Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässigkeit einer Klage bei Fehlen einer ladungsfähigen Anschrift des Klägers
Orientierungssatz
1. Ein zulässiges Rechtschutzbegehren setzt die Angabe der Anschrift des Rechtsschutzsuchenden voraus.
2. Eine Klage verlangt zu ihrer Zulässigkeit, dass der Kläger unter der angegebenen Anschrift geladen werden kann oder zumindest durch Briefpost erreichbar ist. Hat der Kläger keine aktuelle zustellungsfähige Anschrift genannt, sondern lediglich seine Postfachanschrift angegeben, so ist die erhobene Klage unzulässig. und
3. Eine Ausnahme vom Erfordernis der Angabe einer ladungsfähigen Anschrift kann ausnahmsweise bei nachgewiesener Obdachlosigkeit des Klägers bestehen.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Antrag auf Bestellung eines besonderen Vertreters wird abgelehnt.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger, der in den Jahren 2018 bis 2020 zeitweise bei dem Beklagten im Bezug von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) gestanden hatte, wendet sich gegen eine Versagungsentscheidung des Beklagten.
Der Kläger stellte am 29.04.2021 einen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit ab Mai 2021. Mit Schreiben vom 10.05.2021 wurde er vom Beklagten aufgefordert, bestimmte Unterlagen einzureichen, damit der Beklagte einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II prüfen könne. Hierzu wurde ihm unter Hinweis auf die Rechtsfolgen einer fehlenden Mitwirkung eine Frist gesetzt bis zum 24.05.2021. Nachdem der Kläger die Unterlagen innerhalb dieser Frist nicht eingereicht hatte, versagte der Beklagte ihm mit Bescheid vom 07.06.2021 die beantragten Leistungen ab 01.05.2021 ganz, weil aufgrund der fehlenden Unterlagen eine Prüfung des Leistungsanspruchs nicht habe erfolgen können. Zum vollständigen Inhalt dieses Bescheides, insbesondere zur Aufzählung der angeforderten Unterlagen, wird auf Blatt 2 f. der Gerichtsakte Bezug genommen.
Hiergegen hat der Kläger am 11.06.2021 Klage und gleichzeitig Widerspruch erhoben und zur Begründung u. a. angeführt, die geforderten Unterlagen seien entweder nicht notwendig oder lägen bereits vor bzw. der Beklagte müsse sie sich im Rahmen der §§ 20 SGB X und 65 SGB I selbst beschaffen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06.08.2021, zu dessen vollständigem Inhalt auf Blatt 18 ff. der Gerichtsakte Bezug genommen wird, hat der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 07.06.2021 als unbegründet zurückgewiesen. In der Begründung hat er u. a. ausgeführt, die angeforderten Unterlagen seien erforderlich, weil ohne diese Unterlagen die Hilfebedürftigkeit des Klägers und somit ein Leistungsanspruch nicht geprüft werden könne. Auch sei die Bestimmung des Aufenthaltsortes des Klägers derzeit nicht möglich, sodass eine aktuelle Meldebescheinigung, eine Kopie des Personalausweises oder ein Mietvertrag bzw. eine Mietbescheinigung erforderlich seien. Schließlich seien mit der Anforderung der Unterlagen die Grenzen der Mitwirkungspflicht nach § 65 SGB I nicht überschritten worden. Auch sei die gemäß § 66 SGB I erforderliche Ermessensausübung erfolgt, die Interessen des Klägers seien angemessen berücksichtigt worden.
Der Kläger beantragt ausweislich der Klageschrift,
den Bescheid des Beklagten vom 07.06.2021 aufzuheben, die Leistungsgewährung hilfsweise Neubescheidung anzuordnen und im Übrigen das Verhalten des Beklagten für rechtswidrig zu erklären,
sowie mit einem am 18.06.2021 eingegangenen Schriftsatz,
einen Anwalt gemäß §§ 15 SGB X, 72 SGG bestellen zu lassen.
Der Beklagte beantragt sinngemäß,
die Klage abzuweisen.
Die Vorsitzende hat die Beteiligten mit Schreiben vom 13.07.2021 zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben bis zum 15.09.2021. Dieses Schreiben ist dem Beklagten ausweislich des Empfangsbekenntnisses am 19.07.2021 und dem Kläger im Wege der öffentlichen Bekanntmachung (an der Gerichtstafel ausgehängt am 19.07.2021, abgenommen am 24.08.2021) zugestellt worden. Das Originalschreiben ist dem Kläger anlässlich einer Vorsprache am 19.08.2021 persönlich aushändigt und das Formular Empfangsbekenntnis von ihm mit dem Vermerk „Berufung gg.“ (die beglaubigte Abschrift der Anhörung zum Gerichtsbescheid vom 13.07.2021) versehen worden.
Der Beklagte hat sich zu der beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid nicht geäußert. Der Kläger hat mit einem am 19.08.2021 eingegangenen Schriftsatz die Kammervorsitzende als befangen abgelehnt und eine „klare Rechtsbeugung“ geltend gemacht, die allein darauf abziele, den Urhebern der Entscheidungen der Kammer und des Berufungssenats „den notwendigen Freiraum für ihre umfangreichen Nebentätigkeiten und Nebeneinkünfte zu verschaffen“. Außerdem hat der Kläger mit am 23.08.2021 und 04.10.2021 eingegangenen Schriftsätzen „gegen die aktenkundigen Entscheidungen“ alle statthaften Rechtsmittel sowie gegen die öffentliche Zustellung Beschwerde eingelegt.
Das Ger...