Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Vergütung. Rechtmäßigkeit der Mengensteuerung von freien, nicht den Regelleistungsvolumen unterliegenden Leistungen. Kontingentierung von pathologischen Leistungen des Kap 19 EBM-Ä 2008. kein Verstoß gegen das Gebot der Angemessenheit der Vergütung vertragsärztlicher Leistungen. Verfassungsrecht

 

Orientierungssatz

1. Auch die sogenannten freien, nicht den Regelleistungsvolumen unterliegenden Leistungen können einer Mengensteuerung durch Quotierung bzw Kontingentierung unterzogen werden (vgl BSG vom 17.7.2013 - B 6 KA 45/12 R = SozR 4-2500 § 87b Nr 4). Der Umstand, dass nicht nur einzelne Leistungsbereiche, sondern Leistungen eines Kapitels des EBM (juris: EBM-Ä 2008) insgesamt einer Kontingentierung unterworfen werden (hier: pathologische Leistungen des Kapitels 19 EBM-Ä 2008), rechtfertigt keine andere Beurteilung.

2. Ein Anspruch auf eine höhere Vergütung der pathologischen Leistungen folgt nicht aus einem Verstoß gegen das Gebot der Angemessenheit der Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen. Ein subjektives Recht auf ein höheres Honorar aus § 72 Abs 2 SGB 5 in Verbindung mit Art 12 GG kommt erst dann in Betracht, wenn in einem fachlichen und/oder örtlichen Teilbereich kein ausreichender finanzieller Anreiz mehr besteht, vertragsärztlich tätig zu werden, und deshalb in diesem Bereich die Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung gefährdet ist.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 23.03.2016; Aktenzeichen B 6 KA 33/15 R)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Honorarfestsetzung für die Quartale III/2010 und IV/2010 hinsichtlich der Kontingentierung der pathologischen Leistungen des Kapitals 19 EBM.

Klägerin ist eine Berufsausübungsgemeinschaft, der 3 in X niedergelassene und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Fachärzte für Pathologie angehören. Der Vergütung der pathologischen Leistungen des Kapitals 19 EBM legte die Beklagte die sich aus der sogenannten Kontingentierung freier Leistungen ergebenden Punktwerte von 3,0483 bzw. 2,9265 Cent zugrunde. Die Klägerin legte daraufhin gegen die Abrechnungsbescheide für die genannten Quartale vom 25.01.2011 und 26.04.2011 jeweils Widerspruch ein, zu deren Begründung sie im Wesentlichen geltend machte, für eine Kontingentierung von freien Leistungen und eine Vergütung dieser Leistungen mit einem floatenden bzw. angepassten Punktwert auf Grundlage eines Vergütungsvolumens des Jahres 2008 liege keine Ermächtigungsgrundlage vor. Insoweit verstoße diese mittelbare Honorarbegrenzungsregelung, auf deren Grundlage die Beklagte Honorarzuwächse der Klägerin einbehalten habe, gegen höherrangiges Recht. Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 19.10.2011, auf dessen Inhalt wegen der Begründung verwiesen wird, zurück.

Hiergegen richtet sich die rechtzeitig erhobene Klage, zu deren Begründung die Klägerin ihren Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt.

Die Kläger beantragt,

die Quartalskonto/Abrechnungsbescheide für die Quartale III/2010 und IV/2010 vom 25.01.2011 und 26.04.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.10.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, über die Honorarfestsetzung für die genannten Quartale unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, ergänzend Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Die Klägerin ist durch die angefochtenen Abrechnungsbescheide nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), weil diese nicht rechtswidrig sind. Die Vergütung der pathologischen Leistungen des Kapitels 19 EBM ist nicht zu beanstanden, denn ein Anspruch auf eine unquotierte Vergütung dieser Leistungen zum Orientierungspunktwert besteht nicht. Die Kontingentierung der sogenannten freien Leistungen beruht auf gesamtvertraglichen Regelungen, die wiederum auf Vorgaben des Bewertungsausschusses zurückgehen. Die maßgeblichen Bestimmungen auf beiden Regelungsebenen verstoßen nicht gegen höherrangiges Recht.

Nach dem Beschluss des Bewertungsausschusses vom 26.03.2010 zu Teil F Abschnitt II Ziffer 1, Satz 2, können Leistungen der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung, die außerhalb der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen und qualifikationsgebundenen Zusatzvolumen vergütet werden, einer Steuerung unterzogen werden, um einer nachteiligen Auswirkung auf die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung zu Lasten anderer Ärzte oder Arztgruppen (z.B. durch Mengenentwicklung) entgegenzuwirken, wobei dies auch für Leistungen der morbiditätsbedingten Gesamtvergütu...

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