Anwalt oder Klage."
Mit Bescheid vom 24.03.2014 setzte der Beklagte den Leistungsanspruch der Bedarfsgemeinschaft des Klägers für die Monate Juli bis Dezember 2013 endgültig fest. Dabei ging der Beklagte davon aus, dass der Kläger in der Zeit vom 29.07.2013 bis 18.08.2013 keinen Leistungsanspruch habe. Für die Monate Juli und August 2013 wurden dem Kläger Leistungen wie folgt bewilligt:
Juli 2013 August 2013 Regel- und Mehrbedarf 196,59 EUR 94,06 EUR Kosten der Unterkunft 119,31 EUR 52,68 EUR Summe 315,90 EUR 146,74 EUR
Auf den am 01.04.2014 eingelegten Widerspruch des Klägers hin änderte der Beklagte den Bescheid vom 24.03.2014 mit Änderungsbescheid vom 01.07.2014 dahingehend ab, dass während der Zeit vom 29.07.2013 bis 18.08.2013 die Kosten der Unterkunft für ...