Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht. abhängige Beschäftigung eines GmbH-Geschäftsführers mit Minderheitsbeteiligung. Eingebundenheit in den Betrieb. keine Begründung einer Selbständigkeit durch branchenspezifische Fachkenntnisse und Kundenkontakte
Orientierungssatz
Ein über eine Minderheitsbeteiligung an der Gesellschaft verfügender GmbH-Geschäftsführer ist als abhängig Beschäftigter sozialversicherungspflichtig, wenn er zwar für die Firma wesentliche Fachkenntnisse und Kundenkontakte besitzt, sich jedoch Arbeitnehmerrechte wie ein leitender Angestellter sichert.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits. Der Streitwert wird auf 18.000,00 EUR festgestellt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beigeladene in seiner Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Klägerin abhängig beschäftigt ist und der Sozialversicherungspflicht unterliegt.
Der Beigeladene war bei der Klägerin bis zum 31.12.2011 als Entwickler abhängig beschäftigt. Gesellschafter war er bereits seit August 1990. Seit dem 01.01.2012 ist der Beigeladene bei der Klägerin als Geschäftsführer und Entwickler tätig. Er besitzt nunmehr einen Gesellschafteranteil von 49,71 %. 50,29% der Anteile hält die X. Nach § 7 des Gesellschaftsvertrages der Klägerin können die Änderung dieses Vertrages und die Auflösung der Gesellschaft nur mit 75% aller Gesellschaftsanteile beschlossen werden. Ansonsten genügt eine einfache Mehrheit. Mit Anstellungsvertrag vom 02.01.2012 vereinbarten die Klägerin und der Beigeladene u.a. die Vertretungsbefugnisse des Beigeladenen, seine Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB, zustimmungspflichtige Geschäfte, eine Arbeitszeit von 45 Stunden pro Woche, eine Jahresvergütung von 69.600,00 EUR, eine von der Gesellschafterversammlung zu beschließende Tantieme, die Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall, die Fortgeltung von Ansprüchen aus dem vorangegangenen Arbeitsvertrag vom 28.11.1991, die Ausstattung eines Heimarbeitsplatzes, einen 25-tägigen Urlaubsanspruch und eine sechsmonatige Kündigungsfrist.
Auf den im Juni 2012 gestellten Statusfeststellungsantrag der Klägerin stellte die Beklagte mit Bescheid vom 07.08.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 05.03.2013 fest, dass der Beigeladene in seiner Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Klägerin seit dem 01.01.2012 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig sei. Es bestehe Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung. In der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung sei der Beigeladene nicht versicherungspflichtig.
Zur Begründung der hiergegen am 05.04.2013 erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, dass der Beigeladene einer versicherungsfreien Tätigkeit des geschäftsführenden Gesellschafters nachgehe, weil er über besondere branchenspezifische Kenntnisse und Kundenkontakte verfüge, ohne die die Klägerin ihr operatives Geschäft nicht fortführen könne. Der Beigeladene habe in den Jahren 1984 bis 2010 ein für die Firma maßgebliches Softwareprodukt überwiegend allein entwickelt und verfüge hinsichtlich der meisten Module über entsprechende Urheberrechte. Bei der Mehrheitsgesellschafterin handele es sich um eine Investorin, die nicht in das operative Geschäft der Klägerin eingebunden sei. Von den dreizehn festangestellten Mitarbeitern der Klägerin verfüge allein der Beigeladene über einen Ausbilderschein. Ohne ihn könne die Klägerin keine Nachwuchskräfte ausbilden. Insgesamt sei davon auszugehen, dass der Beigeladene der Klägerin "seinen Stempel aufgedrückt" habe und selbstständig schalten und walten könne. Neben seiner Beteiligung am Stammkapital der Klägerin nehme der Beigeladene an dem Gewinn und Verlust der Gesellschaft teil und trage damit ein erhebliches Unternehmerrisiko. Im Rahmen von vier Leasingverträgen für Dienstfahrzeuge der Klägerin habe der Beigeladene persönliche Bürgschaften übernommen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 07.08.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 05.03.2013 aufzuheben und festzustellen, dass der Beigeladene in seiner Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin seit dem 01.01.2012 nicht auf Grund einer abhängigen Beschäftigung sozialversicherungspflichtig ist.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beigeladene stellt keinen Antrag.
Die Beklagte ist der Auffassung, auch die Übernahme von Bürgschaften führe zu keiner anderen Beurteilung des Vertragsverhältnisses. Allein durch die Haftung für die Bürgschaft werde ein Beschäftigungsverhältnis nicht ausgeschlossen. Sonderrechte in der Gesellschaftsversammlung entstünden durch die Übernahme der Bürgschaften nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entschei...