Tenor

Es wird festgestellt, dass die Anfechtungsklage vom 20.06.2006 (S 00 AS 000/00 SG Düsseldorf) gegen den Bescheid vom 22.03.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24.05.2006 aufschiebende Wirkung hat. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Antragstellers dem Grunde nach.

 

Gründe

Der von dem Antragsteller am 20.06.2006 gestellte Antrag,

die Abzweigung des monatlichen Betrages in Höhe von 98,00 Euro bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Sache auszusetzen,

hat insoweit Erfolg, als die aufschiebende Wirkung der gegen die Abzweigungsentscheidung vom 22.03.2006 erhobenen Anfechtungsklage (S 00 AS 000/00 SG Düsseldorf) festzustellen ist.

Der Antragsteller, die bei der Antragsgegnerin im laufenden Bezug von (ergänzenden) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch -Grundsicherung für Arbeitssuchende- (SGB II) steht, wendet sich gegen die monatliche Abzweigung (§ 48 Sozialgesetzbuch Erstes Buch -Allgemeiner Teil- SGB I) des befristeten Zuschlages nach Bezug von Arbeitslosengeld (§ 24 SGB II), welcher zugunsten seines unterhaltsberechtigten Sohnes L M von der Antragsgegnerin einbehalten und an das Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UVG) zahlende Jugendamt der Stadt N überwiesen wird.

Das sinngemäße Begehren des Antragstellers ist darauf gerichtet, dass die Abzweigungsentscheidung vom 22.03.2006 nach Einlegung der hiergegen erhobenen Anfechtungsklage vom 20.06.2006 (S 00 AS 000/00 SG Düsseldorf) vorerst von der Antragsgegnerin nicht mehr vollzogen werden darf. Es ist letztlich auf die Feststellung gerichtet, dass der Anfechtungsklage gegen die Abzweigungsentscheidung aufschiebende Wirkung zukommt. Wird die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage festgestellt, ist die Antragsgegnerin an einer sofortigen Vollziehung ihrer Abzweigungsentscheidung gehindert und der Antragsteller erreicht sein Ziel der vorläufige Auszahlung der ihm bewilligten Leistungen nach dem SGB II in ungekürzter Höhe (zuletzt ausweislich des Bescheides vom 27.06.2006 in Höhe von 282,33 Euro) bis zur bestandskräftigen Entscheidung in der Hauptsache. Verfahrensrechtlich handelt es sich um einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gemäß § 86 b Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Obgleich in § 86 b Abs. 1 Nr. 1 bis 3 SGG nicht ausdrücklich benannt, beinhaltet der einstweilige Rechtsschutz nach dieser Regelung auch die Möglichkeit, die bereits Kraft Gesetzes eingetretene aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage ausdrücklich festzustellen, wenn eine Behörde die aufschiebende Wirkung nicht beachtet (Meyer-Ladewig/Leitherer/Keller, SGG, 8. Auflage 2005, § 86 b Rdn. 15). So liegt es hier. Die Antragsgegnerin hält ihre Abzweigungsentscheidung vom 22.03.2006 für sofort vollziehbar und hat daher bereits in der Vergangenheit die Abzweigung vorgenommen bzw. nimmt diese auch weiterhin vor, obgleich die dagegen von dem Antragsteller erhobenen Rechtsbehelfe in Form von Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben.

§ 86 a Abs. 1 Satz 1 SGG ordnet als Grundsatz die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage an. Der angefochtene belastende, d.h. in eine Rechtsposition eingreifende Verwaltungsakt kann nicht vollzogen werden, es tritt ein Schwebezustand ein, währenddessen vollendete Tatsachen nicht geschaffen werden dürfen. Die aufschiebende Wirkung entfällt in den Fällen des § 86 a Abs. 2 Nr. 1-5 SGG. Einer dieser Fälle liegt vorliegend nicht vor, insbesondere wird die sofortige Vollziehung der Abzweigungsentscheidung nicht durch ein Bundesgesetz angeordnet (§ 86 a Abs. 2 Nr. 4 SGG).

Zu Unrecht beruft sich die Antragsgegnerin insoweit auf § 39 SGB II. Nach § 39 Nr. 1 SGB II haben Widerspruch und Klage gegen einen Verwaltungsakt, der über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende entscheidet, keine aufschiebende Wirkung. Das an den Antragsteller gerichtete Schreiben vom 22.03.2006, in dem ihm von Seiten der Antragsgegnerin die Einbehaltung des Arbeitslosengeld-Zuschlages zugunsten des Jugendamtes der Stadt N mitgeteilt wird, ist als belastender Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch -Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz- (SGB X) zu qualifizieren. Es handelt sich hierbei aber nicht um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 39 Nr. 1 SGB II.

Der Wortlaut des § 39 Nr. 1 SGB II verlangt, dass durch Verwaltungsakt über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende entschieden worden ist. Die Abzweigungsentscheidung stellt keine Leistung der Grundsicherung für Arbeitssuchende dar (Eicher/Spellbrink, SGB II, § 48 Rdn. 15; LSG Rheinland-Pfalz Beschluss vom 17.01.2006 -L 3 ER 128/05 AS- für den Fall der Aufrechnung gegen ein Leistungsanspruch nach dem SGB II). Sie lässt vielmehr Anspruchsinhaber bzw. Regelungen über Dauer/Höhe eines nach dem SGB II festgestellten Leistungsanspruches unberührt. Mit der Abzweigungsentscheidung ergeht eine Entscheidung des Leistungsträger über das von dritter Seite beantragte Abzweig...

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