Orientierungssatz
Parallelentscheidung zum Urteil des SG Düsseldorf vom 7.4.2011 - S 27 R 1952/10, das vollständig dokumentiert ist.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die rückwirkende Gewährung einer Rente streitig.
Der ... 1923 in C... geborene Kläger ist anerkannter Verfolgter des Nationalsozialismus und hat eine Entschädigung nach dem Bundesentschädigungsgesetz (BEG) erhalten. Er besitzt heute die israelische Staatsangehörigkeit Am 23.09.2002 beantragte er die Gewährung eine Altersrente auf der Grundlage des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG). Er machte geltend, in der Zeit von Juli 1941 bis März 1943 freiwillig im Ghetto C... in einer Seilerei gearbeitet zu haben. Hierfür habe er Sachbezüge, Logis und Bonifikationen erhalten. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 18.03.2004 ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung von Altersrente unter Berücksichtigung von Ghetto-Beitragszeiten. Seine jetzigen Angaben stünden im Widerspruch zu seinen Angaben aus dem Entschädigungsverfahren. Dort habe er geschildert, nur vom 15.08.1941 bis Februar 1942 im Ghetto gewesen zu sein. Der Kläger widersprach und machte insbesondere geltend, sich im fraglichen Zeitraum im Ghetto C... aufgehalten zu haben. Er habe dort bis Frühling 1942 in einer Flachsfabrik Seile hergestellt. Danach habe er unter den gleichen Arbeitsbedingungen in einer Werkstatt derselben Flachsfabrik gearbeitet. Diese sei ca. 15 km vom Ghetto entfernt in M... gewesen. Er sei mit weiteren Arbeitern mit einem Lastauto dorthin gefahren worden. Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27.01.2005 zurück. Der Kläger sei insbesondere nicht entgeltlich tätig gewesen, er habe für seine Tätigkeit keine angemessene Entlohnung erhalten. Die Vergütung habe nur der Bestreitung des notdürftigen Lebensbedarfs gedient. Hiergegen erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Düsseldorf (Az.: S 26 R 94/05). Mit Urteil vom 23.08.2006 wies das Sozialgericht die Klage ab. Die Berücksichtigung von Ghetto-Beitragszeiten scheitere insbesondere daran, dass dem Kläger nicht die Glaubhaftmachung gelungen sei, er habe entgeltlich gearbeitet. Es sei nicht glaubhaft, dass ein wirtschaftliches Austauschverhältnis zwischen geleisteter Arbeit und gezahltem Entgelt vorliege.
Am 12.08.2009 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Überprüfung der “seinerzeitigen Entscheidungen„. Die Rechtsprechung des BSG habe sich durch die Urteile vom 02.06. und 03.06.2009 völlig verändert. Diesem Antrag entsprach die Beklagte mit Bescheid vom 29.03.2010 und gewährte dem Kläger Regelaltersrente ab dem 01.01.2005. Ab dem 01.04.2010 seien 422,17 € monatlich zu zahlen, die Nachzahlung für den Zeitraum 01.01.2005 bis 31.03.2010 betrage 28.370,09 €. Für die Zeit davor sei die Rente nicht zu gewähren, da bei der Rücknahme von Bescheiden die Leistung längstens für einen Zeitraum bis zu 4 Jahren vor der Rücknahme erbracht werde. Ferner betrage der Zugangsfaktor für die Rente 1,995; der eigentlich für die Altersrente vorgesehene Zugangsfaktor von 1,0 sei für jeden Monat, den die Rente trotz erfüllter Wartezeit nach Erreichen der Regelaltersgrenze nicht in Anspruch genommen worden sei, um 0,005 zu erhöhen. Daraus folge hier eine Erhöhung um 199 Kalendermonate, da der Kläger die Voraussetzungen für die Altersrente seit dem 14.05.1988 erfülle.
Der Kläger widersprach und machte u.a. geltend, die Rente sei unter Berücksichtigung von § 3 ZRBG ab dem 01.07.1997 zu zahlen. Andernfalls werde der Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verletzt. Es gebe keinen sachlichen Grund dafür, dass diejenigen, deren fristgerecht nach § 3 ZRBG bis 30.06.2003 gestellter Rentenantrag noch nicht rechtskräftig abgelehnt worden sei, die Rente rückwirkend ab dem 01.07.1997 erhielten, während bei Rentengewährung auf Überprüfungsanträge die Rente erst ab dem 01.01.2005 beginne. Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 05.08.2010 zurück. Der Kläger könne die Rente nur für die letzten 4 Jahre vor seinem Überprüfungsantrag beanspruchen. Das folge aus der anspruchsvernichtenden Wirkung des § 44 Abs. 4 Zehntes Sozialgesetzbuch (SGB X). Der Anspruchsausschluss trete auch dann ein, wenn der Versicherungsträger bei Erlass des rechtswidrigen Verwaltungsaktes schuldhaft gehandelt habe. Diese Vorschrift stelle eine ausgewogene Gesamtregelung dar, die zwischen dem Interesse des Einzelnen an einer möglichst vollständigen Erbringung der ihm zu Unrecht vorenthaltenen Sozialleistung einerseits und dem Interesse der Solidargemeinschaft aller Versicherten an einer möglichst geringen finanziellen Belastung mit Ausgaben für zurückliegende Zeiträume andererseits vermittle. Das BSG halte die Vorschrift für verfassungsmäßig. Die Beklagte sehe keinen Anlass, § 44 Abs. 4 SGB X in ZRBG-Fällen nicht anzuwenden. Insbesondere erfolge die Anwendung der Vor...