Entscheidungsstichwort (Thema)
Fortführung des mit einem Facharzt für Psychotherapie besetzten Vertragsarztsitzes durch einen Psychologischen Psychotherapeuten
Orientierungssatz
1. § 103 Abs. 4 a SGB 5 regelt die Fortführung von Vertragsarztsitzen in Planungsbereichen mit Zulassungsbeschränkungen in Zusammenhang mit Medizinischen Versorgungszentren (MVZ). Einerseits ist die Übernahme des Vertragsarztsitzes bei gleichzeitiger Anstellung des verzichtenden Vertragsarztes möglich. Andererseits besteht die Möglichkeit, dass bei Fortführung der Praxis durch einen Praxisnachfolger nach § 103 Abs. 4 S. 1 SGB 5 die Praxis auch in der Form weitergeführt werden kann, dass ein MVZ den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in der Einrichtung weitergeführt wird.
2. Für beide Varianten wird in § 103 Nr. 4 a S. 5 SGB 5 sichergestellt, dass das MVZ die Arztstelle nachbesetzen kann, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind.
3. In § 103 Abs. 4 S. 4 SGB 5 ist u. a. festgelegt, dass bei der Auswahl der Bewerber die berufliche Eignung, das Approbationsalter und die Dauer der ärztlichen Tätigkeit zu berücksichtigen sind. Der Begriff der beruflichen Eignung ist nicht einschränkend dahin auszulegen, dass zwischen ausscheidendem und anzustellendem Leistungserbringer eine Fachgebietsidentität bestehen muss. Sowohl der ärztliche als auch der psychologische Psychotherapeut erbringt psychotherapeutische Behandlungsleistungen für gesetzlich Versicherte nach Maßgabe der dafür geltenden Psychotherapierichtlinien, vgl. BSG, Urteil vom 05. November 2008 - B 6 KA 13/07 R.
4. Mit der Regelung in § 101 Abs. 4 SGB 5 hat der Gesetzgeber deutlich gemacht, dass psychologische Psychotherapeuten anstelle ärztlicher Psychotherapeuten tätig werden können. Diese grundsätzliche Wertung des Gesetzgebers gilt mangels anderweitiger gesetzlicher Vorgaben auch für die Nachfolgebesetzung. Damit kann ein psychologischer Psychotherapeut den Vertragsarztsitz eines ärztlichen Psychotherapeuten einnehmen.
Tenor
Der Beklagte wird unter Aufhebung des Beschlusses vom 16.09.2009 verurteilt, der Klägerin auf ihren Antrag vom 30.06.2009 die Anstellung des Psychologischen Psychotherapeuten Herrn Dipl.-Psych. B E1 anstelle der ausscheidenden, für die Klägerin psychotherapeutisch tätig gewesenen Frau S M im Umfang von 32 Wochenstunden zu genehmigen. Ferner wird festgestellt, dass der Beschluss des Beklagten vom 16.09.2009 hinsichtlich der Ablehnung der Genehmigung der Anstellung der Frau Dipl.-Psych. C1 C2 rechtswidrig war.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Beklagte und die Beigeladene zu 7) je zur Hälfte.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Genehmigung der Anstellung zweier Psychologischer Psychotherapeuten.
Die Klägerin ist Trägerin des Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) "b" mit Sitz in E2.
Sie beantragte beim Zulassungsausschuss für Ärzte - Bereich Psychotherapie - in E2 die Genehmigung der Anstellung des Dipl.-Psych.B E1 in Nachfolge der Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie S M und der Dipl.-Psych. C1 C2 in Nachfolge der psychotherapeutisch tätigen Ärztin F N. Diese Anträge lehnte der Zulassungsausschuss mit Beschlüssen vom 23.06.2009 und 05.08.2009 ab. Für die Nachbesetzung einer angestellten Ärztin gemäß § 95 Abs. 2 Satz 7 ff SGB V i.V.m. § 32 b Ärzte-ZV sei grundsätzlich eine fachliche Identität zwischen ausscheidendem und anzustellenden Leistungserbringer erforderlich. Eine Nachfolgeanstellung sei daher jeweils nur innerhalb der Gruppen der Ärzte und der psychologischen Psychotherapeuten zulässig.
Die Klägerin legte hiergegen jeweils Widerspruch ein und verwies darauf, dass eine Nachbesetzung mit einem entsprechend qualifizierten Arzt trotz intensiven Bemühens auf dem einschlägigen Markt nicht möglich gewesen sei. Soweit der Zulassungsausschuss die ersatzweise gelungene Nachbesetzung mit einem bzw. einer psychologischen Psychotherapeut/in ablehne, verweise sie auf einen Beschluss des LSG Baden-Württemberg vom 05.05.2009 (L 5 KA 599/09 ER-B), wonach dies als durchaus statthaft angesehen worden sei.
Der Beklagte wies die Widersprüche mit Beschluss vom 16.09.2009 zurück. Für den hier vergleichbaren Fall der Nachbesetzung nach § 103 Abs. 4a Satz 5 SGB V schließe er sich der Auffassung an, dass die Fortführung einer ärztlichen Praxis durch einen Psychotherapeuten schon im Hinblick auf dessen fehlende Zulassung in einem ärztlichen Fachgebiet scheitere. Die aus guten Gründen verfolgte Absicht des Gesetzgebers, durch die Regelung des § 101 Abs. 4 Satz 5 SGB V einen bestimmten Anteil von ärztlichen Psychotherapeuten an der psychotherapeutischen Versorgung der Versicherten zu gewährleisten, würde konterkariert, wenn nichtärztliche Psychotherapeuten Arztstellen in Anspruch nehmen könnten. Dies würde ihnen den Zugang zur vertragsärztlichen Versorgung ermöglichen, obwohl der Planungsbereich für sie gesperrt ist. Dies würde wiederum die Überversorgung ungewollt noch verstärken. Die bedarfsplanungsre...