Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Grundsicherung im Alter. Übernahme angemessener Beiträge für eine private Kranken- und Pflegeversicherung. keine Begrenzung der Beitragshöhe durch § 12 Abs 1c S 6 Halbs 2 VAG. verfassungskonforme Auslegung)
Orientierungssatz
Die Übernahme der Beiträge zu einer privaten Kranken- und Pflegeversicherung gem § 42 S 1 Nr 4 SGB 12 iVm § 32 Abs 5 SGB 12 ist nicht der Höhe nach durch die Vorschrift des § 12 Abs 1c S 6 Halbs 2 VAG begrenzt auf den Beitrag, der auch für einen Bezieher von Arbeitslosengeld II in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung zu tragen ist.
Tenor
Der Beklagte wird unter Änderung des Bescheids vom 19.05.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.06.2009 verurteilt, der Klägerin weitere Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII für den Monat Juni 2009 in Höhe von 150,09 Euro, für die Zeit von Juli bis Dezember 2009 in Höhe von 155,31 Euro abzüglich bereits erbrachter Leistungen zu gewähren.
Der Beklagte trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Höhe der der Klägerin vom Beklagten bewilligten Leistungen nach dem 4. Kapitel des Sozialgesetzbuch - Zwölftes Buch (SGB XII). Dabei ist allein streitig, in welcher Höhe der Beklagte die Beiträge zur privaten Krankenversicherung der Klägerin ab dem 01.06.2009 bei der Bedarfsberechnung zu berücksichtigen hat.
Die 1938 geborene Klägerin bezieht ergänzend zu Ihrer monatlichen Altersrente in Höhe von 482,43 Euro (Stand 01.01.2009), bzw. 492,67 Euro (Stand: 01.07.2009) vom Beklagten Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII. Die Klägerin ist bei der D. Krankenversicherung … (D) privat kranken- und pflegeversichert.
Mit Bescheid vom 22.10.2008 bewilligte ihr der Beklagte auf ihren Folgeantrag hin Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII für die Zeit vom 01.01.2009 bis 31.12.2009 in Höhe von insgesamt 481,06 Euro. Hierbei berücksichtigte er den Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag jeweils in tatsächlicher Höhe (225,16 Euro für die Kranken-und 55,14 Euro für. die Pflegeversicherung).
Zum 01.01.2009 erhöhte sich der Krankenversicherungsbeitrag auf 247,45 Euro monatlich. Der Beklagte übernahm diesen Beitrag.
Mit Schreiben vom 03.03.2009 informierte der Beklagte die Klägerin darüber, dass es für Privatversicherte die Möglichkeit gebe, in den so genannten Basistarif zu wechseln. Dieser entspreche hinsichtlich der Beitragshöhe und des Leistungsumfangs der gesetzlichen Krankenversicherung. Sie werde daher gebeten, in den Basistarif zu wechseln und entsprechende Unterlagen vorzulegen.
Mit Schreiben vom 27.04.2009 erinnerte der Beklagte die Klägerin an die Übersendung der Vertragsunterlagen des Basistarifs ohne Selbstbehalt.
Die Klägerin wechselte mit Wirkung zum 01.05.2009 in den Basistarif der D. Hierfür fallen unter Berücksichtigung Ihrer Hilfebedürftigkeit nach dem SGB XII einerseits und der Altersrückstellung andererseits ausweislich eines Schreibens der D. vom 22.07.2009 Beiträge in Höhe von 261,59 Euro (Krankenversicherung) und 35,83 Euro (Pflegeversicherung), insgesamt also 297,42 Euro an.
Mit Bescheid vom 19.05.2009 hob der Beklagte den ursprünglichen Bewilligungsbescheid über die Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII vom 22.10.2008 ab 01.06.2009 auf und bewilligte Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 01.06.2009 bis 31.12.2009 in Höhe von 348,09 Euro monatlich. Hierbei berücksichtigte er bei der Bedarfsberechnung einen Betrag in Höhe von 129,54 Euro für die Krankenversicherung und einen Betrag in Höhe von 17,79 Euro für die Pflegeversicherung. Ab Juli 2009 berücksichtigte er für die Krankenversicherung einen Betrag in Höhe von 124,32 Euro.
Hiergegen erhob die Klägerin am 27.05.2009 Widerspruch. Sie sei nicht in der Lage den vom Beklagten nicht übernommenen Beitragsanteil an ihre private Krankenversicherung zu bezahlen. Auch sei sie mit der nun nur noch bestehenden Grundversorgung nicht einverstanden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.06.2009 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Der zum 01.01.2009 eingeführte Basistarif sei nach den Vertragsleistungen in Art, Umfang und Höhe mit den Leistungen nach dem 3. Kapitel des Sozialgesetzbuch - Fünftes Buch (SGB V) vergleichbar. In § 12 Abs. 1 c des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) werde die Höhe des zu zahlenden Basistarifs geregelt. Danach dürfe der Beitrag für den Basistarif den Höchstbeitrag der gesetzlichen Krankenversicherung nicht übersteigen. Bestehe, wie im Fall der Klägerin, Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB XII vermindere sich der Beitrag um die Hälfte. Nach § 12 Abs. 1c Satz 6, 2. Halbsatz zahle der Sozialhilfeträger bei bestehender Bedürftigkeit den Beitrag “der auch für einen Bezieher von Arbeitslosengeld II in der gesetzlichen Krankenversicherung zu tragen ist„. Dieser Betrag betrage derzeit 129,54 Euro. Dieser Betrag sei als angemessen im Sinne des § 32 Abs. 5 SGB XII anzusehen. Die Übernahme nicht des tatsächlich für den Basistarif anfallenden Be...