Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Ablehnung der Übernahme des gesamten Heizkostenabschlages an das Energieversorgungsunternehmen wegen Unangemessenheit. fehlende Einzelfallprüfung. erweiterte Produkttheorie
Orientierungssatz
Zur Rechtswidrigkeit der Ablehnung der Übernahme einer Heiz- bzw Gaskostenvorauszahlung an das Energieversorgungsunternehmen in tatsächlicher Höhe unter Hinweis auf den bundesweiten Betriebs- und Heizkostenspiegel ohne Einzelfallbetrachtung und Anhaltspunkte für ein unwirtschaftliches Heizverhalten.
Tenor
Der Antragsgegner wird verpflichtet, den Antragstellern vorläufig ab dem 13.07.2009 bis zum 31 .01 .2010, längstens bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung der tatsächlichen Heizkosten in Höhe von 128,00 € monatlich zu gewähren.
Der Antragsgegner trägt die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller dem Grunde nach.
Gründe
I. Die Antragsteller begehren im Wege der einstweiligen Anordnung die vorläufige Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) unter Berücksichtigung der tatsächlichen Heizkosten in Höhe von 128,00 € statt 83,00 € monatlich.
Die Antragsteller zu 2) und 3 sind die minderjährigen Kinder der Antragstellerin zu 1). Die Antragsteller erhalten vom Antragsgegner Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Sie leben in einer 68,04 qm großen Wohnung in Lahr, deren Kaltmiete 278,00 € beträgt. Im Bewilligungsbescheid vom 30.07.2008, mit dem Leistungen vom 10.07.2008 bis 31.03.2009 bewilligt wurden, wies der Antragsgegner darauf hin, dass nicht der tatsächlich zu zahlende Gasabschlag in Höhe von 100,00 € monatlich, sondern nur angemessene Heizkosten in Höhe von 83,00 € monatlich anerkannt werden könnten. In der Folgezeit wurden ebenfalls nur 83,00 € Heizkosten monatlich anerkannt. Mit Schreiben vom 14.05.2009 teilte die Antragstellerin zu 1) mit, dass die Abschlagszahlungen auf monatlich 128,00 € gestiegen seien und beantragte gleichzeitig die Übernahme der fälligen Gasnachzahlung in Höhe von 272,23 € für Mai 2008 bis April 2009. Mit Ablehnungsbescheid vom 28.05.2009 lehnte der Antragsgegner die Übernahme der Gasnachzahlung wegen Unangemessenheit ab. Mit Änderungsbescheid vom 26.06.2009 bewilligte der Antragsgegner Leistungen vom 01.06.2009 bis 3 1.01.2010 in Höhe von 832,67 € für Juni und in Höhe von 970,67 € ab Juli 2009. Dabei wurden ab Juli Heizosten in Höhe von 83,00 € monatlich berücksichtigt. Für Juni wurden keine Heizkosten berücksichtigt, da in diesem Monat aufgrund der Abrechnung kein Abschlag fällig gewesen sei. Gegen diesen Bescheid legten die Antragsteller mit Schreiben vom 13.07.2009 Widerspruch ein.
Am 14.07.2009 stellten sie zudem einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht Freiburg, mit dem sie die Übernahme des tatsächlichen Heizkostenabschlages begehrten. Ihre Heizkosten seien nicht unangemessen, sondern entsprächen dem üblichen Verbrauch einer dreiköpfigen Familie. Sie seien nicht in der Lage, die Abschlagsdifferenz in Höhe von 45,00 € monatlich aus dem Regelsatz zu bezahlen. Zudem legten sie ein Schreiben des Gasversorgers vor, in dem mit Sperrung der Versorgung zum 06.08.2009 gedroht wurde, wenn die bisher aufgelaufenen Rückstände in Höhe von 152,63 € nicht ausgeglichen würden.
Die Antragsteller haben beantragt,
den Antragsgegner zu verpflichten, den Antragstellern Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung der tatsächlichen Abschlagszahlung für Erdgas zu erbringen.
Der Antragsgegner hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Für eine Wohnungsgröße mit 68,04 qm seien Heizkostenabschläge in Höhe von 83,00 € angemessen. Zudem könnten sich die Antragsgegner wegen einer Verringerung der Abschläge mit dem Gasversorger in Verbindung setzen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte des Antragsgegners und die Gerichtsakte Bezug genommen.
II. Der Antrag ist zulässig und begründet.
1. Nach § 86 b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 der Vorschrift sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes setzt in diesem Zusammenhang einen Anordnungsanspruch, also einen materiellrechtlichen Anspruch auf die Leistung, zu der der Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet werden soll, sowie einen Anordnungsgrund, nämlich einen Sachverhalt, der die Eilbedürftigkeit der Anordnung begründet, voraus....