Nachgehend

BSG (Beschluss vom 03.07.2014; Aktenzeichen B 6 KA 13/14 B)

 

Tenor

1. Der Bescheid des Beklagten vom 02.07.2009 wird aufgehoben und der Beklagte wird verpflichtet, über den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid des Prüfungsausschusses vom 18.10.2006 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Aufhebung eines durch den Beklagten im Rahmen der Richtgrößenprüfung 2002 gegen ihn festgesetzten Regresses in Höhe von Euro 17.470,15.

Der Kläger ist als Allgemeinmediziner zur vertragsärztlichen Versorgung zu- und mit Praxissitz in der G. in H. niedergelassen. Er beschreibt seine Praxis als “dörfliche Landarztpraxis„. Durch deren Lage und die schlechte Verkehrsanbindung leiste er dort “vollständige Familienmedizin„ und betreue Patienten vom Kleinkind bis zum pflegebedürftigen älteren Patienten ohne fachärztliche Beteiligung.

Mit Schreiben vom 27.07.2006 (= Blatt 1 des von dem Beklagten beigezogenen Verwaltungsvorgangs (künftig Verwaltungsvorgang)) leitete der Prüfungsausschuss bei der Geschäftsstelle der Prüfungseinrichtungen für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung (Prüfungsausschuss) gegen den Kläger ein Verfahren zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit bei Überschreitung der Richtgrößen nach § 106 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) für das Jahr 2002 ein. In dem Schreiben teilte der Prüfungsausschuss mit, bei dem Kläger sei - nach Berücksichtigung der als Anlage 3 (= Blatt 4 Verwaltungsvorgang) dem Schreiben beigefügten Aufstellung von Praxisbesonderheiten - eine Überschreitung der für die Praxis geltenden Richtgrößen um mehr als 25 Prozent festgestellt worden. Den vorläufig errechneten Nettoregress gab der Prüfungsausschuss mit einem Betrag von Euro 63.103,29 an. Die Ermittlung dieses Betrages war in einer dem Schreiben als Anlage 1 (= Blatt 3 Verwaltungsvorgang) beigefügten Berechnung dargestellt. Der Prüfungsausschuss wies darauf hin, dass der verspäteten Veröffentlichung der Richtgrößenvereinbarung wegen für die Richtgrößenprüfung 2002 die Richtgröße aus dem Prüfungsjahr mit der Richtgröße aus dem Vorjahr verglichen werde. Für den gesamten Jahreszeitraum 2002 werde die jeweils höhere Richtgröße der Prüfung zugrunde gelegt.

In dem Schreiben räumte der Prüfungsausschuss dem Kläger eine Frist zur Stellungnahme für die Geltendmachung weiterer Praxisbesonderheiten von einem Monat beginnend mit dem Zugang des Schreibens ein.

Der Kläger trug mit Schreiben vom 25.09.2006 (= Blatt 12 Verwaltungsvorgang) zu Praxisbesonderheiten im Jahre 2002 vor. Er führte aus:

Die Praxis werde als Einzelpraxis in einem Dorfe mit ca. 1.500 Einwohnern außerhalb von Bückeburg betrieben. Der Einzugsbereich liege im Schaumburger Land und sei flächenmäßig groß und zersiedelt. Die nächsten hausärztlichen Praxen seien in jeder Richtung mehr als 4 Kilometer entfernt. Die nächste Facharztpraxis liege noch deutlich weiter entfernt von dem Praxissitz. Zu bedenken sei ferner, dass als einziges öffentliches Verkehrsmittel eine “spärliche„ Busverbindung mit wenigen täglichen Fahrten existiere. Daraus ergebe sich zwangsläufig, dass er Patienten vom Kleinkind bis zum pflegebedürftigen Alten mit wenig fachärztlicher Beteiligung betreue. Das bedeute, er behandele viele Patienten selbst, die ansonsten von Fachärzten weiterbehandelt werden müssten. Aus diesen Bedingungen folge ein ausgesprochen hoher Verordnungsanteil an fachärztlichen Präparaten. Hierzu habe der Kläger in den Anlage 4.1 bis 4.12 zu der Meldung seiner Praxisbesonderheiten vorgetragen. Der Beklagte führt diese Anlagen im Verwaltungsvorgang als Blätter A 142 bis A 254.

Der Stellungnahme des Klägers lag daneben eine Anlage 4.13 (Teststreifen für nicht insulinpflichtige Diabetiker) bei (= Blatt A 240 und Blatt A 255). Der Kläger machte außerdem als Anlage 4.14 kostenintensive Patienten mit Polymorbidität geltend (= Blatt A 256 bis A 284).

Der Kläger rügte in seiner Stellungnahme zudem Datenfehler. Diese sollten nach seiner Ansicht Pharmazentralnummern, die nicht für Arzneimittel gelten, Hilfsmittel sowie ungültige Versichertennummern und/oder Datumsangaben betreffen. Insoweit fügte der Kläger seinem Schreiben folgende Anlagen bei: Aufstellung der Daten für Verordnungen mit Pharmazentralnummern, die nicht für Arzneimittel gelten (= Blatt A 1 und A 2 Verwaltungsvorgang) mit einer Summe von Euro 982 bei insgesamt 19 Datensätzen, Hilfsmittel (= Blatt A 3 bis A 5 Verwaltungsvorgang) mit einer Summe von Euro 573 bei insgesamt 45 Datensätzen sowie eine Aufstellung der Daten, die Verordnungen mit ungültigen Datumsangaben oder Versichertennummern enthalten sollen (= Blatt A 6 bis A 15 Verwaltungsvorgang). Letztgenannte betrafen in der Summe Euro 12.308 bei insgesamt 431 Datensätzen.

Der Prüfungsausschuss schloss das Verwaltungsverfahren mit Bescheid vom 18.10.2006 (= Blatt 16 Verwaltungsvorgang) ab. In dem Bescheid setzte er gegen den Kläger einen Regress...

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