Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft. vorherige Zusicherung der Übernahme der Kosten für die neue Unterkunft bzw der Umzugs- und Wohnungsbeschaffungskosten sowie der Mietkaution. Verpflichtung zur Erteilung. Treuwidrigkeit der Verweigerung. Notwendigkeit und Angemessenheit der Kosten. Selbsthilfe
Leitsatz (amtlich)
1. Die Zusicherung nach § 22 Abs 3 S 2 SGB 2 ist - als Verwaltungsakt iS der §§ 40 Abs 1 S 1 SGB 2, 31 SGB 10 - gerichtlich einklagbar, so dass das Gericht die Antragsgegnerin zur Erteilung der Zusicherung verpflichten kann.
2. Grundsätzlich sind die nach § 22 Abs 3 S 1 SGB 2 erforderlichen Zusicherungen "vorher" - bezogen auf das Entstehen der jeweiligen Art der in § 22 Abs 3 S 1 SGB 2 aufgeführten drei Kostenformen einzuholen, wobei das zeitliche Erfordernis allerdings nicht in jedem Fall auf den Abschluss des Mietvertrages abstellt; so können Umzugskosten auch noch nach Abschluss des Mietvertrages, aber vor Durchführung des Umzuges, angezeigt und die erforderliche Übernahmeerklärung eingeholt werden, während Wohnungsbeschaffungskosten regelmäßig bereits im Vorfeld des Abschlusses des Mietvertrages entstehen.
3. Beim Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 22 Abs 3 S 2 SGB 2 steht die Erteilung der Zusicherung im Soll-Ermessen des kommunalen Trägers. Das bedeutet, dass die Zusicherung nur in atypischen Einzelfällen - also in abweichenden Dispensfällen - verweigert werden darf, ansonsten intendiert bereits die Veranlassung des Umzugs durch den Leistungsträger, dass das Zusicherungserteilungsermessen eingeschränkt ist. Ermessenskriterien sind dabei insbesondere die Ermöglichung eines menschenwürdigen Lebens, der verfassungsrechtliche Schutz von Ehe, Familie und Gesundheit, der Grundsatz des Förderns und Forderns, das Prinzip der Hilfe zur Selbsthilfe und die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft der neuen Wohnung.
4. Ausnahmsweise bedarf es einer vorherigen Zusicherung jedoch nicht, wenn der Leistungsträger treuwidrig eine fristgerechte Übernahmeerklärung verweigert, was etwa dann der Fall sein kann, wenn er die Übernahme der Unterkunftskosten gem § 22 Abs 2 SGB 2 bereits zugesichert hat.
5. Zwar handelt es sich bei der Zusicherung nach § 22 Abs 2 S 2 SGB 2 inhaltlich um eine andere als bei derjenigen nach § 22 Abs 3 S 2 SGB 2. Jedoch sind die beiden Zusicherungen insoweit miteinander verbunden, als dass die Zusicherung nach § 22 Abs 2 S 2 SGB 2, die ja nur dann erteilt wird, wenn der Umzug erforderlich ist, im Zusammenhang mit der Zusicherung nach § 22 Abs 2 S 3 SGB 2 steht. Denn die Notwendigkeit und Angemessenheit der Umzugskosten nach § 22 Abs 3 S 1 SGB 2 steht im Zusammenhang mit der Frage der Angemessenheit der Kosten der neuen Unterkunft und zwar mit der Folge, dass ein Umzug nur als notwendig erachtet werden kann, wenn auf Grund des Umzugs in der neuen Wohnung lediglich angemessene Kosten der Unterkunft und Heizung anfallen. Erhält der Hilfebedürftige die Zusicherung nach § 22 Abs 2 S 2 SGB 2, so kann er nicht nur davon ausgehen, dass die Aufwendungen für die Unterkunft nach § 22 Abs 1 S 1 SGB 2 angemessen sind und dementsprechend Leistungen nach § 22 Abs 1 S 1 SGB 2 in der Folgezeit erhält, sondern regelmäßig auch davon, dass auch Kosten nach § 22 Abs 3 S 1 SGB 2 übernommen werden, weil mit der Zustimmung nach § 22 Abs 2 S 2 SGB 2 stets die Feststellung verbunden ist, dass der Umzug erforderlich ist.
6. Der Anspruch auf Übernahme der Wohnungsbeschaffungs- und Umzugskosten nach § 22 Abs 3 S 1 SGB 2 beschränkt sich inhaltlich auf die notwendigen und angemessenen Kosten. Das Kriterium der Notwendigkeit der Kosten ergibt sich aus dem Grundsatz der Nachrangigkeit der Fürsorgeleistungen sowie aus dem gesetzlichen Erfordernis in § 22 Abs 3 S 2 SGB 2, dass ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Das Kriterium der Angemessenheit der Kosten folgt aus dem systematischen Zusammenhang der einzelnen Regelungen des § 22 SGB 2, wonach die Umzugskosten nach § 22 Abs 3 S 1 SGB 2 als Leistungen für Unterkunft gem § 22 SGB II gelten bzw als Annex mit der Deckung des Unterkunftsbedarfs eng zusammenhängen.
7. Der Umzug ist grundsätzlich in eigener Regie durchzuführen, was aus dem Grundsatz folgt, dass die Leistungen nach dem SGB II lediglich Hilfe zur Selbsthilfe vermitteln und dem Hilfebedürftigen nach § 2 Abs 1 S 1 SGB 2 obliegt, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, seine Hilfebedürftigkeit zu verringern. Lediglich ausnahmsweise, wenn Selbsthilfe zB aus gesundheitlichen Gründen, wegen des Alters oder einer Behinderung nicht möglich oder nicht zumutbar ist, können die Kosten eines Umzugs durch eine professionelle, gewerbliche Umzugsfirma übernommen werden, wobei vor dem Umzug in der Regel mehrere Kostenvoranschläge von verschiedenen Umzugsfirmen einzuholen sind.
8. Der Umfang der Erstattung von Umzugskosten liegt dabei im pflichtgemäßen und bei Vorliegen einer Zusicherung nach § 22 Abs 3 S 2 SGB 2 gebundenem Regel-Ermessen ...