Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Anwaltsvergütung. Verfahrensgebühr bei Untätigkeitsklage. Erinnerungsverfahren. besondere Angelegenheit gem § 18 Abs 1 Nr 3 RVG. notwendige Kostengrundentscheidung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Verfahrensgebühr bei einer Untätigkeitsklage umfasst regelmäßig 60 % der Mittelgebühr.
2. Das Erinnerungsverfahren gem § 197 Abs 2 SGG ist eine besondere Angelegenheit iS von § 18 Abs 1 Nr 3 RVG.
3. Im Erinnerungsverfahren gem § 197 Abs 2 SGG bedarf es einer Kostengrundentscheidung.
Tenor
1. Auf die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten vom 25.08.2009 werden die zu erstattenden Kosten für das Verfahren SG Fulda S 10 AS 269/07 auf 380,80 € festgesetzt.
2. Die weitergehende Erinnerung wird zurückgewiesen.
3. Der Erinnerungsgegner hat der Erinnerungsführerin 50 % der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Erinnerungsverfahrens zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Höhe der im Rahmen des vor dem SG Fulda geführten Verfahrens S 10 AS 269/07 erstattungsfähigen Kosten.
Am 10.10.2007 erhob der Prozessbevollmächtigte der jetzigen Erinnerungsführerin und Klägerin im Ausgangsverfahren (im Folgenden: Prozessbevollmächtigter) eine als Untätigkeitsklage deklarierte Klage zum SG Fulda mit den Anträgen:
1. Die Beklagte wird verurteilt, den Widerspruch der Klägerin vom 29.03.2007 gegen die vorläufigen Einstellungen vom 29.01.2007 und 14.02.2007 zu bescheiden.
2. Die Beklagte wird verurteilt, den Widerspruch der Klägerin vom 18.05.2007 gegen den Bescheid vom 11.05.2007 in der Fassung der beiden Änderungsbescheide vom 29.05.2007 sowie 05.07.2007 zu bescheiden.
Mit Klageerwiderung vom 20.11.2007 beantragte der Erinnerungsgegner im Ausgangsverfahren die Klage abzuweisen. Der Antrag zu 1. sei bereits unzulässig, weil die Zahlungseinstellung gem. § 40 Abs. 1 Nr. 2 SGB II i.V.m. § 331 SGB III kein Verwaltungsakt sei.
Mit Schriftsatz vom 03.12.2007 schloss sich der Prozessbevollmächtigte zunächst der Rechtsansicht des Erinnerungsgegners an und nahm seinen Klageantrag zu 1. zurück.
Weiterhin formuliert er:
Die Ziffer 1 der Klage wird deshalb wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt die mit Schreiben vom 29.01.2007 und 14.02.2007 vorläufig eingestellte (n) Leistungen der Klägerin auszuzahlen.
Mit weiterem Schriftsatz vom 25.03.2008 hat der Prozessbevollmächtigte seinen Antrag zu 2. wie folgt neu gefasst:
2. Die Beklagte wird verurteilt, den Widerspruch der Klägerin vom 18.05.2007 gegen den Bescheid vom 11.05.2007 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 29.05.2007, 28.06.2007, 05.07.2007 sowie 09.08.2007 zu bescheiden.
Am 27.03.2008 teilte der Prozessbevollmächtigte mit, der Erinnerungsgegner habe einen “umfassenden Abhilfebescheid„ erlassen. Er bat in dem Schreiben darum, der Erinnerungsgegner möge erklären, dass er die außergerichtlichen Auslagen der Klägerin im Widerspruchsverfahren übernimmt.
Am 27.06.2008 erinnerte der Prozessbevollmächtigte, dass über die Erstattung der notwendigen Auslagen in dem Widerspruchsverfahren noch nicht entschieden sei. Dies sei aber nötig, um die Untätigkeitsklage für erledigt erklären zu können.
Mit Schreiben vom 30.07.2008 erinnerte der Prozessbevollmächtigte erneut an die Bescheidung der Widersprüche in Bezug auf die Kosten.
Am 08.08.2008 gab der Erinnerungsgegner - nach über einem halben Jahr - zu erkennen, dass er noch am Verfahren beteiligt war. Er forderte die Klägerin auf, den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt zu erklären. Aus “ haushaltsrechtlichen Gründen „ sei eine gerichtliche Kostenfestsetzung unabdingbar.
In Bezug auf die notwendigen Auslagen im Widerspruchsverfahren teilte der Erinnerungsgegner mit, dass darüber nicht in dem streitgegenständlichen Verfahren entschieden werden könne.
Am 19.08.2008 erwiderte der Prozessbevollmächtigte auf das Schreiben des Erinnerungsgegners und erklärte die Klage bezüglich Nr. 1 seines Klageantrages in der Fassung vom 30.11.2007 für erledigt. In Bezug auf den Klageantrag zu 2. führte er aus, dass bis dato immer noch nicht über die notwendigen Auslagen der Klägerin für das Widerspruchsverfahren entschieden worden sei.
Am 14.11.2008 erklärte der Prozessbevollmächtigte “ nach reiflicher Überlegungdie Hauptsache der Untätigkeitsklage für erledigt, da die Beklagte über die Kosten des Widerspruchsverfahrens auch gesondert entscheiden„ könne.
Er beantragte, den Erinnerungsgegner zu verpflichten die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten.
Die außergerichtlichen Kosten bezifferte der Prozessbevollmächtigte wie folgt:
|
Verfahrensgebühr gem. RVG VV 3102 |
460,00 € |
Auslagenpauschale gem. RVG VV Nr. 7002 |
20,00 € |
Zwischensumme |
480,00 € |
19 % Mehrwertsteuer gem. RVG VV Nr. |
91,20 € |
Summe |
571,20 € |
Er beantragte ferner, den Betrag in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Antragstellung zu verzinsen.
Der Prozessbevollmächtigte führte weiter aus:
Angesichts der Klagehäufung ist vorliegend die volle Verfahrensgebühr geltend zu machen.
Hätte die Kläger...