Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Angemessenheit der Unterkunftskosten. Einpersonenhaushalt in Bergkamen im Kreis Unna in Nordrhein-Westfalen. schlüssiges Konzept aus dem Jahr 2013. fehlende Fortschreibung. rückwirkende Anwendung eines später erstellten schlüssigen Konzeptes
Leitsatz (amtlich)
1. Ein schlüssiges Konzept ist alle zwei Jahre fortzuschreiben.
2. Ein schlüssiges Konzept kann zur Bestimmung der angemessenen Bruttokaltmiete herangezogen werden ab dem Stichtag der Datenerhebung.
3. Das für den Kreis Unna erstellte "Konzept zur Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft - Bericht im Dezember 2015" genügt den Anforderungen an ein schlüssiges Konzept. Das gilt jedenfalls für Ein-Personen-Haushalte in Bergkamen.
Tenor
Der Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung des Bescheids vom 16.12.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.08.2016 verurteilt, dem Kläger für die Monate Januar bis April 2016 weitere Kosten der Unterkunft und Heizung zu gewähren in Höhe von monatlich 1,50 EUR.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Kosten der Unterkunft und Heizung für die Monate Januar bis Mai 2016. Der 1968 geborene Kläger steht mit Unterbrechung seit 2005, seit 2007 durchgehend beim Beklagten im Bezug von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende.
Der Kläger bewohnt seit geraumer Zeit - wie auch während des streitgegenständlichen Zeitraums - eine 61,85 m2 große Wohnung in C, Q-Straße. Mit Schreiben vom 10.12.2013 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass die Bruttokaltmiete für diese Wohnung unangemessen sei. Angemessen für einen Ein-Personen-Haushalt in C sei eine Bruttokaltmiete von 326,00 EUR. Der Beklagte forderte den Kläger auf, die Bruttokaltmiete auf das angemessene Maß zu senken. Nach Ablauf des 30.06.2014 werde der Beklagte nur noch eine Bruttokaltmiete in Höhe von 326,00 EUR bei der Leistungsberechnung berücksichtigen. Seit Oktober 2015 beträgt die vom Kläger geschuldete Bruttokaltmiete 365,60 EUR. Hiervon entfallen 227,60 EUR auf die Grundmiete. Die Betriebskostenvorauszahlung beträgt 138,00 EUR. Zusätzlich ist eine Heizkostenvorauszahlung von 73,00 EUR zu leisten.
Am 10.12.2015 stellte der Kläger beim Beklagten einen Weiterbewilligungsantrag. Der Beklagte bewilligte dem Kläger daraufhin mit Bescheid vom 16.12.2015 für die Monate Januar bis Juni 2016 Arbeitslosengeld II. Bewilligt wurden 404,00 EUR Regelbedarf und 399,00 EUR Kosten der Unterkunft und Heizung. Bei der Leistungsberechnung berücksichtigte der Beklagte eine Grundmiete von 227,50 EUR und Nebenkosten von 98,50 EUR, also eine Bruttokaltmiete - wie angekündigt und wie bereits in den vorangegangenen Bewilligungszeiträumen - von 326,00 EUR. Heizkosten wurden in tatsächlicher Höhe von 73,00 EUR berücksichtigt. Ferner berücksichtigte der Beklagte aufgrund einer geringfügigen Beschäftigung, die der Kläger bis 31.03.2016 ausübte und im Rahmen derer der Lohn jeweils im Folgemonat zufloss, Erwerbseinkommen in Höhe von bis zu 100,00 EUR monatlich, das nach Abzug des Grundfreibetrags aber zu keiner Einkommensanrechnung führte.
Gegen den Bescheid vom 16.12.2015 legte der Kläger am 23.12.2015 Widerspruch ein. Die Kosten der Unterkunft seien in voller Höhe zu übernehmen.
Am 01.04.2016 nahm der Kläger eine Beschäftigung auf als Wäscher bei der D GmbH in C. Das Arbeitsentgelt wurde jeweils im Folgemonat ausgezahlt. Für April 2016 betrug das Arbeitsentgelt 1.219,75 EUR brutto = 930,89 EUR netto.
Wegen der Arbeitsaufnahme des Klägers hob der Beklagte mit Bescheid vom 23.05.2016 den Bescheid vom 16.12.2015 für die Zeit ab Juni 2016 auf. Mit weiterem Bescheid vom 23.05.2016 bewilligte der Beklagte dem Kläger für Juni 2016 vorläufig Leistungen. Gegen den Bewilligungsbescheid vom 23.05.2016 legte der Kläger am 30.05.2016 Widerspruch ein, woraufhin der Beklagte die vorläufige Bewilligungsentscheidung für Juni 2016 mit Änderungsbescheid vom 03.06.2016 abänderte.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 22.08.2016 wies der Beklagte die Widersprüche des Klägers zurück. Hinsichtlich des Widerspruchs gegen den Bewilligungsbescheid vom 16.12.2015 führte der Beklagte aus, der Widerspruch sei zulässig, jedoch unbegründet. Die Höhe der berücksichtigten Kosten der Unterkunft sei nicht zu beanstanden. Sie beruhe auf dem vom Kreis Unna in Auftrag gegebenen grundsicherungsrelevanten Mietspiegel.
Der Kläger hat am 07.09.2016 Klage erhoben. Der Kläger meint, er habe Anspruch auf Kosten der Unterkunft in tatsächlicher Höhe für die Monate Januar bis Juni 2016. Die Regelung des § 22 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch (SGB II) sei sowohl an sich als auch in ihrer Auslegung durch das Bundessozialgericht (BSG) verfassungswidrig.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Bescheids vom 16.12.2015 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 23.05.2016, des weiteren Änderungsbescheids vom 03.06.2016 sowie der Widerspruch...