Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Eingliederungshilfe. weder Anspruch auf Kostenübernahme für eine Urlaubsreise (hier: Mallorca) noch auf Zahlung eines Zuschusses
Orientierungssatz
1. Die Übernahme der Kosten für eine Urlaubsreise oder Ferienfahrt erfolgt gem § 53 Abs 1 S 1 SGB 12 nur, wenn nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art und Schwere der Behinderung, die Aussicht besteht, dass die konkrete Ferienmaßnahme dazu beiträgt, den Betroffenen in die Gesellschaft einzugliedern und hierbei insbesondere die Begegnung mit nicht behinderten Menschen zu fördern.
2. Die Gewährung von Leistungen in Höhe von 918,00 Euro für eine Urlaubsreise von einer Woche kommt nur dann in Betracht, wenn die Teilhabeaspekte des § 58 Nr 1 und 2 SGB 9 durch keine andere kostengünstigere Maßnahme zu verwirklichen wären.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Übernahme von Kosten für eine Urlaubsreise im Wege der Eingliederungshilfe.
Mit Schreiben vom 19.01.2009, bei dem Beklagten am 21.01.2009 eingegangen, beantragte die Betreuerin des Klägers die Übernahme der Kosten für eine Ferienmaßnahme. Der 1977 geborene Kläger ist behindert und wohnt in einem "Betreuten Wohnen" der Lebenshilfe. Dem Antrag lag die Kopie eines Prospektauszugs über die Reise vom 12.10.2009 bis 19.10.2009 nach Cala Millor (Mallorca) für 918,- Euro bei. Die Reise wurde von der Lebenshilfe W, dem Anbieter des Betreuten Wohnens, angeboten.
Mit Bescheid vom 13.07.2009 lehnte der Beklagte den Antrag auf Kostenübernahme der Ferienfahrt nach Cala Millor ab. Zur Begründung führte er aus, dass Reisen zu den Bedürfnissen der allgemeinen Lebensführung zählten, für deren Kosten nicht die Eingliederungshilfe vorgesehen sei. Bei der angebotenen Fahrt handele es sich um eine Erholungs- und nicht um eine Eingliederungsmaßnahme.
Mit Schreiben vom 08.08.2009, bei dem Beklagten am 11.08.2009 eingegangen, erhob der Kläger durch seine Betreuerin Widerspruch und wies auf die Kostenübernahme in den letzten Jahren hin. Zur Begründung wurde des weiteren eine Stellungnahme der Lebenshilfe zur Urlaubsmaßnahme nach Mallorca vom 12.-19.10.2009 vorgelegt. Darin wird ausgeführt, dass die angebotene Reise eine Maßnahme zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach § 55 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 7 SGB IX in Verbindung mit § 53 Abs. 3 Nr. 1, 2 SGB XII sei. Die Ferienmaßnahme diene dazu, den Teilnehmern Kontakt zu nicht behinderten Menschen untereinander zu ermöglichen, um so ihre soziale Kompetenz zu steigern. Die Teilnehmer würden Umgang mit ihren Betreuern, anderen Hotelgästen und ausreichend Urlaubern, auf Mallorca gebe es bekannterweise viele deutschsprachige Urlauber, haben, nicht zuletzt weil der Reisezeitraum noch in die Herbstferien vieler deutscher Bundesländer falle. Auch diene die Maßnahme dem Erwerb praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten sowie der Teilnahme am kulturellen Leben. Die Nutzung des Reisemittels Flugzeug sowie von öffentlichen Verkehrsmitteln mache die Teilnehmer unabhängiger und stärke ihre Kenntnisse und Vertrauen in diesem Bereich erheblich. Das kulturelle Angebot der Insel sei immens, so dass den Anforderungen auf jeden Fall genüge getan werde. Auch würden weitere praktische Fähigkeiten im Umgang mit Geld gefördert z. B. durch das Bezahlen von Eintritten oder Mahlzeiten in Restaurants. Zudem diene diese Urlaubsmaßnahme unter anderem dazu, dass die Teilnehmer lernten, sich in fremder Umgebung zurecht zu finden und zu üben, wie man mit fremden Menschen in Kontakt tritt, um nach dem Weg zu fragen oder um Hilfe zu bitten. Auch gemeinsame Ausflüge zur Erkundigung und der Besuch von kulturellen Veranstaltungen gehörten zum Inhalt der Reise.
Mit Widerspruchsbescheid vom 07.10.2009 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Bei der Reise handele es sich um eine Ferienfahrt, die zu den Bedürfnissen der allgemeinen Lebensführung gehöre, aber nicht Eingliederungshilfeleistung sei. Sozialpädagogische Reisen könnten für behinderte volljährige Menschen, die zum Personenkreis des § 53 SGB XII gehörten, bezuschusst werden. Voraussetzung sei jedoch auch hier eine Prüfung der Angemessenheit und Notwendigkeit. Im Rahmen der Ermessensausübung komme er zu der Entscheidung, dass eine Reise in ein 4-Sterne-Hotel auf Mallorca nicht notwendig sei, um die Ziele der Eingliederungshilfe zu erreichen. Um den behinderten Teilnehmern Kontakt mit anderen Menschen zu ermöglichen, sei es wesentlich erfolgversprechender, eine Maßnahme in Deutschland durchzuführen, da dort ohne Fremdsprachenkenntnisse Kontakte hergestellt werden könnten. Auch wenn anerkannt werde, dass gerade auf Mallorca viele deutschsprachige Urlauber anzutreffen seien, treffe diese auf jeden Urlaubsort in Deutschland um ein vielfaches mehr zu. Auch wenn es um den Erwerb praktischer Fähigkeiten gehe, sei das Bestellen und Bezahlen von Mahlzeiten im Restaurant in Deutschland mit deutschsprachigem Pe...