Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhausbehandlung. Widerruf der Kostenübernahmeerklärung durch die Krankenkasse bei missbräuchlicher Benutzung der Krankenversicherungskarte. Vorspiegelung einer falschen Identität. Anspruch auf Prozesszinsen
Orientierungssatz
1. Nachdem eine Krankenkasse Kenntnis davon erlangt hat, dass ein nicht bei ihr Versicherter zu ihren Lasten behandelt worden wurde, ist sie berechtigt, ihre Kostenübernahmeerklärung gegenüber dem Krankenhausträger zu widerrufen. Als Rechtsgrundlage für einen Rückzahlungsanspruch kommt nur ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch in Betracht.
2. Der Krankenversicherungskarte kommt im Verhältnis zu einem Vertragsarzt bei ambulanter Behandlung die Funktion eines Ausweispapiers im dem Sinne zu, dass hiermit der Versicherungsschutz nachgewiesen werden kann, und nur in diesem Verhältnis Vertrauensschutz zugunsten gutgläubiger Leistungserbringer bewirken kann. Dies gilt indessen nicht für den Bereich der stationären Krankenhausbehandlung.
3. Grundsätzlich ist in den in die Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit fallenden Rechtsgebieten für Verzugs- und Prozesszinsen kein Raum. Eine Ausnahme gilt jedoch für jene Zahlungsansprüche, bei denen das Gesetz eine Zinszahlung ausdrücklich anordnet.
Nachgehend
Tenor
Der Kläger und Widerbeklagte wird auf die Widerklage verurteilt, an die Beklagte und Widerklägerin einen Betrag in Höhe von 4140,86 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 07.02.2006 zu zahlen. Die Beklagte und Widerklägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Beteiligen streiten darüber, wer das Kostenrisiko einer für einen vermeintlich Versicherten erbrachten Krankenhausbehandlung, der Personenidentität mit einem bei der Beklagten und Widerklägerin Versicherten vorgespiegelt und ua die ihm überlassene Krankenversicherungskarte missbräuchlich benutzt hat, zu tragen hat. Auf die Beteiligen findet der zwischen der Krankenhausgesellschaft NRW und ua dem Landesverband, dem die Beklagte und Widerklägerin angehört, geschlossene sogenannte Sicherstellungsvertrag nach § 112 Abs 2 Nr 1 des Sozialgesetzbuches Fünftes Buch -SGB V- vom 06.12.1996, gültig ab dem 01.01.1997, Anwendung. Dieser Vertrag wurde zunächst im April 2004 gekündigt; seit dem 13.04.2005 wird er auf Grund einer Vereinbarung zwischen der Krankenhausgesellschaft NRW mit den Verbänden der Krankenkassen wieder angewandt.
Dem liegt folgender Sachverhalt zu Grunde: Der Kläger und Widerbeklagte betreibt das St. Josef-Hospital in Duisburg als zugelassenes Krankenhaus iS des § 108 SGB V. Bei der Beklagten und Widerklägerin ist der nigerianische Staatsangehörige Nnamdi Amah auf Grund einer versicherungspflichtigen Beschäftigung krankenversichert. Unter diesem Namen sowie unter Vorlage von dessen Krankenversicherungskarte ließ sich der aus Liberia stammende F. F. zunächst ambulant von den Ärzten Dres Sch. und C., Dormagen, behandeln und stellte sich nach vorangegangener vorstationärer Behandlung am Morgen des 18.03.2004 in der Klinik für Colo-Proktologie des Klägers und Widerbeklagten zwecks stationärer Aufnahme zur Entfernung einer Analfistel vor. Er legte die von den og Ärzten ausgestellte Verordnung von Krankenhausbehandlung vor und unterzeichnete Empfangsbestätigungen, Behandlungsvertrag sowie Einverständniserklärung jeweils mit der Unterschrift "A. N.". Die Beklagte und Widerklägerin erteilte unter dem 19.03.2004 eine Kostenzusage unter dem Vorbehalt, sofern und solange eine Mitgliedschaft bei der Kasse bestehe. Den ihr für die stationäre Krankenhausbehandlung in der Zeit vom 18.03.2004 bis zum 29.03.2004 in Rechnung gestellten Betrag in Höhe von 4140,86 EUR (Rechnung vom 31.03.2004) glich die Beklagte und Widerklägerin zunächst aus.
Nachdem die Ehefrau des Versicherten am 05.04.2004 anlässlich eines Anrufs bei der Beklagten und Widerklägerin mitgeteilt hatte, dass ihr Ehemann seine Krankenversicherungskarte an einen Freund verliehen habe, nunmehr aber selbst zum Arzt wolle, ermittelte die Beklagte und Widerklägerin durch Nachfrage beim Arbeitgeber, dass ihr Versicherter im Monat März 2004 durchgehend gearbeitet habe.
Im Schreiben vom 15.06.2004 an den Kläger und Widerbeklagten schilderte die Beklagte und Widerklägerin den Sachverhalt, erklärte die Rücknahme der Kostenübernahme von Krankenhausbehandlung und forderte die Rückzahlung der Behandlungskosten. Zur Begründung verwies sie auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts -BSG- im Urteil vom 12.03.2003, Az: B 3 KR 1/03 R, derzufolge die Zahlungsverpflichtung voraussetze, dass der Patient während der stationären Behandlung versichert gewesen sei. Der im Hause des Klägers und Widerbeklagten behandelte Patient sei doch nicht bei ihr krankenversichert gewesen, so dass die Voraussetzungen einer Zahlungsverpflichtung nicht gegeben gewesen seien.
Der Kläger und Widerbeklagte vertrat im weit...