Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Erhebung eines kassenindividuellen Zusatzbeitrags. keine Klagebefugnis des Versicherten gegen satzungsmäßige Entscheidung der Krankenkasse. Sonderkündigungsrecht
Orientierungssatz
Gesetzlich Versicherte sind nicht befugt, durch Erhebung von Widerspruch und Klage gegen einen Beitragsbescheid die eigenverantwortliche Haushalts- und Wirtschaftsführung der Krankenkassen im Wege einer inzidenten Kontrolle der in § 242 Abs 1 S 1 SGB 5 genannten Voraussetzungen gerichtlich prüfen zu lassen. Selbst wenn die Unterdeckung vermeidbar gewesen wäre, muss der Versicherte die satzungsmäßige Entscheidung der Krankenkasse, dass ein Zusatzbeitrag erhoben wird, hinnehmen, oder er kann alternativ dazu vom Sonderkündigungsrecht nach § 175 Abs 4 S 5 SGB 5 Gebrauch machen und die Krankenkasse wechseln.
Tenor
Der Antrag vom 29.09.2010 auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 17.03.2010 gegen den Bescheid vom 03.03.2010 über die Erhebung eines kassenindividuellen Zusatzbeitrags wird abgelehnt.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit des von der Antragsgegnerin (Ag.) ab dem Beitragsmonat März 2010 erhobenen kassenindividuellen Zusatzbeitrags.
Mit Bescheid vom 03.03.2010 forderte die Ag. die bei ihr gesetzlich krankenversicherte Antragstellerin (Ast.) auf, ab dem 01.03.2010 einen kassenindividuellen Zusatzbeitrag von 8,00 EUR monatlich zu entrichten. Die Ast. wurde darauf hingewiesen, dass die erste Zahlung zum 15.04.2010 fällig werde. Durch eine Fußnote wird auf umseitige Hinweise zum Sonderkündigungsrecht nach § 175 Abs. 4 Satz 5 SGB V verwiesen.
Mit Schreiben vom 17.03.2010 erhob die Ast. Widerspruch gegen die Erhebung des Zusatzbeitrags. Die Ag. habe von dem ihr in § 242 Abs. 1 SGB V eingeräumten Ermessen in unzweckmäßiger Weise Gebrauch gemacht, indem sie sich gegen die Möglichkeit entschieden habe, den Zusatzbeitrag gemäß § 242 Abs. 1 Satz 2 SGB V auf 1 vom Hundert der beitragspflichtigen Einnahmen des Mitglieds zu begrenzen, und die Höhe des Beitrags statt dessen gemäß § 242 Abs. 1 Satz 3 SGB V auf den ohne Einkommensprüfung höchstzulässigen Betrag von 8,00 EUR festgesetzt habe. Die Begründung des Bescheides lasse zudem nicht erkennen, ob der gewählte Beitrag zusammen mit allen anderen Einnahmen und Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds die voraussichtlich zu leistenden Ausgaben deckt.
Zugleich beantragte die Ast. unter Hinweis auf die erwartete Änderung des § 242 SGB V die Aussetzung der Vollziehung der Beitragsforderung. Die Ag. lehnte diesen Antrag mit Schreiben vom 20.07.2010 ab. Weder bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Zusatzbeitrags noch habe dessen Erhebung eine unbillige Härte zur Folge. Dem widersprach die Ast. mit Schreiben vom 12.08.2010 mit der Begründung, die laufenden Musterstreitverfahren belegten den offenen Ausgang des Rechtsstreits. Die Abwanderung von Versicherten führe bei den Krankenkassen, welche Zusatzbeiträge erheben, zu empfindlichen Verlusten, weshalb alle juristischen Aktivitäten im Zusammenhang damit eingestellt werden sollten, bis der Verwaltungsrat die unselige Entscheidung für die Erhebung der Zusatzbeiträge zurückgenommen hat.
Mit am 04.10.2010 beim Sozialgericht Dresden eingegangenem Schreiben vom 29.09.2010 beantragte die Ast. unter Bezugnahme auf ihren bisherigen Vortrag, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs anzuordnen.
Das Rechtsschutzersuchen der Ast. ist als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 17.03.2010 gegen den Bescheid vom 03.03.2010 über die Erhebung eines kassenindividuellen Zusatzbeitrags gemäß § 86b Abs. 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG statthaft, aber unbegründet.
Die Entscheidung über die Anforderung von Beiträgen hat gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG keine aufschiebende Wirkung. Gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache jedoch auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht entscheidet über den Antrag in diesen Fällen unter Abwägung des öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung auf der einen und des Interesses des Antragstellers an einer vorläufigen Aussetzung der Vollziehung auf der anderen Seite entsprechend den für die Anordnung der sofortigen Vollziehung durch die Behörde geltenden Maßstäben des § 86a Abs. 3 Satz 3 SGG. Danach soll die Aussetzung der Vollziehung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Der Antrag ist nicht begründet, da weder ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen noch die Vollziehung für die Ast. eine unbillige nicht durch überwiegende öffen...