Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss eines Erstattungsanspruchs der Krankenkasse gegenüber dem Krankenhaus bei Versäumung der 9-monatigen Ausschlussfrist des § 8 Satz 3 PrüfvV 2014
Orientierungssatz
1. Der Erstattungsanspruch der Krankenkasse gegenüber dem Krankenhaus nach § 8 Satz 1 PrüfvV 2014 ist ausgeschlossen, wenn sie es versäumt, diesen innerhalb der 9-monatigen Frist des § 8 Satz 3 PrüfvV dem Krankenhaus mitzuteilen.
2. Die Auslegung des § 8 Satz 4 PrüfvV 2014 als materiell-rechtliche Ausschlussfrist ist von der Ermächtigungsgrundlage des § 17c Abs. 2 KHG i. V. m. § 275 Abs. 1c SGB 5 gedeckt.
3. Die Ausschlussfrist verhindert darüber hinaus, dass die wesentlichen Gründe der Leistungsentscheidung im gerichtlichen Verfahren ausgetauscht werden können.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 1.023,92 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung.
Die Beklagte betreibt ein gemäß § 108 SGB V zugelassenes, in der Rechtsform einer gemeinnützigen GmbH praktizierendes Plankrankenhaus. Die gesetzlich bei der Klägerin versicherte (* 1930) wurde vom 17.08.2015 bis 11.09.2015 (Fallzusammenführung 17.08.2015 bis 19.08.2015 und 09.09.2015 bis 11.09.2015) im Hause der Beklagten wegen chronischen Lumbalgien stationär behandelt, wobei am 10.09.2015 in Lokalanästhesie bei der Versicherten eine temporäre Multifunktionselektrode zur epiduralen gepulsten Radiofrequenzstimulation (ePRF) implantiert wurde.
Die Beklagte stellte der Klägerin diesen stationären Aufenthalt am 12.10.2015, eingegangen bei der Klägerin am 14.10.2015, mit einem Gesamtbetrag von 2.965,57 € in Rechnung (Rechnungsnummer 314909273, Bl. 20 der Gerichtsakte). Die Rechnung legte die Diagnosis Related Group (DRG) I10F [= Andere wenig komplexe Eingriffe an der Wirbelsäule] zu Grunde, wobei die Beklagte den OPS 5-039.38 [Implantation oder Wechsel einer Neurostimulationselektrode zur Rückenmarkstimulation] kodierte. Die Klägerin beglich die Rechnung zunächst vollständig.
Mit Prüfanzeige vom 05.02.2016 zeigte der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) der Beklagten die Prüfung u. a. einer primären und sekundären Fehlbelegung sowie der Prozeduren an. Der Facharzt für Chirurgie Dr. des MDK gelangte in seiner gutachterlichen Einschätzung vom 04.04.2016 (Bl. 2/7 der Verwaltungsakte) zu dem Ergebnis, dass eine medizinische Notwendigkeit für die stationäre Aufnahme bestanden habe und die Überschreitung bzw. das Erreichen der unteren Grenzverweildauer medizinisch begründet sei. Allerdings sei die Prozedur 5.039.38 nicht korrekt, sondern OPS 5-789.6 [Andere Operationen am Knochen: Destruktion, durch Radiofrequenzablation, perkutan] zu kodieren. Die verwendete Pasha-Sonde sei unabhängig von ihrer eigentlichen Funktion zur Radiofrequenztherapie genutzt worden; die Implantation einer Neurostimulationselektrode könne nicht nachvollzogen werden. Dies führe zur niedriger vergüteten DRG I10G [Andere Eingriffe an der Wirbelsäule ohne wenig komplexe Eingriffe].
Am 08.04.2016 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass die Begutachtung ergeben habe, dass eine Berichtung der Abrechnung erforderlich sei und bat um Übermittlung einer Gutschrift bis 06.05.2016.
Die Klägerin hat am 05.11.2018 Klage zum Sozialgericht Duisburg erhoben. Zur Begründung hat sich die Klägerin zunächst auf das MDK-Gutachten vom 04.04.2016 bezogen und ausgeführt, dass die Pasha-Elektrode zweckentfremdet wurde und nicht zur Verödung von Nervenbahnen verwendet wurde, sondern zur Freilegung des verengten Spinalkanals und der Destruktion des Knochenmaterials. Diesen Vortrag hat sie im weiteren Verlauf des Verfahrens nicht mehr aufrechterhalten und ausgeführt, dass die Implantation einer Multifunktionselektrode in den Epidural- und Spinalraum zur gepulsten Radiofrequenztherapie nicht den Anforderungen des Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) an die Qualität- und Wirtschaftlichkeit der Behandlung entsprochen habe. Zur Stützung ihres Vortrags hat sie ein MDK-Gutachten zur spinalen epiduralen gepulsten Radiofrequenzbehandlung vom 30.06.2017 der Fachärztin für Anästhesie Dr. med., der Methodikerin PD Dr., des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. med. und des Facharztes für Neurochirurgie Dr. med. übersandt. Nach diesen lasse sich wegen der insgesamt eingeschränkten Interpretierbarkeit der Studienergebnisse nicht abschätzen, ob für die Methode der spinalen epiduralen PRF das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative für Patienten mit (chronischen) lumbalen/thorakalen/zervikalen Schmerzen nach erfolgloser konventioneller Schmerztherapie gegenüber anderen Therapiealternativen bestehe. Für die Bejahung eines Potenzials einer Behandlungsalternative im Sinne des § 137c Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) genüge es gerade nicht, dass lediglich Anhaltspunkte für eine positive Wirkung gegeben seien. Auch nach dem Urteil des BSG vom 25.03.2021 - B 1 KR 25/20 R - lägen die Voraus...