Entscheidungsstichwort (Thema)
Soziale Pflegeversicherung. zusätzliche Betreuungsleistungen. Pflegebedürftiger in einer vollstationären Einrichtung der Hilfe für behinderte Menschen. Teilnahme an einer Freizeitgruppe
Orientierungssatz
1. Ein Pflegebedürftiger, der ohne Unterbrechung in einer vollstationären Einrichtung der Hilfe für behinderte Menschen (§§ 43a, 71 Abs 4 SGB 11) lebt, hat keinen Anspruch auf zusätzliche Betreuungsleistungen nach §§ 45b, 45a SGB 11.
2. Zusätzliche Betreuungsleistungen liegen nicht vor, wenn die Leistung, deren Vergütung begehrt wird (hier: Teilnahme an einer Freizeitgruppe), nicht zur Entlastung der pflegenden Angehörigen führt, sondern Ziel der Aktivität die Inklusion des Pflegebedürftigen ist.
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
3. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger zusätzliche Betreuungsleistungen nach § 45b des Elften Buchs des Sozialgesetzbuchs - Soziale Pflegeversicherung - (SGB XI) zustehen.
Der 1993 geborene Kläger, der bei der Beklagten pflegeversichert ist, leidet an einer geistigen Behinderung mit Sprachentwicklungs-, Orientierungs- und Wahrnehmungsstörungen. Eine gesetzliche Betreuung in sämtlichen Aufgabenkreisen ist angeordnet. Betreuerin ist die Mutter des Klägers. Am 10. November 2005 wurde der Kläger durch die Gutachterin beim medizinischen Dienst der Krankenversicherung im Saarland (MDK) in seiner häuslichen Umgebung untersucht. Die Sachverständige sah die Alltagskompetenz als erheblich eingeschränkt an und stellte im Bereich der Grundpflege einen Hilfebedarf von 110 Minuten fest. Mit Bescheid vom 7. Dezember 2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger ab 1. September 2005 Pflegegeld nach Pflegestufe I. Mit weiterem Bescheid vom 7. Dezember 2005 stellte die Beklagte ab 1. September 2005 zusätzliche Betreuungsleistungen für Pflegebedürftige mit erheblichem Bedarf an allgemeiner Beaufsichtigung und Betreuung in Höhe von bis zu 460,00 Euro je Kalenderjahr zur Verfügung.
Bis Dezember 2006 lebte der Kläger zusammen mit seinen Eltern und seiner jüngeren Schwester. Am 20. Dezember 2006 wurde der Kläger in das Wohnheim der L gGmbH, eine Einrichtung der Eingliederungshilfe, aufgenommen.
Die Beklagte teilte dem Kläger am 16. Januar 2007 mit, sie übernehme ab 1. Dezember 2006 die Aufwendungen der Pflege, der sozialen Betreuung sowie die Aufwendungen für Leistungen der medizinischen Behandlungspflege in Höhe von 10 % des nach § 93 Abs. 2 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) vereinbarten Heimentgelts, begrenzt auf 256,00 Euro monatlich. Der Betrag werde durch das Landesamt für Soziales, Gesundheit und Verbraucherschutz direkt mit der Beklagten abgerechnet.
Am 13. Mai 2013 stellte die L gGmbH für 21 Stunden zusätzliche Betreuungsleistungen in Höhe von 354,48 Euro in Rechnung. Beigefügt war ein Nachweis über die Stunden, in denen der Kläger an einer Freizeitgruppe in der Zeit vom 8. Januar bis 20. März 2013 in der Regel von 16:00 bis 19:00 Uhr teilgenommen hat.
Am 16. Mai 2013 unterzeichnete Herr X, der Ehemann der Betreuerin des Klägers, der als Abtretender bezeichnet wurde, eine Erklärung, wonach er einverstanden sei, dass der Betrag u.a. auch für Leistungen nach § 45b SGB XI direkt mit der Lebenshilfe gGmbH abgerechnet werde. Am 24. Mai 2013 bat er um Kostenübernahme.
Mit dem ohne Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheid vom 6. Juni 2013 lehnte die Beklagte die geltend gemachten zusätzlichen Betreuungsleistungen ab. Da der Kläger in einer Einrichtung der Behindertenhilfe nach § 43a SGB XI untergebracht sei, bestehe ein Anspruch auf zusätzliche Betreuungsleistungen nur dann, wenn sich der Kläger im häuslichen Bereich befinde und für diese Zeit ein Anspruch auf Pflegegeld bestehe. An den Tagen, an denen der Kläger erst nach 12:00 Uhr im häuslichen Bereich eingetroffen sei oder sich bereits vor 12:00 Uhr wieder in der Behinderteneinrichtung befunden habe, bestehe kein Anspruch auf Pflegegeld. Somit könnten für diese Tage auch keine zusätzlichen Betreuungsleistungen übernommen werden. Deshalb seien die Leistungen in Höhe von 354,48 Euro nicht zu übernehmen.
Mit seinem Widerspruch vom 16. Dezember 2013 machte der Kläger geltend, § 43a SGB XI besage lediglich, dass die Pflegekasse zur Abgeltung einen Pauschalbetrag leiste. Die zusätzlichen Betreuungsleistungen nach § 45b SGB XI seien hiervon nicht betroffen. Dessen Voraussetzungen seien erfüllt, da er sich nicht in einer vollstationären Pflegeeinrichtung aufhalte.
Die Beklagte teilte am 14. Januar 2014 unter Auflistung der Abwesenheitszeiten des Klägers im streitbefangenen Zeitraum mit, aus diesen Bescheinigungen sei zu ersehen, dass sich der Kläger an den Tagen, für die zusätzliche Betreuungsleistungen beantragt worden seien, nicht im häuslichen Bereich der Familie befunden habe, sondern von der Behinderteneinrichtung direkt zur Freizeitgruppe gebracht worden sei. S...