Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässigkeit einer Klage bei fehlender Benennung der Anschrift des Rechtsuchenden - Obdachlosigkeit
Orientierungssatz
1. Ein zulässiges Rechtschutzbegehren hat zur Voraussetzung, dass im gerichtlichen Verfahren die Anschrift des Rechtschutzsuchenden benannt wird. Eine ohne Benennung einer Wohn- bzw. Zustellungsanschrift des Klägers erhobene Klage ist unzulässig. Nur im Ausnahmefall eines Obdachlosen entfällt die Pflicht zur Benennung einer ladungsfähigen Adresse.
2. Einem prozessfähigen Kläger ohne ladungsfähige Meldeanschrift obliegt es, dem Gericht eine zur Zustellung bevollmächtigte Person zu benennen. Andernfalls hat er seine fehlende Erreichbarkeit für das Gericht und damit die Unzulässigkeit seines Rechtsschutzbegehrens selbst zu vertreten.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Antrag auf Bestellung eines besonderen Vertreters wird abgelehnt.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger, der bis zum 31.05.2019 bei dem Beklagten im Bezug von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) gestanden hatte, wendet sich mit seiner Klage gegen mehrere Leistungen bewilligende Bescheide des Beklagten.
Dem Kläger waren vom Beklagten mit Bescheid vom 13.03.2019 Leistungen nach dem SGB II vom 01.05.2019 bis zum 30.04.2020 bewilligt worden, diese Bewilligung war aber wegen Aufnahme eines Beschäftigungsverhältnisses bei der Firma H. GmbH mit Wirkung zum 01.06.2019 wieder aufgehoben worden. Mit E-Mail vom 16.08.2019 stellte der Kläger einen weiteren Antrag auf Leistungen ab 01.08.2019, weil der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ordentlich innerhalb der Probezeit zum 31.08.2019 gekündigt und erklärt habe, den Lohn für August 2019 nicht auszahlen zu wollen. Daraufhin bewilligte der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 19.08.2019 für den Monat August 2019 vorläufig Leistungen in Höhe von 100,00 Euro, die als Abschlag in Form von Lebensmittelgutscheinen gewährt wurden. Mit Bewilligungsbescheid vom 22.08.2019 bewilligte der Beklagte dem Kläger sodann vorläufig Leistungen nach dem SGB II in Höhe des Regelbedarfs von 424,00 Euro monatlich für September 2019 bis Januar 2020 bzw. mit Änderungsbescheid vom 23.11.2019 in Höhe von 432,00 Euro für Januar 2020. Zur Begründung der Vorläufigkeit der Bewilligung wurde jeweils angegeben, diese erfolge wegen der noch nicht abgeschlossenen Klärung des Einkommens des Klägers und dessen Zuflusses. Aufgrund eines Antrags des Klägers bei einer persönlichen Vorsprache am 26.08.2019 auf Zahlung eines Vorschusses bewilligte der Beklagte ihm mit Bescheid vom 26.08.2019 einen Vorschuss in Höhe von 20,00 Euro, der aus technischen Gründen als Vorschuss auf die Leistungen für den Monat Oktober 2019 gewährt und dem Kläger am selben Tag ausgezahlt wurde.
Am 19.08.2019 legte der Kläger gegen den Bescheid vom 19.08.2019 Widerspruch ein, weil er die Auszahlung in Form von Lebensmittelgutscheinen, die er als „Freßzettel“ bezeichnete, als Formalbeleidigung ansah. Auch gegen den Bewilligungsbescheid vom 22.08.2019 und gegen den Vorschussbescheid vom 26.08.2019 legte der Kläger Widerspruch ein.
Am 19.08.2019 hat der Kläger - zusammen mit einem gleichzeitig gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, der unter dem Aktenzeichen S 19 AS 1047/19 ER registriert worden ist - Klage erhoben, zunächst mit dem Antrag,
den Bescheid vom 19.08.2019 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm ab 01.08.2019 Leistungen im Sinne von § 20 SGB II in Geld auszubezahlen, sowie das Verhalten des Beklagten für rechtswidrig zu erklären.
Soweit die Klage auch gegen den Arbeitgeber des Klägers, die H. GmbH, gerichtet worden ist, hat das Gericht diesen Antrag mit Beschluss vom 23.08.2019 abgetrennt und an die nach dem Geschäftsverteilungsplan zuständige Kammer abgegeben. Soweit der Kläger mit seiner Klage die Verurteilung des beklagten Jobcenters Frankfurt am Main zur Zahlung von Schadenersatz begehrt hat, hat die Kammer mit Beschluss vom 26.08.2019 auch diesen Antrag abgetrennt und an die zuständige Kammer des Gerichts abgegeben.
Mit einem am 02.09.2019 eingegangenen Schriftsatz hat der Kläger seine Klage erweitert und nun beantragt,
die Bescheide vom 19., 22. und 26. (August) aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm ab 01.08.2019 Leistungen im Sinne von § 20 SGB II und § 22 SGB II in bar / in Geld auszubezahlen sowie die von ihm begehrten Mobi-Hilfen auszubezahlen / zu gewähren.
Mit einer an den Beklagten gerichteten E-Mail vom 31.08.2019 (Blatt 16 der Akte des Eilverfahrens S 19 AS 1047/19 ER) hat der Kläger seine Leistungsanträge, soweit sie den August 2019 betreffen, zurückgenommen.
Der Beklagte hat mit Widerspruchsbescheid vom 26.11.2019, zu dessen vollständigem Inhalt auf Blatt 691 ff. der vom Beklagten vorgelegten Ausdrucke aus der elektronisch geführten Leistungsakte Bezug genommen wird, den Widerspruch des Klägers gegen den Vorschussbescheid vom 26.08.2019 als unbegründet zurückgewiesen. Mit...