Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Angemessenheit der Unterkunftskosten. Fehlen eines schlüssigen Konzepts in Dresden. hilfsweise Anwendung der Wohngeldtabelle mit Zuschlag
Orientierungssatz
1. Die Beschlüsse des Stadtrates der Landeshauptstadt Dresden vom 24.2.2005 und 24.1.2008 zur Bestimmung der Angemessenheit der Kosten der Unterkunft iS des § 22 SGB 2 beruhen nicht auf einem schlüssigen Konzept (Anschluss an SG Dresden vom 29.6.2010 - S 40 AS 390/09 und vom 21.12.2010 - S 29 AS 6486/10).
2. Anstelle der Stadtratsbeschlüsse kann nicht auf den qualifizierten Mietspiegel und die im Rahmen einer Kommunalen Bürgerumfrage gewonnenen Daten zu den Betriebskosten zurückgegriffen werden (Anschluss an SG Dresden vom 21.12.2010 - S 29 AS 6486/10). Eine Rückrechnung aus dem Gutachten des Instituts Wohnen und Umwelt (IWU) über die "Ermittlung von Richtwerten für Angemessenheitsgrenzen der Kosten der Unterkunft für die Stadt Dresden" vom 24.10.2011 auf Sachverhalte vor 2010 ist nicht möglich.
3. Mangels lokaler Erkenntnismöglichkeiten sind hilfsweise die Werte der rechten Spalte der Wohngeldtabelle zu § 8 WoGG (juris: WoGG 2) in der bis 31.12.2008 geltenden Fassung anzuwenden, die um einen maßvollen Zuschlag zu erhöhen sind.
Tenor
I. Der Überprüfungsbescheid vom 04.02.2010, in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.05.2010 wird aufgehoben und der Beklagten wird verpflichtet, unter Abänderung seiner Bescheide vom 20.05.2008, in Gestalt des Überprüfungsbescheids vom 07.01.2010 an die Klägerin Leistungen der Grundsicherung für die Zeit vom 01.05.2008 bis 30.06.2008 unter Berücksichtung von Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 362,40 €, sowie für Juli 2008 unter Berücksichtung von Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 362,33 € zu zahlen. Klarstellend wird festgestellt, dass der Beklagte der Klägerin für Mai und Juni 2008 monatlich weitere 53,70 €, für Juli 2008 weitere 53,63 € zu zahlen hat.
I. Der Beklagte trägt die notwendigen, außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
II. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt im Rahmen der Leistungen der Grundsicherung für Erwerbsfähige nach dem SGB II vom Beklagten die Bewilligung höherer Unterkunftskosten für Mai bis Juli 2008
Die 1979 geborene Klägerin ist alleinstehend und bezieht seit Januar 2005 Leistungen der Grundsicherung für Erwerbsfähige nach dem SGB II. Sie bewohnt eine 49,24 qm-Wohnung, deren Grundmiete anfangs 251,76 € zuzüglich warmer Betriebskosten in Höhe von 79,00 € betrug. Zum 01.09.2005 wurde die Miete verändert auf Nettokaltmiete in Höhe von 248,66 € zuzüglich Betriebs- und Heizkosten in Höhe von 120,00 €.
Mit Bescheid vom 24.10.2005 bewilligte der Beklagte der Klägerin eine Betriebskostennachzahlung, obwohl die Zahlung unangemessen sei und wies die Klägerin im Bescheid auf die Notwendigkeit des sparsamen Umgangs hin, da andernfalls im Wiederholungsfall nur die angemessenen Betriebskosten übernommen werden könnten. Mit Schreiben vom 26.10.2005 forderte der Beklagte die Klägerin dazu auf, Ihre Kosten für Unterkunft und Heizung zu senken. Für einen Ein-Personen-Haushalt sei höchstens eine Bruttokaltmiete von 252,45 € zuzüglich Heizkosten von maximal 46,80 angemessen. Auf diesen Wert habe die Klägerin ihr Kosten bis 31.03.2006 zu senken. Sollte ihr dies nicht möglich sein, habe sie hiermit die Gelegenheit zur Stellungnahme, in deren Folge der Beklagte prüfen werde, ob eine Ausnahme möglich sei. Mit Schreiben vom 23.11.2005 teilte die Klägerin mit, dass ihr bei Erstantragstellung gesagt worden sei, dass sie in der Wohnung bleiben könne. Hieran sei ihr auch sehr gelegen, da sie erheblich an Einrichtungsgegenständen investiert habe. Zudem wohnten im Gebäude auch die Eltern der Klägerin, die sie im Haushalt unterstütze. Mit Schreiben vom 13.12.2005 teilte der Beklagte der Klägerin nochmals mit, dass ihre Unterkunftskosten unangemessen hoch seinen und die von der Klägerin vorgebrachten Gründe nicht geeignet seien, ausnahmsweise die überhöhten Kosten zu übernehmen. Ab 01.04.2006 werde die Klägerin den unangemessenen Mietteil selbst übernehmen müssen, wenn sie nicht umziehe.
Nach dem Verlust ihres Arbeitsplatzes bewilligte die Bundesagentur für Arbeit der Klägerin mit Bescheid vom 21.02.2008 Arbeitslosengeld I in Höhe von monatlich 464,40 € für die Zeit vom 08.02.2008 bis 01.08.2008.
Auf ihren Fortzahlungsantrag vom 08.05.2008 bewilligte der Beklagte der Klägerin mit Bewilligungsbescheid vom 20.05.2008 Leistungen der Grundsicherung für die Zeit vom 02.05.2008 bis 30.06.2008 in Höhe von monatlich 234,17 €, für Juli 2008 in Höhe von 238,17 € und für August bis Oktober 2008 in Höhe von monatlich 651,90 €, unter Berücksichtigung von Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 300,90 €.
Auf einen ersten Überprüfungsantrag vom 19.11.2009 änderte der Beklagte mit Bescheid vom 07.01.2010 die Leistung für die Zeit vom 02.05.2008 bis 30.06.2008 auf monatlich 241,97 € und für Juli 2008 auf 245,97 € ab, wobei nunmehr ...