Entscheidungsstichwort (Thema)
Entziehung der Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung
Orientierungssatz
1. Nach § 95 Abs. 6 S. 1 SGB 5 ist einem Vertragsarzt die Zulassung zur kassenärztlichen Versorgung u. a. dann zu entziehen, wenn er seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt.
2. Davon ist auszugehen, wenn die vertragsärztliche Versorgung durch das Verhalten des Arztes in erheblichem Maß verletzt wird und das Vertrauensverhältnis zu den vertragsärztlichen Institutionen tiefgreifend und nachhaltig gestört ist, sodass ihnen eine weitere Zusammenarbeit mit dem Vertragsarzt nicht mehr zugemutet werden kann (BSG Urteil vom 17. 10. 2012, B 6 KA 49/11 R). Dies ist u. a. dann der Fall, wenn er eine Vielzahl von ärztlichen Leistungen abgerechnet hat, ohne dass er diese tatsächlich erbracht hat.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Streitwert wird auf 67.634,18 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Der am 17.07.1957 geborene Kläger wendet sich mit der Klage gegen die Entziehung der Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 95 Abs. 6 SGB V i. V. m. § 27 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV).
Der Kläger legte am 29.12.1982 das Medizinische Staatsexamen ab. Die Approbation als Arzt erhielt er am 10.09.1992 durch das Regierungspräsidium E ... Die Facharztanerkennung für Urologie wurde ihm am 16.12.1993 erteilt. Seit dem 11.04.1995 ist der Kläger als Facharzt für Urologie in D., zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Er verfügt u.a. über die Genehmigung zur sonographischen Untersuchung der Uro-Genitalorgane. Aufgrund von Hinweisen von Patienten prüfte die Beigeladene zu 7) das Abrechnungsverhalten des Klägers bezüglich der sonographischen Untersuchungen. Nach den Feststellungen der Beigeladenen zu 7) rechnete der Kläger in den Quartalen III/2007 bis II/2011 eine Vielzahl von nicht erbrachten sonographischen Untersuchungen ab. Zudem hatte der Kläger u.a. Bilddokumentationen über angeblich durchgeführte sonographische Untersuchungen manipuliert. Bei einem Gesamthonorar von 547.292,00 EUR ergab sich eine Rückforderungssumme von über 77.000,00 EUR. Am 19.11.2012 erließ das Amtsgericht Dortmund einen Strafbefehl und verhängte gegen den Kläger wegen gewerbsmäßigen Betrugs in 12 Fällen eine Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten, die für zwei Jahre unter Auflagen zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Beigeladene zu 7) beantragte am 27.08.2013 beim Zulassungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen für den Regierungsbezirk N. (im folgenden Zulassungsausschuss) den Entzug der Zulassung für den Kläger für den Vertragsarztsitz in D. Im September beantragten auch die Beigeladenen zu 1), 2), 3) und 5) den Entzug der Zulassung. Die Zulassung sei wegen gröblicher Verletzung der vertragsärztlichen Pflichten zu entziehen. Dies ergebe sich aus den strafgerichtlichen Feststellungen und den Ermittlungen des Beigeladenen zu 7). Nach der Rechtskraft des Strafbefehls seien die Abrechnungen für die Quartale llI/2007 bis lI/2011 teilweise berichtigt und aufgehoben worden. Es würden über 77.000,00 EUR an Honorar zurückgefordert. Das sich über einen längeren Zeitraum erstreckende Verhalten des Klägers habe das Vertrauen in die ordnungsgemäße Behandlung der Versicherten und die fehlerfreie Abrechnung von erbrachten Leistungen so gestört, dass eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr zumutbar sei.
Mit Beschluss vom 18.02.2014, welcher dem Kläger am 22.03.2014 zugestellt wurde, entzog der Zulassungsausschuss dem Kläger seine Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung als Facharzt für Urologie in D. wegen gröblicher Pflichtverletzungen gemäß § 95 Abs. 6 Satz 1 SGB V. Hiergegen legte der Kläger am 18.04.2014 beim Beklagten Widerspruch ein. Diesen begründete er im Wesentlichen damit, die Voraussetzungen für eine Entziehung würden nicht mehr vorliegen. Die Verstöße, welche der Kläger auch zugegeben habe, tagen nunmehr drei Jahre zurück. Weitere Verstöße seien seit damals nicht mehr erfolgt. Eine Störung des vertragsärztlichen Versorgungssystems sei daher nicht mehr gegeben. Unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes seien mildere Mittel als die Entziehung der Zulassung in Betracht zu ziehen, z.B. weitere regelmäßige Kontrollen. Mit Beschluss vom 22.10.2014 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück und ordnete die sofortige Vollziehung der Entscheidung des Zulassungsausschusses vom 18.02.2014 an. Der angefochtene Beschluss des Zulassungsausschusses sei rechtmäßig. Die Voraussetzungen für einen Entzug der Zulassung nach § 95 Abs. 6 Satz 1 SGB V und § 27 Ärzte-ZV lägen vor. Der Kläger habe seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Während eines Zeitraums von vier Jahren habe er auf gezielte und systematische Art und Weise wegen privater Probleme eine Vielzahl von nicht erbrachten sonographischen Untersuchungen abgerechnet und Honorare.in einer Gesamthöhe von über 77.000,00 EUR zu Unrecht abgerechnet...