Entscheidungsstichwort (Thema)
Erfüllung der für eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte erforderlichen 45-jährigen Wartezeit. Bezug von Arbeitslosengeld in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn nach betriebsbedingter Kündigung. Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 51 Abs 3a Nr 3 SGB 6
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 51 Abs 3a Nr 3 SGB VI.
2. Auf die für eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte erforderliche 45-jährige Wartezeit können Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn auch dann nicht angerechnet werden, wenn der Arbeitgeber eine betriebsbedingte Kündigung ausgesprochen hat.
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Altersrente für besonders langjährig Versicherte.
Der 1951 geborene Kläger beantragte am 28. Oktober 2014 erstmals die Gewährung einer Altersrente für besonders langjährig Versicherte ab 1. Januar 2015. Er war seit 31. Dezember 2012 arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld seit 1. Januar 2013. Dem Kläger war von seinem Arbeitgeber, der C-AG, aus betrieblichen Gründen zum 31. Dezember 2012 gekündigt worden. Er war dort als Vertriebsmitarbeiter beschäftigt gewesen.
Die Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid vom 18. November 2014 ab, da der Kläger keine Wartezeit von 45 Jahren (540 Monaten) zurückgelegt habe, sondern nur 495 Monate. Die Beklagte teilte zugleich mit, dass der Kläger die Voraussetzungen für eine Altersente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit ab 1. Januar 2015 erfülle und er diese Rente mit Abschlägen in Anspruch nehmen könne.
Der Kläger beantragte am 28. November 2014 beide Rentenarten, die Altersente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit hilfsweise.
Der Kläger legte am 15. Dezember 2014 Widerspruch gegen den Bescheid vom 18. November 2014 ein. Er führte aus, dass sich sein ehemaliger Arbeitgeber im Jahr 2010 in erheblichen Zahlungsschwierigkeiten befunden habe; es sei vom 1. März 2010 bis 28. Februar 2011 Kurzarbeit eingeführt gewesen. Zudem sei eine Transfergesellschaft gegründet worden und viele Mitarbeiter seien ausgeschieden. Es hätten Sparmaßnahmen stattgefunden. Der Arbeitgeber habe sich von der finanziellen Krise erholt und eine Insolvenz sei nicht eingetreten. Daher ergebe sich für den Kläger eine Ungleichbehandlung, weil ihm wegen finanzieller Schwierigkeiten des Arbeitgebers gekündigt worden sei, für ihn aber die Zeiten der Arbeitslosigkeit nicht berücksichtigt würden. Personen, die wegen Insolvenz oder vollständiger Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers ausschieden, erhielten die Zeiten der Arbeitslosigkeit als Wartezeit angerechnet. Die Differenzierung sei jedoch nach Art. 3 Grundgesetz (GG) nicht zu rechtfertigen.
Die Beklagte gewährte dem Kläger durch Bescheid vom 18. März 2015 ab 1. Januar 2015 eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit. Der zur Ermittlung der Persönlichen Entgeltpunkte ermittelte Zugangsfaktor beträgt 0,928. Der Kläger legte hiergegen am 2. April 2015 Widerspruch ein. Das Widerspruchsverfahren ruht.
Nach Prüfung weiterer Wartezeitmonate wies die Beklagte den Widerspruch vom 15. Dezember 2014 durch Widerspruchsbescheid vom 3. August 2015 zurück und führte aus, dass 525 Monate für die Wartezeit von 45 Jahren vorlägen. Der Arbeitslosengeldbezug des Klägers (24 Monate) könne nicht auf die Wartezeit angerechnet werden.
Der Kläger hat am 13. August 2015 Klage vor dem Sozialgericht Gießen erhoben.
Er ist der Ansicht, dass die Tatbestandsvoraussetzung der vollständigen Betriebsaufgabe auch dann erfüllt sei, wenn, wie im Fall des Klägers, ein Arbeitsbereich fast vollständig seitens des Arbeitsgebers aufgegeben werde. So sei es im Fall des Klägers gewesen, denn aufgrund von Umstrukturierungsmaßnahmen sei sein Vertriebsbereich fast vollständig entfallen. Diese Umstrukturierungsmaßnahme sei aufgrund erheblicher finanzieller Schwierigkeiten des Arbeitgebers erforderlich geworden. Darüber hinaus ist er der Ansicht, dass es verfassungswidrig sei, dass für Arbeitnehmer, deren Arbeitgeber insolvent geworden sei oder den Betrieb vollständig aufgegeben habe, die letzten zwei Jahre des Bezugs von Arbeitslosengeld berücksichtigt würden, während diese Berücksichtigung für Arbeitnehmer, denen betriebsbedingt gekündigt worden sei, entfalle.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 18. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. August 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm auf seinen Antrag vom 28. Oktober 2014 hin ab dem 1. Januar 2015 eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte anstelle der ab dem selben Tag gewährten Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, dass ein Verstoß gegen Art. 3 GG nicht vo...