Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Angemessenheitsprüfung. Einpersonenhaushalt in Dresden. IWU-Gutachten I und II keine schlüssigen Konzepte. schlüssiges Konzept durch Nachberechnungen im Gerichtsverfahren. Aufteilung einer nicht aufgeschlüsselten Vorauszahlung eines Gesamtbetrages für Betriebs- und Heizkosten
Orientierungssatz
1. Ein Grundsicherungsträger kann im Rahmen seiner "Methodenfreiheit" ein Konzept zur empirischen Ableitung der angemessenen Bruttokaltmiete unter Einbeziehung von Angebots- und Nachfrageseite wählen, wenn die für schlüssige Konzepte aufgestellten und entwicklungsoffenen Grundsätze eingehalten werden (Anschluss an BSG vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 81).
2. Ein Wohnungswechsel als Kostensenkungsmaßnahme wegen unangemessen hoher Aufwendungen für Heizung ist nur dann zumutbar, wenn in einer alternativ zu beziehenden Wohnung insgesamt niedrigere Bruttowarmkosten entstehen (vgl BSG vom 12.6.2013 - B 14 AS 60/12 R = BSGE 114, 1 = SozR 4-4200 § 22 Nr 69). Die Heranziehung der "Bruttowarmmiete" als Ermessensmaßstab für eine Kostensenkungsaufforderung hat aber andererseits auch die Konsequenz, dass ein Umzug bei einer zu hohen Bruttokaltmiete dann nicht verlangt werden kann, wenn die Heizkosten der Wohnung so extrem niedrig sind, dass insgesamt die Kostenüberschreitung bei der Bruttokaltmiete durch die fehlenden Heizkosten aufgefangen wird.
3. Die vom Institut Wohnen und Umwelt in Darmstadt für die Unterkunftskosten in Dresden 2011 bis 2014 ermittelten Angemessenheitsgrenzen beruhen nicht auf einem schlüssigen Konzept (Vermischung von Mehrfachinseratefaktor, Sockelleerstand und Fluktuationsreserve; Verwendung des Mietpreisindex im Verbraucherindex des Landes Sachsen).
4. In dem IWU-Gutachten II in der Fassung der Nachberechnungen, die im Verlauf des Gerichtsverfahrens angestellt worden sind, liegt nunmehr ein schlüssiges Konzept bzw eine wirksame Angemessenheitsgrenze vor.
5. Eine einheitliche Betriebs- und Nebenkostenvorauszahlung ist mangels konkreter Tilgungsbestimmung hälftig auf die kalten und warmen Nebenkosten aufzuteilen. Ein Ausgleich kann über § 22 Abs 3 SGB 2 gefunden werden. Die Lösung des Bundessozialgerichts, wonach die einheitliche Betriebskostenvorauszahlung dergestalt aufzuteilen sei, dass von den 100,00 Euro zunächst die abstrakt angemessenen Betriebskosten abzuziehen seien und der Rest dann Heizkosten darstelle (berechnet nicht nach der tatsächlichen Wohnungsgröße, sondern nach der abstrakt angemessenen Wohnungsgröße) überzeugt die Kammer nicht (Abweichung von BSG vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 81).
Nachgehend
Tenor
1. Der Beklagte wird in Abänderung der Bescheide vom 16.10.2012 und 24.11.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.3.2013 und des Änderungsbescheides vom 29.10.2013 verurteilt, der Klägerin für den Leistungsmonat vom 1.12.2012 bis 31.12.2012 weitere Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II für den Bedarf für Unterkunft und Heizung in Höhe von 19,91 € und für den Leistungszeitraum vom 1.1.2013 bis 31.5.2013 weitere Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II für den Bedarf für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich jeweils 6,71 € zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Der Beklagte hat 5/7 der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten.
4. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der der Klägerin für den Leistungszeitraum vom 1.12.2012 bis 31.5.2013 nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zustehenden Leistungen.
Die geborene, erwerbsfähige und arbeitslose Klägerin bezog fortlaufend vom Beklagten Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II. Sie wohnte ursprünglich in einer gemeinsamen Wohnung mit ihrem früheren Ehemann. Nach der Trennung am 1.2.2008 zog die Klägerin zum 1.6.2008 in die auch heute noch von ihr bewohnte Wohnung in der Z. Str. in Dresden ein. Schon vor dem Umzug hatte sie beim Beklagten einen Antrag auf Zusicherung zur Übernahme der Aufwendungen für die neue Unterkunft gestellt, den der Beklagte wegen der Unangemessenheit der Mietkosten der neuen Wohnung abgelehnt hatte. Die Klägerin hatte daraufhin handschriftlich am 7.4.2008 erklärt: “Hiermit bestätige ich, die unangemessenen Kosten für die Miete selbst zu tragen„. Der Beklagte gewährte ihr fortan lediglich die nach seiner Auffassung angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung.
Die Wohnung der Klägerin hat eine Fläche von 50,18 m². Die Warmwasserbereitung erfolgt zentral. Die Miethöhe betrug im streitgegenständlichen Zeitraum monatlich 256,50 € Grundmiete zuzüglich einer vermieterseits nicht näher aufgeschlüsselten monatlichen Betriebs- und Heizkostenvorauszahlung in Höhe von 100,- €. Die Klägerin erzielte im streitbefangenen Leistungszeitraum weder eigenes Einkommen, noch verfügte sie über einzusetzendes Vermögen.
Auf ihren Fortzahlungsantrag gewährte der B...