Entscheidungsstichwort (Thema)
Asylbewerberleistungen. Analogleistungen. Anspruchseinschränkung. selbst zu vertretende Nichtvollziehbarkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen. fehlende Mitwirkung bei der Passbeschaffung. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
Verhaltensbedingte Leistungsabsenkungen sind im Fürsorgerecht zulässig und im Rahmen der Verhältnismäßigkeit auch mit der Menschenwürde vereinbar.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Kläger wenden sich gegen die Kürzung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz im Zeitraum Februar 2017 bis einschließlich Juli 2017 und begehren die Gewährung höherer Leistungen nach § 2 Abs. 1 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) im nämlichen Zeitraum.
Der Kläger reiste unter dem Aliasnamen H. am 4.9.2000 in Deutschland ein, die Klägerin unter dem Aliasnamen S. am 11.12.2001. Gemeinsam mit den drei im streitgegenständlichen Zeitraum minderjährigen, jeweils in H1 am xxxxx. xx, am xxxxx. xx und am xxxxx. xx geborenen Kindern, lebten die Kläger seit dem 9.10.2000 im Zustand der Aussetzung der Abschiebung mit zeitlich befristeten Duldungen gemäß § 60a Abs. 2 S. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) aufgrund des tatsächlichen Abschiebungshindernisses der Passlosigkeit bzw. des fehlenden Passersatzes und erhielten bis zum 31.1.2017 ungekürzte Leistungen nach dem AsylbLG. Für jede erwachsene Person erhielten die Kläger 171,00 €, für jede minderjährige Person 111,00 € monatlich entsprechend den mit Kostenfestsetzungsbescheid des Unterbringungsträgers vom 1.1.2016 festgesetzten Benutzungsgebühren für die Wohnunterkunft. Ein Asylverfahren wurde nicht durchgeführt.
Ein Antrag der zuständigen Ausländerbehörde auf Überprüfung der Staatsangehörigkeit der Klägerin bei der Botschaft der Republik A. blieb ausweislich deren Schreibens vom 10.10.2011 ohne Ergebnis, weil die in den Anträgen angegebenen Informationen ungenau und unvollständig gewesen seien. Mit Schreiben vom 11.10.2011 unter Setzung einer Frist zum 12.1.2012 sowie am 4.7.2013 unter Setzung einer Frist zum 5.9.2013 forderte die zuständige Ausländerbehörde den Kläger erfolglos auf, Passdokumente, hilfsweise Passersatzpapiere oder Identitätspapiere aus seinem Heimatland beizubringen. Mit Schreiben vom 7.3.2011 unter Setzung einer Frist zum 7.6.2011, vom 22.5.2012 unter Setzung einer Frist zum 8.6.2013 und vom 13.6.2013 unter Setzung einer Frist zum 25.7.2013 forderte die zuständige Ausländerbehörde die Klägerin entsprechend, ebenfalls erfolglos, auf. Am 10.1.2017 hat die Ausländerbehörde dies der Beklagten mitgeteilt.
Den Klägern wurde zuletzt mit Schreiben vom 10.1.2017, zugestellt jeweils am 13.1.2017, durch die Beklagte unter Setzung einer Frist zum 24.1.2017 die Möglichkeit zur Stellungnahme zu einer Anspruchseinschränkung auf noch je 148,55 € monatlich zusätzlich zu den Unterkunftskosten gemäß § 1a AsylbLG wegen Nichtvollziehbarkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen infolge der fehlenden Mitwirkung bei der Beschaffung von Identitätspapieren, worauf keine Reaktion erfolgte.
Mit Bescheid vom 26.1.2017 veranlasste die Beklagte die Leistungskürzung gemäß § 1a AsylbLG für die Kläger ab 1.2.2017 für sechs Monate in Höhe von 169,45 €.
Am 3.2.2017, eingegangen am 7.2.2017 erhoben die Kläger vertreten durch den Bevollmächtigten Widerspruch gegen den Bescheid. Die Leistungskürzung stelle erst recht einen Verstoß gegen das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum dar, weil die Leistungen nach dem AsylbLG bereits insgesamt ein solches nicht gewährleisteten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 9.5.2017 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum gebiete keine bedarfsunabhängigen, voraussetzungslosen Sozialleistungen und der dem Gesetzgeber eingeräumte Gestaltungsspielraum bei der Ausgestaltung desselben lasse im Ausnahmefall auch Leistungskürzungen bis auf das unerlässliche Existenzminimum zu. Die Kläger seien wiederholt hinreichend konkret und mit angemessener Frist erfolglos und auch auf die Anhörung hin ohne Erklärung der Aufforderung zur Beibringung von Passdokumenten nicht nachgekommen. Diese könnten nur sie selbst beantragen und die unterlassene Mitwirkung bei der Passbeschaffung sei auch nach den Gesetzesmaterialien beispielhaft für eine im Verantwortungsbereich der Kläger liegende Handlung. Die Reduzierung der Leistungen um 169,45 € unterschreite mit einer Kürzung um etwa 25 % auch nicht das zu erbringende unabweisbare Gebotene und sei daher auch der Höhe nach verfassungskonform.
Am 12.6.2017 haben die Kläger durch ihren Bevollmächtigten Klage erhoben. Es fehle bereits an der erforderlichen Kausalität einer Nichtmitwirkung der Kläger für die Nichtvollziehbarkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen. Es sei nicht von den Klägern zu vertreten, dass sie nicht ausreisen können.
Laut Vermerk der zuständigen Ausländerbehörde vom 17.11.2017 wurde den Klägern mitgeteilt, dass ihr Sohn bei Offenbarung der Identität gut...