Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung: Anerkennung eines Wegeunfalls als Arbeitsunfall bei Unterbrechung einer Heimfahrt für einen Einkauf
Orientierungssatz
Unterbricht ein sozialversicherungspflichtig Beschäftigter seinen Heimweg von der Arbeit, um einen Einkauf zu erledigen (hier: Halt für einen Einkauf in einem Fleischereifachgeschäft), so handelt es sich bei einem Unfallereignis, das während dieses Stopps eintritt (hier: Sturz auf dem Gehweg), nicht um einen Arbeitsunfall, da die Handlung während der Unterbrechung der Fahrt keinem dienstlichen Erfordernis diente.
Nachgehend
Tenor
1) Die Klage wird abgewiesen.
2) Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten wegen der Anerkennung eines Wegeunfalls als Arbeitsunfall in Anwendung der Vorschriften des Siebten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - SGB VII.
Die Klägerin war am 01.12.2010 auf dem Heimweg von ihrer versicherten Tätigkeit. Dabei benutzte sie wegen winterlicher Straßenverhältnisse eine Alternativroute. Auf dieser hielt sie wegen Hungers vor einem Metzgereiladen an, stieg aus und kaufte dort ein. Zurück am Fahrzeug öffnete sie die Beifahrertür, legte die eingekaufte Ware auf den Beifahrersitz und schloss die Tür wieder. Anschließend wollte sie um das Kfz herumlaufen zur Fahrerseite. Ungefähr auf Höhe des rechten hinteren Kotflügels stürzte sie und verletzte sich dabei an der Bordsteinkante schwer. Im Januar 2011 stellte sie bei der Beklagten ausdrücklich einen Antrag auf Anerkennung dieses Ereignisses als Arbeitsunfall. Nach Ermittlungen zum Weg lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 24.02.2011 die Anerkennung ab und bezog sich ausdrücklich auf ein Urteil des Bundessozialgerichts vom 09.12.2003 - B 2 U 23/03 R - zur Begründung. Hiergegen legte die Klägerin am 28.03.2011 Widerspruch ein. Im Widerspruchsverfahren fragte die Beklagte nochmals bei der Klägerin an, weswegen diese an der Metzgerei angehalten habe, ob direkt zuvor irgendwelche krankhaften Störungen bei ihr bestanden hätten. Die Klägerin beantwortete diese Anfrage dahingehend, sie habe Hunger verspürt. Mit Widerspruchsbescheid vom 16.08.2011 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am 19.09.2011 beim Sozialgericht Gießen eingegangenen Klage. Sie ist der Ansicht, bei Rückkehr aus dem Metzgerladen und nach Ablegen der gekauften Ware auf der Beifahrerseite sei sie wieder auf einem versicherten Weg gewesen.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Bescheids vom 24.02.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.08.2011 die Beklagte zu verurteilen, das Ereignis vom 01.12.2010 als Arbeitsunfall anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf die im Verwaltungsverfahren getroffenen Feststellungen, insbesondere auf die ausführlich in Bescheid und Widerspruchsbescheid niedergelegten Gründe.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Klage- und Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 11.04.2014 gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die form- und insbesondere fristgerecht erhobene Klage ist zulässig.
Sachlich ist die Klage unbegründet. Zu Recht hat die Beklagte mit dem angegriffenen Bescheid vom 24.02.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.08.2011 die Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall abgelehnt, denn die Klägerin befand sich im Zeitpunkt des Eintritts des Ereignisses nicht auf einem versicherten Weg von der Arbeit.
Anspruchsgrundlage ist vorliegend § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII. Danach zählt auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit zur versicherten Tätigkeit. Der Sturz der Klägerin hat sich aber nicht auf einem unmittelbaren Weg ereignet. Vielmehr hatte die Klägerin die Heimfahrt von der versicherten Tätigkeit aus eigenwirtschaftlichen Gründen, zu einem Einkauf in einem Metzgereiladen, unterbrochen. Die Beklagte hat mit ihrem angegriffenen Bescheid vom 24.02.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.08.2011 die hierzu ergangene Rechtsprechung insbesondere des Bundessozialgerichts in vollständig rechtmäßiger Weise auf den vorliegenden Fall angewandt und die entscheidungsrelevanten Gründe des BSG hierzu zitiert. Dem ist nichts hinzuzufügen, von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird deshalb gemäß § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) abgesehen. Ergänzend wird lediglich auf ein Urteil des Bundessozialgerichts vom 04.07.2013 - B 2 U 3/13 R - hingewiesen, das diese ursprüngliche Rechtsprechung des BSG bestätigt und in Teilen sogar die Voraussetzungen verschärft hat. Danach ist auch im allgemeinen Verkehrsraum keine versicherte Tätigkeit mehr anzunehmen, wenn eine privatwirtschaftliche Handlungsmotivation zur Unterbrechung des versicherten Weges führt. So lag es h...