Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Unterkunft und Heizung. Angemessenheit der Unterkunftskosten. konkrete Angemessenheit. Berücksichtigung personenbezogener Umstände

 

Orientierungssatz

1. Im Rahmen der konkreten Angemessenheit sind die personenbezogenen Umstände bei den jeweiligen mietpreisbildenden Faktoren zu berücksichtigen. Dies betrifft den Wohnflächenbedarf, den Vergleichsraum und den Wohnungsstandard sowie die Referenzgruppe.

2. Zu berücksichtigen sind besondere Umstände wie Krankheit, Behinderung, Pflegebedürftigkeit, Rücksichtnahme auf schulpflichtige Kinder und Alleinerziehung, soweit diese Faktoren nach den Umständen des Einzelfalles Auswirkungen auf den Unterkunftsbedarf haben.

 

Tenor

1. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig ab 21.06.2019 längstens bis zu einer bestandskräftigen Entscheidung auch für den Leistungszeitraum ab 01.07.2019 Leistungen nach dem SGB 12 unter Berücksichtigung von weiteren Bedarfen für die Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 210,00 EUR über die bereits seit 01.07.2018 gewährten 501,97 EUR zu zahlen.

2. Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.

3. Der Antragsgegner hat dem Antragsteller die zur Zweck entsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten zur Hälfte zu erstatten.

 

Gründe

Der zulässige Antrag hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

Vorliegend richtet sich die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nach § 86b Abs. 2 SGG, da in der Hauptsache die statthafte Klageart die Leistungsklage ist. Einstweiliger Rechtsschutz ist nicht nach § 86 b Abs. 1 SGG zu gewähren. Zwar hat die Klage des Antragstellers vom 04.10.2018 gegen den Widerspruchsbescheid des Antragsgegners vom 03.09.2018 aufschiebende Wirkung. Jedoch hilft die Feststellung der aufschiebenden Wirkung dem Antragsteller nicht, da es sich für den hier streitigen Zeitraum ab 21.06.2019 -Eingang bei Gericht- um einen Leistungszeitraum endet, der ausweislich des ursprünglichen Bewilligungsbescheides vom 15.06.2018 am 30.06.2019 endete. Eine Absenkung der Leistungen durch den Antragsgegner ist gerade nicht erfolgt, sodass die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs nicht bewirkt, dass die Regelungen eines vorherigen Leistungsbescheides wieder aufleben. Rechtsschutz intensiver ist dementsprechend der unter Beachtung des Meistbegünstigungsgrundsatzes anzunehmende Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragsstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach $ 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentliche Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, das heißt eines materiellen Anspruchs für den vorläufiger Rechtsschutz begeht wird sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, das heißt, der Unzumutbarkeit, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten voraus.

Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen, § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2, 938, 294 ZPO. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bilden aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System gegenseitiger Wechselbeziehung. Ist etwa die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an einen Anordnungsgrund.

Alle Voraussetzungen des einstweiligen Rechtsschutzes sind unter Beachtung der Grundsätze der objektiven Beweislast glaubhaft zu machen, § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO; die richterliche Überzeugungsgewissheit in Bezug auf die tatsächlichen Voraussetzungen des Anordnungsanspruchs und des Anordnungsgrundes erfordern insoweit lediglich eine überwiegende Wahrscheinlichkeit (Mayer-Ladewig, SGG, § 86 b Rn. 16b). Sind Grundrechte tangiert, ist die Sach- und Rechtslage allerdings nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen.

Vorliegend richtet sich der Eilantrag nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG. Der Antragsteller begehrt nicht die Sicherung einer bestehenden Rechtsposition, sondern die Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis.

Das Vorliegen eines Anordnungsgrundes ist vorliegend zu bejahen, da es jedenfalls um die Absenkung der Kosten der Unterkunft um 399,06 EU...

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