Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. freiwillige Versicherung. keine Überprüfung des rechtmäßigen Bezugs bei ehemaligen Beziehern von Arbeitslosengeld II durch die Krankenkasse. Rechtmäßigkeit des Bezugs von Arbeitslosengeld II bis zur Entscheidung im Einigungsstellenverfahren
Orientierungssatz
1. Die Krankenkassen sind bei der Beurteilung eines iS von § 9 Abs 1 S 1 Nr 1 Halbs 2 SGB 5 unrechtmäßigen Alg-II-Bezugs an die Entscheidung der Träger nach dem SGB 2 gebunden (vgl LSG Essen vom 17.8.2006 - L 5 B 41/06 KR ER und vom 31.8.2006 - L 11 B 18/06 KR ER).
2. Selbst dann, wenn nachträglich festgestellt wird, dass der Arbeitssuchende erwerbsunfähig war und ist, kommt eine Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld II nur für die Zukunft in Betracht. Bis zur Entscheidung im Einigungsstellenverfahren ist der Bezug von Arbeitslosengeld II als rechtmäßig anzusehen.
Tenor
Der Bescheid vom 01.08.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.10.2006 wird aufgehoben.
Die Beklagte wird verurteilt, die freiwillige Versicherung ab dem 01.05.2006 durchzuführen.
Die Kosten werden der Beklagten auferlegt.
Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger als freiwillig versichertes Mitglied bei der beklagten Krankenkasse zum 01.05.2006 aufzunehmen ist.
Der 1948 geborene Kläger erlitt 2004 einen Herzinfarkt. Seit vielen Jahren leidet er an einer Vielzahl internistischer Grunderkrankungen, unter anderem an wiederholt auftretenden Blutdruckentgleisungen und Angina pectoris-Beschwerden.
Seit dem 01.01.2005 bezog der Kläger Leistungen nach § 19 2. Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) Arbeitslosengeld II ( ALG II) und war deshalb bei der Beklagten pflichtversichert. Während des Bezuges von Sozialhilfe in den Jahren davor war der Kläger nicht krankenversichert. Die ARGE Duisburg als zuständiger Träger nach dem SGB II hob die Bewilligung von Leistungen mit Wirkung zum 30.04.2006 auf. Seit dem 01.05.2006 bezieht der Kläger Leistungen nach dem 12. Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) durch die Beigeladene.
Der Kläger stellte im April 2006 bei der Beklagten einen Antrag auf Durchführung der freiwilligen Versicherung ab dem 01.05.2006. Aus dem von der Beklagten beigezogenen Aufhebungsbescheid der ARGE vom 18.04.2006 ergibt sich, dass die Leistungen nach dem SGB II eingestellt worden sind mit der Begründung, der Kläger sei nicht mehr mindestens 3 Stunden täglich erwerbsfähig im Sinne des § 8 SGB II. Er habe Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII:.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 01.08.2006 die Durchführung der freiwilligen Versicherung ab. In Ermangelung ausreichender Vorversicherungszeiten seien die Voraussetzungen einer freiwilligen Versicherung -§ 9 Abs.1 Nr.1 5. Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) -nicht erfüllt. Zwar sei der Kläger vom 01.01.2005 bis zum 30.04.2006 durch die ARGE versicherungspflichtig angemeldet gewesen, die Leistungen seien jedoch wegen Wegfall der Erwerbsfähigkeit eingestellt worden. Da nicht nachgewiesen sei, seit wann Erwerbsunfähigkeit vorliege, gehe man davon aus, dass die Erwerbsfähigkeit bereits 2005 weggefallen sei. Versicherungszeiten, in denen eine Versicherung allein deshalb bestanden habe, weil ALG II zu Unrecht bezogen worden sei, seien nicht zu berücksichtigen ( § 9 Abs.1 Nr.1 2.Halbsatz SGB V).
Zur Begründung des hiergegen am 04.08.2006 erhobenen Widerspruches wurde durch die Beigeladene für den Kläger ausgeführt, die gesamte Auszahlungszeit des ALG II müsse als Vorversicherungszeit anerkannt werden. Eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit des ALG II - Bezuges sei den Krankenkassen nicht gestattet.
Der Kläger hat ebenfalls am 04.08.2006 im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes die Gewährung von Krankenversicherungsschutz durch die Beklagte beantragt. Die Beklagte hat sich bereit erklärt, der Kläger bis zu einer bestandskräftigen Entscheidung über das Bestehen einer freiwilligen Krankenversicherung vorläufig Leistungen der freiwilligen Krankenversicherung nach dem SGB V zu gewähren. Die Beklagte hat einen Erstattungsanspruch bei der Beigeladenen geltend gemacht.
Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25.10.2006 zurück. Auch wenn das ALG II aus Sicht der ARGE zu Recht im Rahmen des § 44a SGB II gezahlt worden sei, sei der Bezug seit 2005 zu Unrecht erfolgt. Im Ergebnis solle verhindert werden, dass wegen fehlender Erwerbsfähigkeit zu Unrecht bezogenes ALG II dazu führe, dass nach Ende des unrechtmäßigen Leistungsbezuges eine dauerhafte freiwillige Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenkasse begründet werden könne.
Hiergegen richtet sich die am 31.10.2006 erhobene Klage.
Der Kläger trägt vor, er sei bei der Beklagten 16 Monate während des Bezuges von ALG II pflichtversichert gewesen. Beiträge zur Pflichtversicherung seien durch die ARGE entrichtet worden. Eine eigene Entscheidungskompetenz darüber, ob der Kläger erwerbsfähig sei, stehe der Beklagten nicht zu. Da die Bewilligungsbescheide der ARGE für die Zeit vom 01.01.2005 bis zum 30.04.2006 be...