Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten. Auswahlermessen. Erhaltung der Wohnung während einer Haft. vorbeugende Leistung. Prognoseentscheidung. Integration in das Erwerbsleben. Angemessenheit der Wohnung
Orientierungssatz
1. Bei der Ausübung des Auswahlermessens im Rahmen des § 67 SGB 12 kann es sinnvoll sein, für in Haft befindliche Personen mit sozialen Schwierigkeiten den Erhalt einer vor Haftantritt vorhandenen Unterkunft zu sichern.
2. Ein Anspruch wird jedoch in der Regel ausscheiden, wenn der Leistungsberechtigte nach seiner Entlassung aller Voraussicht nach wieder voll in das Erwerbsleben integriert sein wird.
3. Voraussetzung der Übernahme der Mietzahlungen von Inhaftierten ist regelmäßig eine sozialhilferechtliche Angemessenheit der Wohnung.
Tenor
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes um die Übernahme von Mietkosten anlässlich einer Haftverbüßung des Antragstellers auf Grundlage der §§ 67 ff. des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII).
Der im Jahre 1970 geborene Antragsteller hat seit November 2009 eine ca. 76 m² große Wohnung im Stadtgebiet der Antragsgegnerin angemietet, für die er monatlich einen Mietzins i.H.v. 430 EUR, einen Nebenkostenvorschuss i.H.v. 130 EUR sowie eine Garagenmiete i.H.v. 40 EUR schuldet. Seit Februar 2015 lebt er von seiner 1979 geborenen Ehegattin und dem gemeinsamen, im Jahre 2010 geborenen Sohn getrennt. Mit Urteil vom 12.01.2016 wurde der Antragsteller durch das Amtsgericht Moers wegen sexueller Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten ohne Bewährung verurteilt (Az: 414 Js 170/15). Zum 10.10.2016 nahm der Antragsteller eine Tätigkeit als angestellter Taxifahrer auf. Zuvor bezog er Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II).
Nachdem ein Antrag auf Umwandlung der Freiheitsstrafe in eine Bewährungsstrafe bei der Gnadenstelle des Landgerichts Kleve sowie ein Antrag auf Vollstreckungsaufschub bei der Staatsanwaltschaft Kleve ohne Erfolg geblieben waren und der Haftantritt für den 01.12.2017 anberaumt worden war, sprach der Antragsteller am 24.11.2017 bei der Antragsgegnerin im Hinblick auf eine Übernahme der Kosten zum Erhalt seiner Wohnung für die Dauer der Haft vor. Dabei gab er an, dass er beabsichtige, bis zum Haftantritt zu arbeiten, so dass er im Dezember 2017 seine Miete noch bezahlen könne. Ab Januar 2018 beantrage er die Übernahme der Wohnungskosten. Die Verlegung in den offenen Vollzug wegen einer Weiterführung der Erwerbstätigkeit sei beantragt. Eine Entscheidung sei in den nächsten zwei Monaten zu erwarten. Dann könne er die Miete wieder selbst zahlen.
Seit dem 01.12.2017 verbüßt der Antragsteller die Freiheitsstrafe in der Justizvollzugsanstalt Geldern.
Die Antragsgegnerin leitete den Antrag auf Übernahme der Wohnungskosten während der Haft an den Caritasverband Moers-Xanten e.V. weiter, der dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers mit Schreiben vom 04.12.2017 mitteilte, dass die beantragte Hilfe abgelehnt werde, da die vorgesehene Haftzeit nicht dem Zeitrahmen entspreche, der auf max. 12 Monate festgesetzt sei. Im Übrigen wurde vonseiten des Vereins auf ein Informationsblatt "Wohnungssicherung für inhaftierte Personen" Bezug genommen. Ausweislich dieses Informationsschreibens sei der Caritasverband Moers-Xanten e.V. für die Bearbeitung von Angelegenheiten der Wohnungssicherung für inhaftierte Personen zuständig. Der Kreis Wesel habe in seinen Weisungen zur Erbringung von Hilfe nach dem SGB XII festgelegt, dass für alleinlebende oder alleinerziehende Personen mit minderjährigen Kindern mit Wohnort im Kreis Wesel während einer Inhaftierung von max. 12 Monaten die Kosten einer angemessenen Wohnung weitergezahlt würden, um eine Obdachlosigkeit nach der Haft zu vermeiden. Dabei sei unter anderem zu beachten, dass die Haftdauer max. 12 Monate betragen dürfe.
Hierauf beantragte der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers mit Schriftsatz vom 06.12.2017 eine Entscheidung der Antragsgegnerin unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 12.12.2013, B 8 SO 24/12 R, Rn. 19), wonach nicht allein auf die Dauer der Haftstrafe abgestellt werden dürfe. Mit Bescheid vom 13.12.2017 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag auf Übernahme der Unterkunftskosten für die Dauer der Haft ab. Zur Begründung führte sie an, dass mit der Übernahme der Kosten der Wohnung während der Haft sichergestellt werden solle, dass Leistungsberechtigte, die nur für einen überschaubaren Zeitraum inhaftiert seien, nicht ihre Wohnung verlören. Als überschaubarer Zeitraum sei eine Haftzeit von max. 12 Monaten festgesetzt. Die Haftzeit des Antragstellers von 20 Monaten liege nicht mehr in dem vorgegebenen Zeitrahmen.
Gegen diesen Bescheid legte der Antragsteller, vertreten durc...