Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweiliger Rechtsschutz. Arbeitslosengeld II. Höhe des Zuschusses zu den Versicherungsbeiträgen zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung. Deckungslücke. Fehlen eines Anordnungsgrundes. kein drohender Verlust des Versicherungsschutzes
Leitsatz (amtlich)
Kein Anordnungsgrund bei fehlender voller Übernahme der Beträge für eine private Kranken- und Pflegeversicherung nach dem SGB II.
Tenor
1. Der Antrag des Antragstellers auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
2. Kosten sind nicht zu erstatten.
3. Der Antrag des Antragstellers, ihm für das Verfahren zur Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt F. aus G. zu bewilligen, wird abgelehnt.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes um die Höhe des Zuschusses zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung gemäß § 26 Abs. 2 und 3 Zweites Sozialgesetzbuch (SGB II).
Der 1959 geborene, 2002 geschiedene Antragsteller ging bis zum 31. Dezember 2008 einer selbständigen Erwerbstätigkeit nach und war bis dahin bei der CH. -Krankenversicherung AG (im Folgenden nur: CH.) privat kranken- und pflegeversichert. Offenbar bestand dieses Versicherungsverhältnis bis zum Beginn der Hilfebedürftigkeit fort. Seit dem 16. Februar 2009 bezieht er Leistungen nach dem SGB II. Nachdem der Antragsteller mit Schreiben vom 5. März 2009 beantragt hatte, Mitglied der IKK Niedersachsen (im Folgenden nur: IKK) - einer gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung - zu werden, ging der Antragsgegner in den Bewilligungsbescheiden für den Zeitraum 16. Februar 2009 bis 31. Januar 2010 zunächst davon aus, der Antragsteller sei nunmehr bei der IKK gesetzlich kranken- und pflegeversichert.
Die IKK teilte dem Antragsgegner jedoch mit Schreiben vom 23. April 2009 mit, eine Versicherung des Antragstellers werde nicht durchgeführt, weil dieser zuvor Mitglied einer privaten Krankenversicherung gewesen sei. Der für den Zeitraum 1. August 2009 bis 31. Januar 2010 ergangene Änderungsbescheid vom 4. November 2009 wies darauf hin, der Antragsteller sei seit dem 16. Februar 2009 nicht krankenversichert, und enthielt - ebenso wie der Bewilligungsbescheid vom 11. Januar 2010 für den Zeitraum 1. Februar bis 31. Juli 2010 - keine Regelung über Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge.
Das Versicherungsverhältnis des Antragstellers mit der Central wurde daraufhin ab dem 24. November 2009 im sog. Basistarif neu begründet. Ausweislich des Versicherungsscheins der Central vom 5. Februar 2010 (Bl. 109 ff. der GA) hatte der Antragsteller hierbei zunächst monatlich 320,65 Euro an Versicherungsbeiträgen zu entrichten, und zwar 284,82 Euro im Tarif BTN0 für die Krankenversicherung (im Folgenden nur: KV) und 35,83 Euro im Tarif PVN für die Pflegeversicherung (im Folgenden nur: PV). Seit dem 1. Januar 2010 sind insgesamt monatlich 327,19 Euro zu entrichten, und zwar 290,63 Euro für die KV und 36,56 Euro für die PV.
Mit Änderungs- bzw. Bewilligungsbescheiden vom 1. März 2010 bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller für den Monat November 2009 Leistungen in Höhe von 736,62 Euro (auf den Zuschuss nach § 26 SGB II entfallen dabei 33,62 Euro - 29,41 Euro KV und 4,21 Euro PV -) sowie für den Zeitraum Dezember 2009 bis Januar 2010 und Februar bis Juli 2010 Leistungen in Höhe von insgesamt monatlich 847,09 Euro. Hierin ist der Zuschuss nach § 26 SGB II in Höhe von insgesamt monatlich 144,09 Euro enthalten. Auf die KV entfallen hierbei 126,05 Euro und auf die PV 18,04 Euro monatlich.
Gegen die Bescheide vom 1. März 2010 erhob der Antragsteller unter dem 16. März 2010 Widerspruch, den der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2010 zurückwies. Nach der geltenden Rechtslage (§ 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 12 Abs. 1c Satz 6, 2. HS. Versicherungsaufsichtsgesetz - VAG - bzw. § 26 Abs. 3 SGB II) habe der Antragsteller keinen Anspruch auf einen höheren Zuschuss als bisher gewährt.
Der Antragsteller hat am 14. Juli 2010 Klage (S 45 AS 1367/10) zum Sozialgericht (SG) Hildesheim erhoben, über die noch nicht entschieden ist. Zugleich hat er um Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nachgesucht. Die vom Antragsgegner zitierten Vorschriften, die den Zuschuss begrenzen, seien verfassungswidrig; das habe der 15. Senat des Landessozialgerichts (LSG) Niedersachsen-Bremen bereits entschieden. Ein Abwarten der Entscheidung im Klageverfahren führe für ihn, den Antragsteller, zu irreparablen Nachteilen. Da eine Krankenversicherungspflicht bestehe, zwängen ihn die grundsicherungsrechtlichen Beschränkungen zu einem gesetzwidrigen Verhalten ohne eigenes Verschulden. Er sei nicht in der Lage, die monatliche Deckungslücke in Höhe von 327,19 Euro ./. 144,09 Euro = 183,10 Euro aus Ersparnissen oder sonstigen Vermögenswerten zu schließen. Unzumutbar sei es auch, diese Differenz aus der monatlichen Regelleistung (359,00 Euro) aufzubringen, weil ihm dann nur noch 175,90 Euro monatlich zur Bestreitung des notwendigen ...