Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachtarbeitszuschlag als anzurechnendes Einkommen des SGB 2-Leistungsempfängers
Orientierungssatz
1. Mit dem Zuschlag zum Grundlohn für Nachtarbeit soll im Wesentlichen die Leistungserbringung des Arbeitnehmers zu Zeiten, an denen die Mehrheit der Beschäftigten arbeitsfrei hat, finanziell vom Arbeitgeber honoriert werden. Die Kompensation etwaiger Mehraufwendungen steht dagegen nicht im Vordergrund. Die Anreizfunktion steht dem generellen Zweck von Arbeitseinkommen so nahe, dass ein Anrechnungsausschluss nach § 11 Abs. 3 Nr. 1 a SGB 2 nicht gerechtfertigt ist. Damit sind Zuschläge für Nachtarbeit und für Arbeit an Sonn- und Feiertagen voll als Einkommen anzurechnen.
2. Gleiches gilt für gewährtes Verpflegungsentgelt. Weil es sich um eine Einnahme in Geld handelt, ist es als Einkommen des Hilfebedürftigen auf das Arbeitslosengeld 2 anzurechnen.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Kläger beziehen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Der Kläger zu 1) war von Juni 2006 bis Dezember 2007 als Lader bei der Firma DLG Personalservice GmbH auf dem Flughafen Düsseldorf und von Februar bis einschließlich Juni 2008 als Helfer bei der Firma Randstad Deutschland GmbH & Co. KG tätig.
Die Beteiligten streiten über die Anrechnung von Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschlägen, als Einkommen i.S.d. § 11 SGB II. Der Kläger erhielt monatliche Zuschläge von seinem Arbeitgeber für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit, die von der Beklagten als Einkommen auf den Bedarf der Kläger angerechnet wurden.
Am 20.01.2009 stellte der Kläger einen Überprüfungsantrag gem. § 44 SGB X bei der Beklagten und begründete diesen damit, dass in den Bescheiden vom 24.07.2006, 23.08.2006, 25.09.2006, 20.10.2006, 22.11.2006, 19.12.2006, 24.01.2007, 21.02.2007, 26.03.2007, 23.04.2007, 24.05.2007, 25.06.2007, 25.07.2007, 27.08.2007, 24.09.2007, 24.10.2007, 26.11.2007, 18.12.2007, 24.01.2008, 25.03.2008, 23.04.2008, 26.05.2008, 23.06.2008 und 23.07.2008, das ihm zur Verfügung stehende Einkommen von der Beklagten falsch berechnet wurde, da nicht alle Absetz- und Freibeträge berücksichtigt worden seien. Er forderte für den gesamten Zeitraum die nachträgliche Auszahlung, der von der Beklagten im Rahmen des Einkommens angerechneten Zuschläge für Nachtarbeit und Arbeit an Sonn- und Feiertagen in Höhe von 1708.05 Euro (wegen der Einzelheiten wird auf die Gehaltsabrechnungen des Arbeitgebers in der Leistungsakte der Beklagten verwiesen).
Mit Ablehnungsbescheid vom 02.02.2009 lehnte die Beklagte den Überprüfungsantrag mit der Begründung ab, dass die Bescheide unanfechtbar geworden seien. Daher komme eine Rücknahme für die Vergangenheit nur in Betracht, wenn das Recht unrichtig angewandt worden sei oder von einem falschen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Beides sei im vorliegenden Verfahren nicht der Fall. Sonn-, Feiertags- und Nachtzuschläge würden demselben Zweck wie das SGB II dienen und seien daher gem. § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGB II in Abzug zu bringen.
Gegen diese Entscheidung legte der Kläger am 10.02.2009 Widerspruch mit der Begründung ein, dass die Entscheidung im Hinblick auf das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg, Urteil vom 26.10.2007, Az.: S 28 AS 1055/07, ungerechtfertigt sei. Die Zuschläge für Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit dürften hiernach nicht als Einkommen berücksichtigt werden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 08.05.2009 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, dass der erwähnten Entscheidung nicht zu folgen sei. Arbeitnehmer müssten schließlich nicht für die Selbstverpflegung täglich einkaufen gehen. Auch seien Mahlzeiten in Kantinen oder ähnlichem auch an Wochenenden zu den gleichen Preisen erhältlich. Außerdem sei der Kläger von Juni 2006 bis Dezember 2007 an einem Flughafen tätig gewesen. Soweit kein Erwerb möglich gewesen sein sollte, ist davon auszugehen, dass selbstgemachte Speisen mitgebracht worden seien. Auf das Argument der Steuerfreiheit komme es indes nicht an.
Daraufhin erhoben die Kläger am 19.05.2009 Klage beim Sozialgericht Duisburg und verwiesen zur Begründung nochmals auf die Entscheidung des SG Lüneburg.
Die Kläger beantragen:
den Bescheid der Beklagten vom 02.02.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.05.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Bescheide vom 24.07.2006, 23.08.2006, 25.09.2006, 20.10.2006, 22.11.2006, 19.12.2006, 24.01.2007, 21.02.2007, 26.03.2007, 23.04.2007, 24.05.2007, 25.06.2007, 25.07.2007, 27.08.2007, 24.09.2007, 24.10.2007, 26.11.2007, 18.12.2007, 24.01.2008, 25.03.2008, 23.04.2008, 26.05.2008, 23.06.2008 und 23.07.2008 abzuändern und den Klägern weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalt in Höhe von 1708.05 Euro für die Zeit vom 01.06.2006 bis 30.06.2008 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf die Ausführungen im Widerspruchsverfahren.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und ...