Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende: Leistungsanspruch von Ausländern mit Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen. Abgrenzung der Leistungsberechtigung von Leistungen für Asylbewerber
Orientierungssatz
Ein Ausländer, dem eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen wegen der Unmöglichkeit einer Ausreise erteilt wurde, ist von den Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgeschlossen und allein auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz verwiesen. Dabei knüpft der Leistungsausschluss bereits an der Art der erteilten Aufenthaltserlaubnis an, ohne dass es für die Leistungsgewährung auf die tatsächliche Aufenthaltssituation und die daraus ableitbare Aufenthaltsgestattung ankommt.
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von dem beklagten Jobcenter die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.
Die im Jahr 1989 in C-Stadt geborene und in A-Stadt wohnhafte Klägerin ist ausweislich der vorliegenden Akten staatenlos. Sie ist Inhaberin einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Das Zusatzblatt zum Aufenthaltstitel enthält die Angabe "Beschäftigung jeglicher Art erlaubt. Selbständige Erwerbstätigkeit nicht gestattet." In der Vergangenheit bezog die Klägerin mit ihrer im Jahr 2008 geborenen Tochter offenbar zeitweise Leistungen nach dem SGB II, zeitweise aber auch Leistungen nach dem AsylbLG.
Im Februar 2011 beantragte die Klägerin bei dem beklagten Jobcenter die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom 04.03.2011 unter Hinweis auf das Bestehen eines Leistungsanspruchs nach dem AsylbLG abgelehnt. Der hiergegen mit Schreiben vom 10.03.2011 erhobene Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 02.05.2011 als unbegründet zurückgewiesen.
Mit am 12.05.2011 bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main eingegangenem Schreiben vom 11.05.2011 hat die Klägerin Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren auf Leistungen nach dem SGB II weiterverfolgt. Sie trägt vor, sie sei kein "Fall des § 25 Abs. 5 AufenthG". Sie sei nicht vollziehbar ausreisepflichtig. Es sei niemals gegen sie eine Ausreiseverfügung erlassen worden. Sie könne daher nicht auf die beschränkten Leistungen nach dem AsylbLG verwiesen werden, deren Grund gerade darin liege, dass der hiernach leistungsberechtigte Ausländer sich "eigentlich" gar nicht mehr in Deutschland aufhalten solle. Sie sei auch nicht wie die Berechtigten nach dem AsylbLG in ihrer Erwerbsfähigkeit eingeschränkt; vielmehr sei ihr Beschäftigung jeglicher Art gestattet. Sie zähle gerade zu dem Personenkreis, der von dem beklagten Jobcenter ganz im Unterschied zu den Leistungsberechtigten des Asylbewerberleistungsgesetzes gefordert und gefördert werden solle. Die Klägerin hat ein Schreiben des Ordnungsamts der Stadt A-Stadt vom 07.10.2011 vorgelegt, wonach die ihr am 02.07.1993 erteilte Aufenthaltsbefugnis nach § 101 Abs. 2 AufenthG als Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG fortgilt. Die Klägerin trägt hierzu weiter vor, aufgrund der gesetzlichen Regelung bestehe weder für die Ausländerbehörde noch für sie die Möglichkeit, einen Aufenthalt nach einer anderen Vorschrift des AufenthG zu erhalten. Ein Rechtssatz in dem Sinne, dass das beklagte Jobcenter oder das angerufene Gericht daran gebunden sei, ihr Leistungen nach dem SGB II zu versagen, weil die Ausländerbehörde ihr aus ausländerrechtlichen Gründen den Aufenthalt nach § 25 Abs. 5 AufenthG gegeben habe, bestehe nicht. Das Gericht sei frei darin zu entscheiden, dass dieser Aufenthalt der Klägerin nicht der Aufenthaltsstatus nach § 25 Abs. 5 AufenthG sei, den das SGB II als Leistungsausschluss normiere. Der Wille des Gesetzgebers sei es nicht gewesen, Personen in der Situation der Klägerin vom Leistungsanspruch auszuschließen, sondern nur solche Personen, die unter Ausschluss vom Arbeitsmarkt auf die Leistungen nach dem AsylbLG verwiesen würden, weil sie eigentlich ausreisepflichtig seien. Die Klägerin sei nicht ausreisepflichtig und dürfe jede Arbeit annehmen. Es lägen daher keine Gründe vor, sie aus dem nach dem SGB II zu fordernden und zu fördernden Personenkreis auszunehmen.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Bescheides vom 04.03.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.05.2011 das beklagte Jobcenter zu verpflichten, ihr Leistungen nach dem SGB II in gesetzlichem Umfang zu gewähren.
Das beklagte Jobcenter beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es verteidigt die angefochtenen Bescheide und verweist weiter darauf, die Klägerin habe einen Leistungsanspruch nach dem AsylbLG. Damit sei sie von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Es gebe keine Öffnungsklausel und kein Ermessen, wonach eine anderweitige Entscheidung zu treffen möglich wäre. Ursache des Leistungsausschlusses sei der Aufenthaltsstatus der Klägerin. Hierfür...