Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Unzulässigkeit der Klage. Vereinbarung der Zuständigkeit einer Schiedsstelle. sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Erstattungsansprüche der Leistungsträger untereinander. Ausschlussfrist. keine Anwendbarkeit des § 111 S 2 SGB 10. keine Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers über seine Leistungspflicht
Orientierungssatz
1. Der für eine Klage gegebene Rechtsweg vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit kann durch die in einem Vertrag enthaltene Schiedsvereinbarung ausgeschlossen werden. Die Vereinbarung einer anderen Zuständigkeit ist nicht durch § 59 SGG ausgeschlossen. Dieser kann nicht herangezogen werden, denn die Frage des Schiedsvertrages hat nichts mit der anderen zu tun, ob die Zuständigkeit des Sozialgerichts prorogiert werden kann.
2. § 111 S 2 SGB 10 setzt voraus, dass eine sachliche Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers gegenüber dem leistungsberechtigten Versicherten in der Sache bereits vorliegt oder zumindest in Betracht kommt. Eine derartige materiell-rechtliche Entscheidung ist indessen regelmäßig ausgeschlossen, wenn es um Erstattungsansprüche von Sozialhilfeträgern untereinander wegen erbrachter Leistungen der Eingliederungshilfe geht und der Anspruchsinhaber die Eingliederungshilfe bereits von einem Sozialhilfeträger erhalten hat.
Tenor
Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Tatbestand
Der klagende Sozialhilfeträger verlangt vom beklagten Sozialhilfeträger im Wege eines Erstattungsanspruchs nach § 105 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) die Erstattung von insgesamt 38.954,05 Euro für Kosten der Eingliederungshilfe, die er dem behinderten A. M. für das Jahr 2005 erbracht hat.
Die Beteiligten, die der “Anwendung der Fürsorgerechtsvereinbarung/baden-württembergische Vereinbarung vom 1. August 1997„ beigetreten sind, streiten insbesondere um die Frage, ob der Kläger, statt die Spruchstelle Stuttgart anzurufen, den Beklagten mit einer Klage vor dem hiesigen Sozialgericht hat überziehen dürfen, sowie, ob der Anspruch des Klägers auf Kostenerstattung gemäß § 111 SGB X ausgeschlossen ist.
Im Zuge der Auflösung des Landeswohlfahrtsverbandes und des Übergangs der Aufgaben desselben mit Wirkung zum 1. Januar 2005 auf den jeweils zuständigen Stadt- oder Landkreis wurden die Eingliederungshilfe-Akten im Leistungsfall des A.M. an den Kläger abgegeben (vgl. § 2 Art. 177 Verwaltungsstruktur-Reformgesetz). In der Folgezeit erbrachte der Kläger in der irrigen Annahme, er sei örtlich zuständig, für A.M. stationäre Leistungen der Eingliederungshilfe. Letzterer hielt sich seit seinem Zuzug in die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1977 durchgehend in verschiedenen Behinderteneinrichtungen auf - zuletzt in einer Behindertenwohnanlage im Wohnverbund (vgl. Bl. 125, 169 der Akten des Klägers). Erst zu Beginn des Jahres 2009 stellte der Kläger fest, dass nicht er, sondern der Beklagte örtlich zuständiger Sozialhilfeträger ist. Denn A. M. hielt sich im Zeitpunkt der erstmaligen Heimaufnahme am 15. Februar 1977 in C, mithin nicht im Zuständigkeitsbereich des Klägers, sondern in demjenigen des Beklagten auf (siehe Aktenvermerk vom 3. Februar 2009, Bl. 110 der Akten des Klägers). Dies alles ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
Mit Schreiben vom 3. Februar 2009 bat der Kläger sodann um Übernahme des Falles in eigener Zuständigkeit und rückwirkend für die Zeit ab 1. Januar 2005 um Anerkennung der Kostenerstattungspflicht nach § 105 SGB X. Er wies darauf hin, dass die Kostenerstattung bei fehlgeleiteten Fällen im Rahmen der Übergabe der Eingliederungshilfeakten durch den Landeswohlfahrtsverband von den örtlichen Sozialhilfeträgern unterschiedlich gehandhabt werde. Diesbezüglich liefen bereits Spruchstellenverfahren. Sofern eine Erstattung ab 1. Januar 2005 nicht möglich sei, bitte er daher bezüglich des streitigen Zeitraums auf die Einrede der Verjährung zu verzichten, bis das Spruchstellenverfahren abgeschlossen sei (Bl. 111 der Akten des Klägers). Daraufhin kündigte der Beklagte mit Schreiben vom 6. Februar 2009 die Übernahme des Falles in eigener Bearbeitung ab 1. April 2009 an, erkannte seine Kostenerstattungspflicht ab 6. Februar 2009 an und verzichtete auf die Einrede der Verjährung bis zum Abschluss des Spruchstellenverfahrens (Bl. 112 der Akten des Klägers).
Im weiteren Verlauf erkannte der Beklagte unter Berufung auf die Ausschlussfrist des § 111 SGB X und die Entscheidung der “Spruchstelle für Fürsorgestreitigkeiten S.„ vom 9. März 2009 (Az. St. 16/06; Bl. 13/18 der Gerichtsakten) seine Kostenerstattungspflicht rückwirkend für ein Jahr, d.h. ab 6. Februar 2008, an (Bl. 143 der Akten des Klägers). Zwischen den Beteiligten streitig ist demnach noch der Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis 6. Februar 2008 mit einer Forderungshöhe von insgesamt 111.648,42 € (siehe die Zusammenstellung auf Bl. 144 der Akten des Klägers).
Hinsichtlich des auf das Jahr 2005 entfallenden Teilbetra...