Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtmäßigkeit eines Erstattungsanspruchs keine gesonderte Voraussetzung der Aufrechnung. Ermessensausübung im Rahmen von § 51 Abs 2 SGB 1
Orientierungssatz
1. Die Rechtmäßigkeit eines Erstattungsanspruchs ist nicht gesonderte Voraussetzung der Aufrechnung, vielmehr ist die bestandskräftige Feststellung des Bestehens des Anspruchs ausreichend. Die Forderung, mit der aufgerechnet wird, muss vollwirksam und fällig sein (vgl BGH vom 20.6.1951 - GSZ 1/51 = BGHZ 2, 300). Dies ist bereits dann gegeben, wenn die Erfüllung der Forderung erzwungen werden kann und ihr keine Einrede entgegensteht.
2. Zur fehlerfreien Ermessensausübung im Rahmen von § 51 Abs 2 SGB 1.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen eine Aufrechnung der Beklagten in Höhe von 400 € monatlich.
Seit dem 1.3.2012 bewilligt die Beklagte dem Kläger Rentenleistungen.
Am 21.10.1992 ermächtigte die Beigeladene die Beklagte zur Verrechnung eines Forderungsbetrages in Höhe von 5.886,42 € mit der zu zahlenden Rente. Bei dem Forderungsbetrag handelt es sich um einen Beitragsanspruch der Beigeladenen einschließlich Säumniszuschlägen und Nebenkosten, welche durch Beitragsnachweise für die Monate März 1985 und April 1985 belegt wurden.
Nach Anhörung des Klägers stellte die Beklagte mit Bescheid vom 29.3.2012 fest, dass die Forderung der Beigeladenen mit der laufenden Rente in Höhe von 833,79 € monatlich aufgerechnet werde. Die Verrechnung mit der laufenden Rente wurde ab dem Monat Mai 2012 zur Ausführung gebracht.
Hiergegen legte der Kläger am 23.4.2012 Widerspruch mit der Begründung ein, dass die von der Beigeladenen geltend gemachte Forderung verjährt sei und damit gegenstandslos.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26.6.2012 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück.
Hiergegen richtet sich die Klage, die der Kläger am 25.7.2012 vor dem Sozialgericht Fulda erhoben hat.
Das Gericht hat den A-kreis beauftragt zu prüfen, ob bei einer Verrechnung in Höhe von 400 € Hilfebedürftigkeit eintritt. Der A-kreis hat mit Schreiben vom 15.9.2014 und anliegender Berechnung mitgeteilt, dass bei einer Kürzung von 400 € keine Grundsicherungsbedürftigkeit entsteht.
Der Kläger ist der Auffassung, dass die Forderung der Beigeladenen bereits verjährt sei. Zudem habe er nicht vorsätzlich die Beiträge der Krankenkasse einbehalten, auch beruft er sich auf die damalige Insolvenzsituation. Darüberhinaus sei der Verrechnungsbetrag zu hoch und führe zu Hilfebedürftigkeit.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 29.3.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 26.6.2012 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte weist darauf hin, dass die Forderung der Beigeladenen bestehe und nach Aussage des A-kreises der Kläger bei dem streitgegenständlichen Aufrechnungsbetrag nicht hilfebedürftig werde.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Sie ist mit einer Reduzierung der Forderung nicht einverstanden.
Mit Schreiben vom 14.10.2015 sind die Beteiligten dazu angehört worden, dass beabsichtigt ist, den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid in Beschlussbesetzung ohne ehrenamtliche Richter zu entscheiden.
Wegen der weiteren Einzelheiten und Unterlagen, insbesondere des weiteren Vorbringens der Beteiligten, wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Akten der Beklagten, die Gegenstand dieser Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Das Gericht konnte gemäß § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Gerichtsbescheid entscheiden, denn die Sache weist keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf und der Sachverhalt ist geklärt. Die Beteiligten sind zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid mit Schreiben vom 14.10.2015 angehört worden.
Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber nicht begründet.
Streitgegenstand ist der Bescheid der Beklagten vom 29.3.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.6.2012, mit dem die Beklagte eine Aufrechnung vornahm. Nicht Gegenstand des Verfahrens ist Forderung der Beigeladenen in Höhe von 5.886,42 €, da diese bereits bestandskräftig wurde.
Bei einer Aufrechnungserklärung handelt es sich nach allerdings umstrittener Ansicht um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X) (so im Ergebnis auch BSGE 53, 208, 209; a.A. BVerwG NJW 1983, 776; zum Ganzen KassKomm-Seewald, § 51 SGB I, Rdnrn. 21 u. 34). Das Gericht schließt sich dieser Ansicht an, zumal die Beklagte vorliegend auch die Aufrechnung ausdrücklich durch einen förmlichen Bescheid erklärte und dessen Recht- und Zweckmäßigkeit im Widerspruchsverfahren durch Erlass des streitgegenständlichen Widerspruchsbescheides überprüfte. Der Kläger wendet sich gegen die durch diesen Verwaltungsakt vorgenommene Aufrechnung, die zu einer Kürzung des Rentenauszahlungsbetrags führt. Zulässige Klageart ist damit die Anfechtungsklage (§ 54 Ab...