Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. örtliche Zuständigkeit nach Umzug. Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers am tatsächlichen Aufenthaltsort. keine Anwendbarkeit des § 98 Abs 5 S 1 SGB 12. Beendigung des ambulant betreuten Wohnens vor mehr als einem Monat
Leitsatz (amtlich)
Verzieht ein Hilfeempfänger, der neben der Grundsicherung nach dem Vierten Kapitel SGB 12 auch Leistungen für ambulant betreutes Wohnen erhält, in den örtlichen Zuständigkeitsbereich eines anderen Sozialhilfeträgers, bleibt der bisherige Sozialhilfeträger dann für die Leistungserbringung weiterhin örtlich zuständig, wenn der Hilfeempfänger Leistungen des ambulant betreuten Wohnens durchgehend weiter oder innerhalb eines Monats erneut erhält.
Tenor
Der Antragsgegner wird im Wege der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet, der Antragstellerin vorläufig für die Zeit vom 01. Oktober 2014 bis längstens zum 30. September 2015 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung einschließlich der Kosten der Unterkunft nach den Bestimmungen des 4. Kapitels des Sozialgesetzbuchs - Sozialhilfe - in gesetzlicher Höhe zu erbringen.
Der Antragsgegner erstattet der Antragstellerin die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung zwischen den Beteiligten nicht statt.
Gründe
I.
Die ... geborene Antragstellerin begehrt im Wege der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung des Antragsgegners, ihr vorläufig ab dem 01.10.2014 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach den Bestimmungen des 4. Kapitels des Sozialgesetzbuchs - Sozialhilfe - (SGB XII) in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Sie bezieht wegen einer psychischen Erkrankung von der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg seit dem 01.01.2010 Rente wegen voller Erwerbsminderung. Bei der Beigeladenen stand sie bis zum 30.06.2014 im Bezug von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII; außerdem übernahm die Beigeladene bis zu diesem Zeitpunkt die Kosten für das ambulant betreute Wohnen der Antragstellerin durch die Einrichtung L., K..
Zum 11.06.2014 verzog die Antragstellerin nach Kündigung ihrer bisherigen Wohnung wegen Eigenbedarfs von K. nach E-L. Leistungen des ambulanten betreuten Wohnens nahm sie durch den bisherigen Leistungserbringer offenbar bis zum 14.07.2014 weiterhin in Anspruch.
Der Antragsgegner bewilligte der Antragstellerin für die Zeit vom 01.07.2014 bis zum 30.09.2014 Grundsicherungsleistungen einschließlich der Kosten der Unterkunft nach dem SGB XII. Zwischen ihm und der Beigeladenen ist die Zuständigkeit für die Leistungserbringung seit dem 01.07.2014 umstritten.
Mit ihrem am 29.09.2014 beim erkennenden Gericht eingegangenen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes begehrt die Antragstellerin
die Verpflichtung des Antragsgegners, ihr vorläufig ab dem 01.10.2014 “Leistungen zum Lebensunterhalt„ zu erbringen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beigeladene zu verpflichten, der Antragstellerin entsprechende Leistungen ab dem 01.10.2014 zu erbringen.
Er trägt vor, die Antragstellerin sei auch nach ihrem Umzug nach E-L im Rahmen des ambulanten betreuten Wohnens nahtlos noch bis Ende Juli 2014 betreut worden. Damit sei die Beigeladene für die weitere Leistungserbringung örtlich zuständiger Leistungsträger. Soweit die Antragstellerin im Mai 2014 der Beigeladenen gegenüber erklärt habe, keine Hilfe mehr zu benötigen, sei dies rechtsunerheblich, weil die Antragstellerin durchgängig unter rechtlicher Betreuung gestanden habe und die gesetzliche Betreuerin in die Entscheidungsfindung nicht eingeschlossen gewesen sei.
Die durch Beschluss vom 29.09.2014 zum Verfahren Beigeladene ist der Auffassung, der Antragsgegner sei der für die Erbringung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung örtlich zuständige Leistungsträger.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakten des Antragsgegners und der Beigeladenen sowie den der Prozessakte Bezug genommen.
II.
Der statthafte und auch im Übrigen zulässige Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist begründet.
1. Rechtsgrundlage für das Begehren der Antragstellerin im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist § 86 b Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Danach kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall von § 86 b Abs. 1 SGG vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ast vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind gemäß Satz 2 der genannten Bestimmung auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Antrag ist schon vor Klageerhebung zulässig (§ 86...