Entscheidungsstichwort (Thema)

Absenkung des Arbeitslosengeld II. Meldeversäumnis. wichtiger Grund. Nichterscheinen wegen Arbeitsaufnahme durch Vermittlungsangebot eines Arbeitsvermittlers. behördeninterne Kenntnis. kein weiterer Meldezweck

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Sanktion ist unverhältnismäßig, wenn dem Beklagten ein in der Meldeaufforderung genannter wichtiger Grund für ein Nichterscheinen des Hilfebedürftigen zum Zeitpunkt des Meldetermin bekannt ist und ein anderweitiger Zweck der Meldeaufforderung weder mitgeteilt noch erkennbar ist.

2. Nimmt ein Hilfebedürftiger nach der Aufforderung zur Meldung für ein Gespräch über sein Bewerberangebot bzw seine berufliche Situation ein Vermittlungsangebot des zuständigen Arbeitsvermittlers zur Aufnahme einer Arbeit an, bedarf es neben der behördeninternen Mitteilung keiner zusätzlichen Mitteilung über die Arbeitsaufnahme des Hilfebedürftigen.

 

Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 04.11.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.01.2011 wird aufgehoben.

Die außergerichtlichen Kosten des Klägers trägt die Beklagte.

 

Tatbestand

Der am 25.05.1987 geborene Kläger steht seit längerem im Leistungsbezug der Beklagten. Er begehrt die Aufhebung einer Sanktionsentscheidung der Beklagten aufgrund eines Meldeverstoßes.

Mit Bescheid vom 12.08.2010 wurden dem Kläger für die Zeit vom 01.11.2010 bis 31.01.2011 monatlich 395,00 € an Arbeitslosengeld II bewilligt. Der Kläger war zu diesem Zeitpunkt zu drei Einladungen sich bei der Beklagten zu melden (14.06.2010, 22.06.2010 und 01.07.2010) nicht erschienen. Daraufhin sind seine Leistungen zum 01.08.2010 eingestellt worden. Am 15.09.2010 forderte die Beklagte den Kläger auf, am 29.09.2010 um 10.15 Uhr in die Dienststelle der Beklagten nach Heide zu kommen.

Als Anlass war in der Meldeaufforderung der Wunsch der Beklagten genannt, mit dem Kläger über sein Bewerberangebot bzw. seine berufliche Situation zu sprechen. Hinsichtlich der Details der Meldeaufforderung, insbesondere Rechtsfolgenbelehrung und Entschuldigungsvordruck, wird auf die Kopie der Einladung (Bl. 9 ff. der Akte) Bezug genommen.

Im Folgenden kam es mit dem zuständigen Arbeitsvermittler des Beklagten am 20.09.2010 zu einem persönlichen Gespräch, bei dem ein Mitarbeiter des Beklagten gemeinsam mit dem Kläger einen künftigen möglichen Arbeitgeber in H. aufsuchte. Der Arbeitgeber gab eine positive Rückmeldung nach der Ernte 2009 und bot dem Kläger an, auch in diesem Jahr wiederum für ihn zu arbeiten. Der Kläger nahm das Angebot spontan an und vereinbarte mit dem Arbeitgeber, Herrn ..., eine Arbeitsaufnahme vom 02.10. bis 31.10. Im Anschluss wurde mit dem Kläger noch über seine Strategie zur Beendigung der Hilfebedürftigkeit gesprochen. Der Arbeitsvermittler gab die Information über die Arbeitsaufnahme zum 02.10. im Vermerk vom 20.09.2010 an den verantwortlichen Leistungsbereich weiter.

Zu dem Meldetermin am 29.09.2010 erschien der Kläger nicht.

Hieraufhin senkte die Beklagte mit Bescheid vom 04.11.2010 das Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 01.12.2010 bis 28.02.2011 monatlich um 30 v. H. der maßgeblichen Regelleistung ab. Diese Absenkung entspricht einem Betrag in Höhe von 107,70 € monatlich. Sie begründete ihre Absenkung, da der Kläger wiederholt seiner Meldepflicht nicht nachgekommen sei(vorangegangenes Meldeversäumnis am 22.06.2010) werde das Arbeitslosengeld II abgesenkt. Entscheidungsrelevante Gründe von der Sanktion abzusehen, seien nicht ersichtlich.

Hiergegen hat der Kläger am 24.11.2010 Widerspruch erhoben. Er führte zur Begründung aus, er sei aus nachvollziehbaren Gründen davon ausgegangen, aufgrund der in Gegenwart des Mitarbeiters Herrn ... persönlich abgesprochenen Arbeitsaufnahme müsse er vor Absolvierung dieser Tätigkeit dem Meldetermin nicht halten und absolvieren. Hintergrund sei die Erörterung der weiteren beruflichen Zukunft gewesen. Diese sei zu diesem Zeitpunkt bereits jedoch näher geklärt gewesen. Es sei nicht ersichtlich, welche Erörterungen in dem Meldetermin weiter hätten stattfinden sollen. Ein berechtigtes Interesse an der Durchführung des Meldetermins sei nicht erkennbar gewesen. Die Sanktionierung sei nur um 10% der Sanktionsbescheid ergebe nicht, warum eine Sanktion in Höhe von 30% vorgenommen werde. Erkennbar sei lediglich ein zuvor stattgehabter Meldetermin.

Ferner fehle es an Ermessensausübungen zur Frage der Reduzierung der Sanktion auf 6 Wochen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 04.01.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie führte zur Begründung aus, der Kläger sei insgesamt zu drei Einladungen, nämlich am 14.06.2010, 22.06.2010 und 01.07.2010, nicht erschienen.

Im Schreiben vom 15.09.2010 sei der Kläger aufgefordert worden, sich am 29.09.2010 zu melden, um seine aktuelle Lage zu besprechen und zu vermeiden, dass eine Leistungsverzögerung eintritt oder die Möglichkeit einer Anschlusstätigkeit versäumt wird. Das Aufforderungsschreiben beinhalte auch eine vollständige und verständliche Erklärung über die möglichen Rechtsfolgen. Die Berechtigu...

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