Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss der Berücksichtigung von Schichtzulage, Verpflegungsgeld und Bekleidungsgeld als Arbeitsentgelt bei der Überführung von Ansprüchen aus Zusatzversorgungssystemen der ehemaligen DDR

 

Orientierungssatz

1. Für Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem der ehemaligen DDR wird bei der Ermittlung der Entgeltpunkte abweichend von der grundsätzlichen Regelung der Verdienst nach dem AAÜG gemäß § 259 b Abs. 1 S. 1 SGB 6 zugrunde gelegt.

2. Nach der Rechtsprechung des BSG bestimmt sich die inhaltliche Bedeutung des Entgeltbegriffs i. S. des § 6 Abs. 1 AAÜG nach der bundesdeutschen Definition für Arbeitsentgelt in § 14 Abs. 1 SGB 4.

3. Ein gewährter Schichtzuschlag ist zwar Arbeitsentgelt i. S. von § 14 SGB 4. Er ist aber bei der Ermittlung des Entgelts nach § 6 AAÜG nicht zu berücksichtigen, wenn er steuerfrei gezahlt worden ist. Schichtprämien waren nach dem Arbeitsgesetzbuch der DDR steuerfrei.

4. Das Gleiche gilt für ein gewährtes Verpflegungsgeld und einen gezahlten Reinigungszuschuss.

5. Für die Frage, ob die zusätzlichen Zahlungen der Lohnsteuerpflicht unterlagen, ist ausschließlich die Rechtslage zum Zeitpunkt des Zuflusses maßgebend. Zu diesem Zeitpunkt waren gewährte Schichtzuschläge, Verpflegungsgelder und Reinigungszuschüsse steuerfrei, mit der Folge, dass sie bei der Ermittlung des Entgelts nach § 6 AAÜG in zulässiger Weise nicht zu berücksichtigen sind, vgl. BSG, Urteile vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R und vom 29. Januar 2004 - B 4 RA 19/03 R.

6. Die geltende Regelung entspricht dem gesetzgeberischen Willen, bei Überführung der Sonderversorgungssysteme vorhandene Privilegien abzubauen.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten werden nicht erstattet.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung von Verpflegungsgeld, Bekleidungsgeld und Zuschüsse als Arbeitsentgelte nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) streitig.

Der am ... 1947 geborene Kläger war in der Zeit vom 1966 bis zum 1990 bei der D. V. der DDR beschäftigt.

Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 2. Juni 2005 die Entgelte nach § 8 AAÜG fest und berücksichtigte dabei die Dienstbezüge des Klägers für den Dienstgrad, die Dienststellung sowie das Dienstalter und außerdem das Wohngeld.

Mit Schreiben vom ... beantragte der Kläger die Überprüfung des Bescheides vom ... und machte dabei die Berücksichtigung weiterer Zulagen / Zuschläge, die gleichfalls im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit bei der D. V. stehen. Zur Begründung bezog sich der Kläger auf das Urteil des 4. Senats des BSG vom 23. August 2007 (B 4 RS 4/06 R).

Mit Bescheid vom ... lehnte die Beklagte die Überprüfung und Abänderung sowie die Berücksichtigung weiterer Zahlungen als Arbeitsentgelt ab. Die Rechtsprechung des BSG und des Landessozialgericht Sachsen-Anhalt seien Einzelfallentscheidungen, denen nicht generell gefolgt werden könnte. Es seien Musterverfahren zur Klärung des Entgeltbegriffes angestrebt.

Der Widerspruch des Klägers vom ... wurde mit Widerspruchsbescheid vom ... zurückgewiesen.

Der Kläger hat am ... Klage vor dem (ehemaligen) Sozialgericht S. erhoben.

Der Kläger ist der Ansicht, dass der Begriff "Arbeitsentgelt" in § 14 SGB IV, alle Einnahmen umfasse, die im Zusammenhang mit einer Beschäftigung erzielt werden. Schließlich sei mit der Entscheidung des BSG vom 23. August 2007 (B 4 RS 4/06 R) nicht auf das im Zeitpunkt des Zuflusses geltende DDR-Recht abzustellen, sondern auf die Rechtslage am 1. August 1991.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom ... in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom ... aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom ... dahingehend abzuändern, dass als zusätzliche Arbeitsentgelte Zulagen, Zuschläge und persönliche Vergütungen wie Verpflegungs- und Bekleidungsgels sowie Zuschüsse als Arbeitsentgelte im Sinne des § 8 AAÜG berücksichtigt werden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte vertritt auch im Gerichtsverfahren die Ansicht, die sie schon im Verwaltungsverfahren vertreten hat. Aus ihrer Sicht begründen die strittigen Zahlungen keine überführbaren Ansprüche. Aus der BSG-Rechtsprechung werde deutlich, dass Arbeitsentgelt nur Zahlungsarten umfasse, die als Gegenwert/Gegenleistung für erbrachte Arbeitsleistung gezahlt werden. Die Anweisung, dass Verpflegungsgeld nicht zusammen mit der Besoldung gezahlt und nicht rentenbeitragspflichtig war zeige, dass es nicht Teil der Besoldung war. Die Leistung war widerruflich und nicht ruhegehaltfähig. Gleiches gelte für den Reinigungszuschuss. Es handle sich dem Charakter nach um eine Aufwandsentschädigung. Beim Schichtzuschlag sei die Zahlung nicht nachgewiesen. Die Beklagte meint, dass nach dem System des AAÜG (auch) systembedingt überhöhte Verdienste ausgeschlossen werden sollen. Der Gesetzgeber wollte für die ehemals Sonderversorgten keinesfalls aus Zusatzleistungen/Prämien rentenrechtliche Vorteile herleiten, die schon im DDR-Versorgungsrecht nicht vorgesehen waren und die bei allen and...

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