Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewertung von Kindererziehungszeiten. Zusammentreffen mit Beitragszeiten. Entgeltpunkte. Beitragsbemessungsgrenze. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Die in § 70 Abs 2 S 2 SGB 6 geregelte Maßgeblichkeit der Beitragsbemessungsgrenze als ein Kernbestandteil der das Renteneigentum iS des Art 14 Abs 1 S 2 GG inhaltlich bestimmenden Normen verstößt weder gegen dieses Eigentum, noch ist sie gleichheitswidrig, sondern ermöglicht überhaupt erst Gleichheit vor dem Gesetz.
2. Die rentenrechtliche nicht in vollem Umfang berücksichtigte Kindererziehung bei einem gleichzeitigem versicherten Verdienst in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze und die damit verbundene Benachteiligung dieser Personengruppe gegenüber den Versicherten mit unter dem Durchschnittsentgelt liegenden Verdiensten oder solchen ohne weitere zeitgleiche Beitragszeiten verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 GG. Die gegebene Ungleichbehandlung ist in der gesetzlichen Rentenversicherung unvermeidbar und daher gerechtfertigt (vgl BSG vom 17.12.2002 - B 4 RA 46/01 R = SozR 3-2600 § 70 Nr 6).
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist im Wesentlichen streitig, ob der Klägerin unter Zugrundelegung höherer Entgeltpunkte für Zeiten der Kindererziehung, die mit Beitragszeiten aus versicherungspflichtiger Beschäftigung zusammentreffen und höhere Entgeltpunkte für Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung eine höhere Altersrente zu gewähren ist.
Die 1935 geborene Klägerin hatte ... 1966 ihren Sohn G und ... 1970 ihren Sohn M geboren. Nach Abschluss ihres Hochschulstudiums war sie vom 15.05.1962 bis 31.12.1971 rentenversichert beschäftigt. Nach Ablauf der gesetzlichen Mutterschutzfristen setzte sie jeweils ihre versicherungspflichtige Beschäftigung fort. Unter anderem in den Jahren 1966, 1970 und 1971 erreichte sie mit ihrem versicherten Arbeitsverdienst die jeweils gültige Bemessungsgrundlage. Mit Bescheid vom 19.06.2000 bewilligte die Beklagte der Klägerin ab 01.07.2000 Regelaltersrente. Hierbei berücksichtige sie die während der Kindererziehung entrichteten Pflichtbeiträge neben den Entgeltpunkten auf Grund von Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung, begrenzt gemäß der zum 01.07.1998 in Kraft getretenen Bestimmung des § 70 Abs 2 Satz 2 Sozialgesetzbuch Sechster Teil (SGB VI) auf die jeweiligen Höchstwerte der Anlage 2 b zum SGB VI, denen Entgeltpunkte bis zur Beitragsbemessungsgrenze entsprechen. Nachdem sich die Klägerin - zu Gunsten einer höheren Rentenleistung - dafür entschieden hatte, die Arbeitsentgelte für 1966 und 1970 ohne Anrechnung von Zeiten des Mutterschutzes berücksichtigt zu bekommen (vgl Bl 157 des vorgehefteten Rentenaktenteils), stellte die Beklagte die Altersrente der Klägerin neu fest (Bescheid vom 25.09.2001). Der Rente lagen nunmehr 15,4625 persönliche Entgeltpunkte (vorher 14,8831) zu Grunde, davon entfielen auf Kindererziehungszeiten 0,1306 Entgeltpunkte (vorher 0,4387). Nachdem das Sozialgericht Duisburg die Klage der Klägerin, mit der sie beantragt hatte, die Beklagte zu verurteilen, die Kindererziehungszeiten für die am 26.05.1966 und 15.02.1970 geborenen Söhne in beitragsfreie Zeiten zu verlegen, durch Urteil vom 14.05.2001 abgewiesen hatte, schlossen die Beteiligten im Berufungsverfahren am 22.03.2002 einen Vergleich: Die Beklagte verpflichtete sich unter Verzicht auf die Einrede der Verjährung erneut über den Anspruch der Klägerin auf Altersrente ab 01.07.2000 nach rechtskräftigem Abschluss der unter dem Aktenzeichen B 4 RA 46/01 R (beim Bundessozialgericht - BSG -) anhängigen Revision zu entscheiden. Die Klägerin erklärte sich hiermit einverstanden und den Rechtsstreit für erledigt.
Nach Abschluss des vorgenannten Revisionsverfahrens (Urteil des BSG vom 17.12.2002 - B 4 RA 46/01 R) erteilt die Beklagte der Klägerin in Ausführung des Vergleichs den Bescheid vom 25.02.2003, mit dem sie es ablehnte, Entgeltpunkte für zeitgleiche Kindererziehungszeiten und Beitragszeiten aus einer Beschäftigung über die Beitragsbemessungsgrenze hinaus anzuerkennen. Das BSG habe sich in seiner Entscheidung vom 17.12.2002 über die (behauptete) verfassungswidrige Lage keine Überzeugung im Sinne von Art 100 Abs 1 Grundgesetz (GG) bilden müssen, weil dies für die Entscheidung nicht entscheidungserheblich gewesen sei. Eine Neufeststellung der Regelaltersrente der Klägerin ab 01.07.2000 auf Grund höherer Entgeltpunkte für die Zeiten vom 01.06.1966 bis 31.05.1967 und vom 01.03.1970 bis 28.02.1971 könne auf Grund der Ausführung des BSG nicht erfolgen. Den Widerspruch der Klägerin, mit dem sie unter Bezugnahme auf die von ihr zitierten Passagen des Urteils hilfsweise beantragte, ihr einen Rentensteigerungsbetrag als beitragsfinanzierte Zusatzleistung zur Versicherungsleistung zu gewähren, außerdem hilfsweise die (fruchtlosen) Beiträge zu erstatten, wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 15.07.2003 zurück. Für den begehrten Rente...