Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Genehmigungsfiktion des § 13 Abs 3a S 6 SGB 5. kein nachträgliches Prüfungsrecht der Krankenkasse
Orientierungssatz
Die Fiktion der Genehmigung einer Leistungsübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung nach § 13 Abs 3a S 6 SGB 5 bewirkt, dass die Krankenkasse mit allen Einwendungen gegen die Entscheidung, einschließlich der Beurteilung der medizinischen Notwendigkeit, ausgeschlossen ist (Anschluss LSG Essen vom 23.5.2014 - L 5 KR 222/14).
Tenor
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 02.07.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.08.2014 verurteilt, die Kosten für eine ambulante Liposuktion an den Beinen und Armen der Klägerin antragsgemäß zu übernehmen.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten hinsichtlich der Kostenübernahme für eine ambulante Liposuktion an den Beinen und Armen der Klägerin.
Den entsprechenden Antrag stellte die am 00.00.0000 geborene Klägerin bei der Beklagten am 25.05.2014. Die Beklagte hörte hierzu den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) an, der mit Gutachten vom 25.06.2014 feststellte, es handele sich bei der begehrten Liposuktion zur Behandlung eines Lipödems um eine außervertragliche Behandlung. Gründe, die es nach der Rechtsprechung rechtfertigen würden, die Kosten zu übernehmen, lägen nicht vor. Hierauf gestützt hat die Beklagte mit Bescheid vom 02.07.2014 die beantragte Leistung abgelehnt. Der Widerspruch der Klägerin vom 22.07.2014 ist durch den Widerspruchsausschuss der Beklagten mit Bescheid vom 27.08.2014 zurückgewiesen worden.
Mit der am 01.10.2014 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihren Anspruch weiter.
Die Durchführung einer ambulanten Liposuktion sei bei der Klägerin medizinisch notwendig und stelle für sie die einzige Behandlungsmethode dar, die ihr im Rahmen ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigung überhaupt noch helfen könne. Im Übrigen sei durch die Beklagte die Frist nach § 13 Abs. 3a SGB V nicht eingehalten worden. Da nicht innerhalb der im Gesetz genannten 5 Wochen-Frist über den Antrag der Klägerin entschieden worden sei und auch vor Ablauf der Frist kein Grund mitgeteilt worden sei, warum und weshalb die Frist nicht eingehalten werden könne, gelte der Antrag der Klägerin als genehmigt.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 02.07.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.08.2014 zu verurteilen, die Kosten für eine ambulante Liposuktion an Beinen und Armen der Klägerin zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bezieht sich zur Begründung auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide und ist der Auffassung, die geplante Liposuktion gelte auch nicht als genehmigt entsprechend § 13 Abs. 3a SGB V. Durch die Genehmigungsfiktion werde der Leistungsumfang der GKV nicht ausgeweitet; die beantragten Leistungen müssten zum Leistungskatalog gehören. Maßnahmen - wie hier die ambulante Liposuktion - für die kein Votum des Gemeinsamen Bundesausschusses vorliege, könnten demzufolge auch im Rahmen des § 13 Abs. 3a SGB V nicht durch die Krankenkasse übernommen werden. Die Krankenkasse schulde ihren Versicherten nur die zur Erkennung, Heilung, Eindämmung oder Linderung der Krankheit notwendigen und ausreichenden Leistungen. Ein Anspruch auf nicht notwendige oder unwirtschaftliche Maßnahmen bestehe weder in Form von Dienst- oder Sachleistungen, noch im Wege der Kostenerstattung (vgl. hierzu auch: Knispel, SGb 2014, 374 ff.). Auf die Entscheidungen des LSG Nordrhein-Westfalen vom 26.05.2014 - L 16 KR 154/14 BER und L 16 KR 155/14 B - werde verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen und die Verwaltungsakte der Beklagten, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung war, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig und begründet. Die Beklagte war unter Aufhebung der entgegenstehenden anspruchsverneinenden Bescheide antragsgemäß zu verurteilen. Die Bescheide verletzen die Klägerin rechtswidrig in ihren Rechten, da ihr der geltend gemachte Anspruch als Sachleistungsanspruch aus § 13 Abs. 3a S. 6 SGB V zusteht.
Insoweit ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, dass die formalen Gründe zum Eintritt der Genehmigungsfiktion nach Ablauf der vom Gesetz vorgesehenen Fristen vorliegen. Nach der Rechtsprechung des 5. Senats des LSG NRW folgt hieraus nicht nur ein Anspruch auf Kostenerstattung für die Selbstbeschaffung der begehrten Leistung, sondern auch der hier geltend gemachte Sachleistungsanspruch. Nach dieser Entscheidung vom 23.05.2014 (L 5 KR 222/14 B ER) ist durch die Fiktion der Genehmigung die Leistungsberechtigung der Klägerin wirksam verfügt und die Beklagte mit allen Einwendungen (wie z. B. der Frage, ob es sich um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode handelt und ob die...