Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewährung von Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen eines Arbeitsunfalls mit psychoreaktiver Störungen
Orientierungssatz
1. Die unfallrechtliche Kausalitätslehre von der wesentlichen Bedingung gilt auch für die besonders schwierige Zusammenhangsbeurteilung psychoreaktiver Störungen nach körperlichen bzw. seelischen Traumen.
2. Die besonderen Probleme der Zusammenhangsbeurteilung rühren daher, dass seelische Empfindungsstörungen ohne organische Grundlage nach einem Unfallereignis und -erlebnis höchst unterschiedlich ausfallen können und nicht direkt erfahrbar oder objektivierbar sind.
3. Eine Entschädigung setzt zudem voraus, dass es sich bei den Störungen um solche von Krankheitswert handelt, was dann der Fall ist, wenn ernste und echte Versagenszustände vorliegen, die der Betreffende nicht aus eigener Kraft unter Einsatz aller verfügbaren Mittel seines Willens überwinden kann (Anschluss: LSG Essen, Urteil vom 07. Mai 2003, L 17 U 30/02).
4. Vorgetäuschte Störungen (Aggravation / Simulation) sowie Wunsch- und Zweckreaktion, die sich z. B. aus der Tatsache des Versichertseins ergeben oder die im wesentlichen aus persönlichen Lebenskonflikten herrühren, können Entschädigungsansprüche nicht begründen.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Streitig zwischen den Beteiligten ist die Entschädigung aus Anlass eines Arbeitsunfalls vom 22.02.2008.
Der am 03.11.1981 in Bosnien geborene Kläger erlitt als Mitarbeiter der Operta-BBM GmbH auf dem Bergwerk Prosper Haniel unter Tage am 22.02.2008 einen Arbeitsunfall. Nach der Unfallanzeige vom 17.06.2008 sei während der Bandfahrung auf dem Unterband das Band stehengeblieben. Als das Band wieder anlief, sei der Kläger durch das hochschlagende Unterband hochgeworfen worden und wieder auf das Unterband gefallen. Dabei habe er sich verletzt.
Dr. S. diagnostizierte in seinem Durchgangsarztbericht vom 25.02.2008 eine Prellung des Gesichts, eine Platzwunde im Gesicht und eine Thoraxprellung. Der Durchgangsarzt Dr. E., Facharzt für Chirurgie stellte am 07.04.2008 als Diagnose: Zustand nach Commotio cerebri, erhebliche Störung des Kopfgelenkbereichs mit Schwindelneigung sowie Zustand nach multiplen Gesichtsplatzwunden. Eine MRT-Untersuchung des Kopfes vom 04.04.2008 ergab eine unauffällige Darstellung des Schädels und des Schädelinhaltes, keine Zeichen eines intrakraniellen Hämatoms.
Dr. M., Arzt für Neurologie und Psychiatrie diagnostizierte unter dem 25.06.2008 bei dem Kläger eine schwere posttraumatische Belastungsstörung sowie ein Schmerzsyndrom nach Kopf- / Gesichtstrauma. Vor allem scheine allerdings jetzt die posttraumatische Belastungsstörung ein großes medizinisches Problem zu sein. Der Kläger befände sich sozusagen noch immer in einem Schock und habe sein Trauma noch nicht richtig verarbeitet. Es habe sofort eine psychiatrische Therapie in Form von supportiven Unterstützungsgesprächen begonnen und eine medikamentöse Behandlung in Form von 100 mg Tabletten Opipramol täglich 3 x 1. Mit einer raschen Besserung sei nicht zu rechnen.
Vom 28.07. bis zum 01.08.2008 befand sich der Kläger in der neurologischen Klinik, Abteilung für Neurologische Traumatologie und Neurorehabilitation im Bergmannsheil Bochum. Die Ärzte diagnostizierten eine posttraumatische Belastungsstörung und eine schwere depressive Episode mit Panikattacken. Neben traumaassoziierten Symptomen fänden sich deutliche Hinweise darauf, dass auch unfallunabhängige Faktoren (z. B. Migrationshintergrund, Bürgerkriegserfahrung, Arbeitsplatzsituation) maßgeblich an der Aufrechterhaltung der Symptomatik beteiligt seien und daher mit berücksichtigt werden müssten. In der anschließenden stationären Behandlung vom 05.08. bis zum 04.09.2008 in der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik im Bertha-Krankenhaus in Duisburg diagnostizierten die Ärzte eine posttraumatische Belastungsstörung, ein chronisches Kopfschmerzsyndrom und einen Analgetikaabusus.
Auf Veranlassung der Beklagten führte Dr. P., Neurologe und Psychiater eine psychotherapeutische Behandlung durch. Der Kläger besitze einen hohen Leidensdruck. Die Fortsetzung der Psychotherapie sei erforderlich. Aufgrund der Genese, Komplexität und Ausprägung der klinischen Symptomatik seien mindestens noch 25 Sitzungen im Sinne einer Kurzzeittherapie erforderlich.
Die Beklagte veranlasste zunächst ein fachchirurgisches Gutachten zur Feststellung einer vorläufigen Entschädigung wegen der noch vorhandenen Unfallfolgen durch Prof. Dr. K., Direktor der BG-Unfallklinik Duisburg. In seinem Gutachten vom 20.08.2009 führte Prof. Dr. K. aus, bei den ambulanten klinischen und röntgenologischen Untersuchungen seien an Folgen des Unfallereignisses vom 22.02.2008 die beschriebenen Narben im Gesicht und Nasenbasis und eine Radiuskopffraktur rechts, knöchern konsolidiert festzustellen. Die MdE in rentenberechtigendem Ausmaß auf fachchirurgischem Gebiet sei auf unter 10 % einzuschätzen.
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