Entscheidungsstichwort (Thema)

Untätigkeitsklage. Untätigkeit der Widerspruchsbehörde. erhöhtes Aufkommen von Widersprüchen. kein zureichender Grund iS des § 88 Abs 1 SGG bei fehlenden organisatorischen Maßnahmen. Vertragsarztrecht. Richtgrößenprüfung. sozialrechtliches Verwaltungsverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Kostenersparnisgründe vermögen hingegen die Untätigkeit des Beklagten nicht zu rechtfertigen.

 

Orientierungssatz

Zur Untätigkeitsklage wegen Untätigkeit einer Behörde aufgrund eines erhöhten Aufkommens an Widersprüchen (hier zur Richtgrößenprüfung im Vertragsarztrecht).

 

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, über den Widerspruch des Klägers vom 18. Dezember 2008 gegen den Bescheid der Prüfungsstelle vom 11. Dezember 2008 zu entscheiden.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich des Zwischenverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen; diese tragen die Beigeladenen selbst.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt vom Beklagten eine Entscheidung über seinen Widerspruch gegen einen Bescheid der Prüfungsstelle über die Richtgrößenprüfung für das Jahr 2006.

Der Kläger ist als Facharzt für Allgemeinmedizin in L. niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Die Prüfungsstelle setzte ihm gegenüber mit Bescheid vom 11. Dezember 2008 wegen einer Überschreitung des Richtgrößenvolumens für Arznei- und Verbandmittel im Jahr 2006 einen Regress in Höhe von 35.894,21 € fest. Hiergegen erhob der Kläger am 18. Dezember 2008 Widerspruch. Über diesen Widerspruch hat der Beklagte bis zum heutigen Tage nicht entschieden.

Der Kläger hat am 26. September 2012 Untätigkeitsklage beim hiesigen Gericht erhoben. Er ist im Wesentlichen der Auffassung, dass der Beklagte über den Widerspruch zeitnah entscheiden müsse.

Die Kammer hat zwischenzeitlich mit Beschluss vom 12. Juli 2013 das Verfahren ausgesetzt und dem Beklagten eine Frist zur Entscheidung bis zum 31. Dezember 2015 eingeräumt. Aufgrund der gesetzlichen Änderungen und der Komplexität des Verfahrens sei eine solch großzügige Frist einzuräumen gewesen. Auf die vom Kläger hiergegen erhobene Beschwerde hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen diesen Beschluss mit Beschluss vom 20. Dezember 2013 aufgehoben. Es lägen keine zureichenden Gründe für eine Untätigkeit des Beklagten vor. Insbesondere sei z.B. nicht erkennbar, dass geeignete Maßnahmen gegen die Untätigkeit ergriffen worden seien. So sei z.B. das Personal nicht aufgestockt worden.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Beklagten zu verurteilen, über den Widerspruch des Klägers vom 18. Dezember 2008 gegen den Bescheid der Prüfungsstelle vom 11. Dezember 2008 zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt,

  die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist im Wesentlichen der Auffassung, dass zureichende Gründe für die lange Bearbeitung vorlägen. In den anderen Bundesländern seien die Richtgrößenprüfungen weiter vorangeschritten, weil dort aufgrund verspäteter Richtgrößenvereinbarungen erst mit späteren Prüfjahren begonnen worden sei.

Die Kammer hat den Beklagten mit Schreiben vom 10. März 2014 zum Erlass eines Gerichtsbescheides angehört worden. Er hat sich mit Schriftsatz vom 18. März 2014 geäußert und keine Einwände gegen den Erlass eines Gerichtsbescheides vorgebracht.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten, insbesondere auf den Inhalt der näher bezeichneten Schriftstücke Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Kammer konnte gem. § 105 Sozialgerichtsgesetz durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sach- und Rechtslage geklärt und einfach war. Der Beklagte ist auch mit Schreiben vom 10. März 2014 zum Erlass eines Gerichtsbescheides angehört worden. Er hat sich mit Schriftsatz vom 18. März 2014 geäußert und keine Einwände gegen den Erlass eines Gerichtsbescheides vorgebracht.

II. Die zulässige Untätigkeitsklage ist begründet. Nach § 88 Abs. 2 iVm Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist eine Untätigkeitsklage begründet, wenn über einen Widerspruch ohne zureichenden Grund nicht innerhalb von drei Monaten entschieden worden ist. Das ist vorliegend der Fall. Der Beklagte hat über den Widerspruch des Klägers vom 18. Dezember 2008 bis zum heutigen Tage nicht entschieden. Drei Monate sind dementsprechend längst verstrichen. Es liegt vielmehr eine Untätigkeit von nunmehr fünf Jahren vor. Diese Untätigkeit des Beklagten ist auch ohne zureichenden Grund im Sinne von § 88 Abs. 1 SGG.

Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 18. März 2014 auf die unterschiedlichen Prüfsituationen in den Bundesländern, die Übernahme der Widerspruchsverfahren zur Richtgrößenprüfung für das Prüfjahr 1999, die Entscheidung des Prüfungsausschusses der Richtgrößenprüfung für das Jahr 2000 erst im Jahr 2004 und die Anhängigkeit der Rechtsfrage über die Wirksamkeit der Veröffentlichung der Richtgrößenvereinbarung für das Jahr 1999 verwiesen. Das Verfahren der Richtgrößenprüfung für das Jahr 2001 sei erst im Jahr 2005 beim Beklagten anhängig geworden. Der Beklagte habe nebe...

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