Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosenversicherung: Anspruch auf Arbeitslosengeld. Wohnsitz im Bundesgebiet als Leistungsvoraussetzung
Orientierungssatz
Ist ein Wohnsitz im Bundesgebiet für einen Betroffenen nicht nachweisbar, so scheiden Ansprüche auf Gewährung von Leistungen zur Arbeitsförderung (hier: Arbeitslosengeld) schon dem Grunde nach aus.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Bewilligung von Arbeitslosengeld vom 22. Juni bis 31. August 2011.
Die Klägerin meldete sich am 22. Juni 2011 nach Aussteuerung aus dem Krankengeldbezug vom 3. Februar 2010 bis 21. Juni 2011 arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Arbeitslosengeld.
Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 17. August 2011 ab, da die Klägerin in den letzten zwei Jahren vor dem 12. Juni 2011 weniger als zwölf Monate versicherungspflichtig gewesen sei und somit die Anwartschaftszeit nicht erfüllt habe. Versicherungspflicht durch Bezug von Krankengeld komme nicht in Betracht, da die Bewilligung von Arbeitslosengeld und Arbeitslosengeld bei Weiterbildung durch Bescheid vom 17. August 2011 wegen fehlenden Wohnsitzes bzw. gewöhnlichen Aufenthalts in Deutschland (S 1 AL 31/14) zurückgenommen worden sei und unmittelbar zuvor kein rechtmäßiger Bezug einer Entgeltersatzleistung vorliege. Zeiten, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union bescheinigt worden seien, könnten nicht zur Erfüllung der Anwartschaftszeit herangezogen werden.
Den hiergegen am 19. September 2011 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 1. Dezember 2011 zurück.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 1. Dezember 2011 zurück. Leistungen der Arbeitsförderung könnten nur von Personen in Anspruch genommen werden, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich des Sozialgesetzbuches hätten. Zwar sei zutreffend, dass die Klägerin bei Arbeitslosmeldung im Jahr 2007 die Anschrift C-Straße in C-Stadt angegeben habe, unter dieser Anschrift befinde sich eine Fachberatungsstelle der Caritas mit dem angeschlossenen Café D., eine Anlaufstelle für wohnsitzlose Menschen. Die Klägerin habe im gesamten Aufhebungszeitraum keine andere Anschrift mitgeteilt. Nach einer Melderegisterauskunft der Stadt C-Stadt, die das Sozialgericht Frankfurt am Main in den Verfahren S 1 AL 359/11 und S 1 AL 360/11 eingeholt habe, sei die Klägerin erstmals seit 15. Juni 2011 in C-Stadt unter der Adresse E-Straße gemeldet gewesen. Bereits 2008 habe es Anhaltspunkte dafür gegeben, dass die Klägerin tatsächlich nicht in Deutschland wohnhaft gewesen sei. Die Klägerin habe aber schriftlich am 16. Mai 2008 erklärt, dass sie sich in der C-Straße nur vorübergehend aufhalte, bis sie eine Wohnung gefunden habe. Diese Erklärung sei nachweislich falsch und nur abgegeben worden, um in den Genuss von Leistungen zu gelangen. In einem Termin vor dem Sozialgericht Aachen habe die Klägerin am 10. Februar 2011 erklärt, sie „wohne mal hier, mal dort“. Ihren persönlichen Besitz bewahre sie in einem einzigen Koffer auf. Diese sehr unkonkreten und nicht glaubhaften Angaben hätten weitere Nachforschungen zur Folge gehabt. Danach habe die Klägerin bereits bei der Arbeitslosmeldung ihren Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt in den Niederlanden gehabt und diesen bis heute nicht aufgegeben. Der Anspruch sei darüber hinaus auch deshalb nicht entstanden, weil sie innerhalb der Rahmenfrist vom 22. Juni 2009 bis 21. Juni 2011 nicht in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden habe. Auch durch den Bezug von Krankengeld sei keine Versicherungspflicht entstanden, denn vor dem Beginn des Krankengeldbezugs am 3. Februar 2010 sei zwar Arbeitslosengeld bezogen worden, dieser Bezug sei aber unrechtmäßig gewesen und die zugrunde liegende Bewilligungsentscheidung sei aufgehoben worden. Insoweit werde auf die Ausführungen in dem Widerspruchsverfahren W 1915/11 (S 1 AL 31/14) verwiesen. Auch die Restanspruchsdauer von 77 Tagen aus einem Anspruch, der zunächst am 1. Juni 2007 entstanden sei, könne nicht mehr geltend gemacht werden, da der entsprechende Bewilligungsbescheid zurückgenommen worden sei.
Am 31. Dezember 2011 hat die Klägerin beim Sozialgericht Frankfurt am Main Klage erhoben und sich gegen die getroffene Entscheidung der Beklagten gewandt. Sie habe die erforderliche Anwartschaftszeit erfüllt. Die von der Beklagten gegen sie vorgebrachten Beschuldigungen seien falsch. Sie sei jederzeit unter der beim Arbeitsamt erfassten Meldeanschrift „C-Straße“ erreichbar gewesen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 17. August 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Dezember 2011 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die getroffene Entscheidung für zutreffend und bezieht sich zur Begründung auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid.
Durch Beschluss vom 25. März 2013 hat das Sozialgericht den Rechtsstreit bis zum Abschluss des Ermitt...