Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Berücksichtigung von Verpflegungsgeld (bzw von kostenloser Verpflegung als Sachbezug), Reinigungszuschuss und Schichtzuschlag als Arbeitsentgelte nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG)
Orientierungssatz
1. Arbeitsentgelt im Sinne von § 6 Abs 1 S 1 AAÜG bestimmt sich nach § 14 Abs 1 S 1 SGB 4 mit der Maßgabe, dass dabei zusätzlich zu Löhnen und Gehältern bzw Dienstbezügen gewährte Geld- oder geldwerte Sachleistungen nicht berücksichtigungsfähig sind, auf die im Zuflusszeitpunkt keine (Lohn-) Steuer gezahlt wurde (Entgegen BSG vom 23.8.2007 - B 4 RS 4/06 R = SozR 4-8570 § 6 Nr 4 und Anschluss an SG Potsdam vom 7.12.2010 - S 36 R 121/09, SG Leipzig vom 15.12.2010 - S 24 RS 1540/09 und SG Chemnitz vom 3.5.2011, S 15 RS 1378/09).
2. Verpflegungsgeld, Reinigungszuschlag und Schichtzuschlag der Mitarbeiter der Zollverwaltung der ehemaligen DDR sind bis 31.12.1990 keine überführungsfähigen Arbeitsentgeltbestandteile, weil hierfür nach den im Zuflusszeitpunkt geltenden Bestimmungen des Steuerrechts keine Steuerpflicht bestand (ebenso SG Potsdam vom 7.12.2010 - S 36 R 121/09).
3. Die rentenrechtliche Anerkennung kostenloser Verpflegung (in Form von Sachbezug) kommt ebenfalls nicht in Betracht, wenn - wie hier - der Sachbezug im Zuflusszeitpunkt nicht versteuert wurde.
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung von Verpflegungsgeld (bzw. von kostenloser Verpflegung als Sachbezug), Reinigungszuschuss und Schichtzuschlag als Arbeitsentgelte nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) streitig.
Der (…) geborene Kläger war ab 01.02.1962 bei der Zollverwaltung der DDR beschäftigt und dabei bis 31.12.1975 bei der Bezirksverwaltung F. und ab 01.01.1976 bei der Bezirksverwaltung D. eingesetzt. Das Dienstverhältnis wurde mit Wirkung vom 01.07.1990 bei der Oberfinanzdirektion C. fortgesetzt. Die Besoldung des Klägers erfolgte während der Beschäftigung bei der Zollverwaltung der DDR entsprechend der jeweils gültigen Besoldungsordnung. Der Kläger erhielt ausweislich der vorliegenden Unterlagen eine Besoldung für den Dienstgrad, für die Dienststellung sowie das Dienstalter (sog. Dienstbezüge). Hiervon wurden monatlich 10 % für das Sonderversorgungssystem sowie die Lohnsteuer abgezogen. Als weitere Zahlungen erhielt der Kläger neben Wohngeld ab 01.02.1962 Verpflegungsgeld und ab 01.01.1969 einen Reinigungszuschlag.
Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 22.04.1997 die Entgelte nach § 8 AAÜG fest und berücksichtigte dabei die Dienstbezüge des Klägers für den Dienstgrad, die Dienststellung sowie das Dienstalter und außerdem das Wohngeld. Nicht berücksichtigt wurden das Verpflegungsgeld, der Reinigungszuschlag und die in der Besoldungsordnung geregelte Schichtzulage. Mit weiterem Bescheid vom 12.12.2001 wurde der Bescheid vom 22.04.1997 abgeändert und um eine Dienstbeschädigungsteilrente vom 01.06.1976 bis 31.12.1977 ergänzt. Beide Bescheide wurden bestandskräftig.
Mit Schreiben vom 31.01.2008 beantragte der Kläger die Überprüfung des Bescheides vom 22.04.1997 und machte dabei die Berücksichtigung weiterer Zulagen / Zuschläge, die gleichfalls im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit bei der Zollverwaltung stehen, wie das Verpflegungsgeld und den Reinigungszuschlag, geltend. Zur Begründung bezog sich der Kläger auf das Urteil des 4. Senats des BSG vom 23.08.2007 (B 4 RS 4/06 R). Mit Bescheid vom 24.09.2008 lehnte die Beklagte die Überprüfung und Abänderung sowie die Berücksichtigung weiterer Zahlungen als Arbeitsentgelt ab. Sinn und Zweck der Regelung in § 8 Abs. 1 AAÜG sei, das Entgelt mitzuteilen, das bei der Rentenberechnung nach dem SGB VI zu berücksichtigen wäre. Hierfür sei Bundesrecht maßgeblich. Die weiteren Zahlungen hätten Aufwendungsersatzcharakter. Diese wären weder nach bundesdeutschem Recht noch nach der Versorgungsordnung der Zollverwaltung der DDR beitragspflichtig. Hiergegen hat der Kläger mit Schreiben vom 07.10.2008 Widerspruch eingelegt, den er mit Schreiben vom 22.09.2009 auf die Besoldungsbestandteile Verpflegungsgeld, Schichtzuschlag und Reinigungszuschuss konkretisierte. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16.11.2009 zurück und führte zur Begründung u.a. aus, dass die Zahlung des Schichtzuschlages bislang nicht nachgewiesen sei. In den Besoldungsunterlagen bei der Bundesfinanzdirektion Mitte befänden sich hierfür keine Belege. Weiter verwies die Beklagte darauf, dass erklärter Wille des Gesetzgebers gewesen sei, die Ansprüche und Anwartschaften der ehemals Zusatz- und Sonderversorgten in die gesetzliche Rentenversicherung zu überführen um für alle in der DDR ausgeübten Beschäftigungen die gesetzliche Rentenversicherung als einheitliche Anspruchsgrundlage für die Alterssicherung einzuführen. § 6 Abs. 1 AAÜG verweise im Klammerzusatz auf § 256a Abs. 2 SGB VI, was zeige, dass der Gesetzgeber eine Verzahnung des Arbeitsentgelts...