Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. kein Anspruch auf häusliche Krankenpflege bei Unterbringung in einem Heim iS des Heimgesetzes. Verpflichtung des Sozialhilfeträgers im Rahmen der Eingliederungshilfe

 

Leitsatz (amtlich)

1. Befindet sich der Versicherte in einem Heim iS des Heimgesetzes, besteht kein Anspruch gegen die Krankenkasse auf häusliche Krankenpflege nach § 37 SGB 5.

2. Gesundheitsleistungen können im Einzelfall als Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach § 55 Abs 1 SGB 9 zu qualifizieren sein. Insoweit kommt eine Verpflichtung des Sozialhilfeträgers nach den §§ 53ff SGB 12 in Betracht.

 

Tenor

1. Die Beigeladene wird vorläufig verpflichtet, die Kosten der häuslichen Krankenpflege der Antragstellerin im Rahmen der vertragsärztlichen Verordnung ab dem 05.12.2008 bis längstens zum 31.03.2009 zu übernehmen.

2. Die Beigeladene trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin. Eine weitere Kostenerstattung findet nicht statt.

 

Gründe

Der nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch sonst zulässige Antrag, der auf die Kostenübernahme für das tägliche Anlegen von Kompressionsverbänden bei der in einer Behinderteneinrichtung lebenden Antragstellerin gerichtet ist, hat auch in der Sache Erfolg.

Einstweilige Anordnungen sind zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Der durch den beantragten vorläufigen Rechtsschutz zu sichernde Anspruch (Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit seiner vorläufigen Sicherung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung).

1. Der Anordnungsgrund folgt daraus, dass die Antragstellerin nach zuletzt am 16.12.2008 erfolgter Verordnung des Herrn A., Facharzt für Allgemeinmedizin, jedenfalls noch bis 31.03.2009 wegen eines chronischen Lymphödems einmal täglich auf das Anlegen von Kompressionsverbänden angewiesen ist. Diese Maßnahme wird gegenwärtig vom ambulanten Pflegedienst “J.„ durchgeführt. Die Antragsgegnerin lehnte die am 30.09.2008 beantragten Leistungen der häuslichen Krankenpflege mit Bescheid vom 23.10.2008 unter Hinweis auf die vollstationäre Unterbringung der Antragstellerin im “Haus T.„ ab. Wie dem Schreiben des Pflegedienstes vom 26.01.2009 entnommen werden kann, sind die seit 06.10.2008 gestellten Rechnungen nicht beglichen worden und droht deshalb die Einstellung der Pflegeleistungen. Die Antragstellerin kann die erforderlichen Mittel zur Beauftragung des Pflegedienstes nachgewiesenermaßen nicht aufbringen, da sie eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit in Höhe von € 724,67 bezieht und über ein Erwerbseinkommen aus ihrer Tätigkeit in einer Werkstatt für behinderte Menschen in Höhe von ca. 160 € verfügt. Von diesem Einkommen muss die Antragstellerin zudem einen Kostenbeitrag in Höhe von ca. € 680 im Rahmen der durch die Beigeladene bewilligten Eingliederungshilfeleistungen leisten.

2. Die Antragstellerin hat auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Nach allen derzeit vorliegenden Erkenntnissen und der im Eilverfahren ausreichenden summarischen Prüfung der Rechtslage ist der beigeladene Sozialhilfeträger verpflichtet, die in Rede stehenden Kosten für die Inanspruchnahme des ambulanten Pflegedienstes zu übernehmen.

a.) Zunächst steht einem solchen Anspruch nicht der Grundsatz des Nachranges der Sozialhilfe gem. § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) entgegen. Denn es besteht weder eine Verpflichtung der Antragsgegnerin noch ihrer Pflegekasse, die begehrten Leistungen der Behandlungspflege zu übernehmen. Ebenso wenig dürfte der Einrichtungsträger verpflichtet sein, die Behandlungspflege der Antragstellerin zu übernehmen.

Ein Anspruch gegen die Antragsgegnerin nach Maßgabe des § 37 Abs. 2 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) kommt nicht in Betracht. Danach erhalten Versicherte in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen neben der ärztlichen Behandlung als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist. Die bei der Antragsgegnerin krankenversicherte Antragstellerin lebt weder in ihrer Familie, noch in einem eigenen Haushalt. Letzterer setzt eine eigenständige Wirtschaftsführung voraus (BSG, Urteil vom 01.09.2005, Az.: B 3 KR 19/04 R, juris; LSG Hamburg, Urteil vom 18.07.2007, Az.: L 1 KR 89/05), an der es vorliegend offensichtlich mangelt, da die Antragstellerin im “Haus T.„ voll verpflegt wird und eine tägliche Gesamtvergütung zu zahlen ist.

Bei der vorliegenden Einrichtung handelt es sich aber auch nicht um einen sonst “geeigneten Ort„ i.S.d. § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB V, insbesondere nicht um eine betreu...

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