Entscheidungsstichwort (Thema)
Soziales Entschädigungsrecht. Berufsschadensausgleich. derzeitiges Bruttoeinkommen. Anrechnung von Leistungen der privaten Unfallversicherung. mitbegünstigter Versicherter. eigenes Forderungsrecht gegenüber der Versicherung. Prämienzahlung durch Ehegatten. mittelbarer Vermögenseinsatz der Ehefrau durch Mitfinanzierung der Familie
Orientierungssatz
1. Rentenzahlungen aus privater Unfallversicherung sind bei der Berechnung des Berufsschadensausgleiches als Einnahmen in Geld und Geldeswert aus Vermögen nach § 30 Abs 4 S 1 BVG, § 8 Abs 1 S 1 Nr 1, Abs 2 Nr 3 BSchAV anrechenbar (vgl BSG vom 4.10.1984 - 9a RV 16/83).
2. Einnahmen aus Vermögen nach § 8 Abs 2 Nr 3 BSchAV können auch mitbegünstigte Versicherte aus einem privaten Unfallversicherungsvertrag beziehen, soweit ihnen ein eigenes Forderungsrecht nach § 44 Abs 1 S 1 VVG (juris: VVG 2008) gegenüber dem Versicherer zusteht.
3. In diesem Zusammenhang reicht es aus, dass die berechtigte Ehefrau mit ihrem vorherigen Einkommen zum Lebensunterhalt der Familie beigetragen und so die Prämienzahlungen ihres Ehemanns mit ermöglicht hat.
Nachgehend
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Neufeststellung der Beschädigtenrente der Klägerin im Bundesversorgungsrecht.
Die 1950 geborene Klägerin bezieht als Opfer einer vorsätzlichen Gewalttat nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) vom 1.1.2010 Beschädigtenrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Die Klägerin erwarb nach dem Abschluss der polytechnischen Oberschule N…. 1969 das Facharbeiterzeugnis als Technische Zeichnerin und qualifizierte sich anschließend zur Teilkonstrukteurin weiter. Sie arbeitete anschließend in verschiedenen Funktionen und verzog nach der Heirat vom Mai 1972 in den Bezirk D... Seit dem 1.2.1992 war sie als kaufmännische Sachbearbeiterin und Sekretärin beim Landesinnungsverband (S….) des Schornsteinfegerhandwerks mit Sitz in A... in Vollzeit angestellt.
Mit Antrag vom 18.3.2010 beantragte sie bei dem Beklagten Beschädigtenversorgung nach dem BVG. In der Anlage zu dem Antrag schilderte die Klägerin die Schädigungshandlung vom 1.1.2010. In der Neujahrsnacht war sie im Beisein ihres Ehemannes Opfer unvermittelter, nicht vorhersehbarer und anlassloser vorsätzlicher körperlicher Gewalt geworden. Sie wurde von einem Unbekannten von hinten brutal am Kopf verletzt und niedergeschlagen und fiel dabei ungeschützt mit dem Hinterkopf auf den Asphalt. Zur Ergänzung wird auf den Antrag Bezug genommen. In der Zeit vom 3.1.2010 bis zum 12.1.2010 befand sie sich stationär im Universitätsklinikum D... und i. d. Z. v. 12.1.2010 bis zum 2.3.2010 sowie vom 7.11.2011 bis zum 5.12.2011 in der Rehabilitationsklinik B...
Auf den Antrag leitete der Beklagte das Versorgungsverfahren nach dem OEG i. v. m. dem BVG ein und veranlasste die entsprechenden Ermittlungen von Amts wegen.
Mit Bescheid vom 15.12.2011 (Bl. 197 d. VA) wurden als dauerhafte Folgen einer Schädigung nach dem OEG ab dem 1.1.2010 Knochennarbe rechts okzipital und im Felsenbein rechts, Hörminderung rechts/Gleichgewichtsstörung/Tinnitus, Verlust des Riechvermögens sowie kognitive Leistungseinschränkung nach Schädel-Hirn-Trauma im Sinne der Entstehung sowie ein Grad der Schädigung (GdS) von 30 anerkannt. Eine besondere berufliche Betroffenheit (bbB) und die Voraussetzungen eines Berufsschadensausgleiches (BSA) wurden verneint. Hintergrund war, dass die Klägerin nach Wiedereingliederung zunächst wieder vollschichtig in ihrem bisherigen Beruf tätig war. Wegen der Berechnung der Versorgungsbezüge wurde auf die Anlage des Bescheides verwiesen. In der Anlage zum Bescheid errechnete der Beklagte eine monatlich laufende Zahlung ab Februar 2012 von 124 Euro sowie Nachzahlungen in dieser Höhe für die Zeit ab Juli 2011 und i. H... v. monatlich 109 Euro f. d. Z. v. Januar 2010 bis Juni 2011, mithin einen Nachzahlungsbetrag von insgesamt 2.830 Euro.
Mit Schreiben vom 27.6.2012 (Bl. 219 d. VA) zeigte die Klägerin bei dem Beklagten gesundheitliche Verschlechterungen an und verwies auf einen durch den Landkreis S... mit Schriftsatz vom 11.6.2012 anerkannten GdB von 40. Sie sei seit 1.5.2012 nur noch fünf Stunden täglich in ihrem Beruf tätig sein und erleide erhebliche Einkommenseinbußen.
Der Beklagte leitete daraufhin die Prüfung hinsichtlich der besonderen beruflichen Betroffenheit nach § 30 Abs. 2 BVG (bbB) und der Voraussetzungen für die Gewährung eines Berufsschadensausgleiches (BSA) nach § 30 Abs. 3 BVG ein. Die Klägerin erteilte hierzu am 1.8.2012 Auskünfte, insbesondere zu Ausbildung und Lebenslauf sowie zu den Folgen der Schädigung in Beruf und Fortkommen. Der Beklagte leitete dazu weitere Ermittlungen ein und veranlasste eine versorgungsärztliche Stellungnahme des Dr. W... vom 12.12.2012 (Bl. 321 d. VA). Die Klägerin erteilte eine schriftliche Erklärung vom 27.2.2013 über die persönlichen und wirtschaftlic...