Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Hilfe in anderen Lebenslagen. Bestattungskosten. Vermögenseinsatz. Einsatzgemeinschaft zwischen Bestattungspflichtigem und Ehegatte
Leitsatz (amtlich)
1. Der im Sozialhilferecht geltende generelle Nachrangvorbehalt gebietet es, im Rahmen der Prüfung der Bedürftigkeit des zur Bestattung Verpflichteten auch das Einkommen und Vermögen seines nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners zu berücksichtigen (vgl SG Karlsruhe vom 28.6.2007 - S 1 SO 1604/07).
2. Maßstab für die Bedürftigkeit sind die faktischen wirtschaftlichen Verhältnisse des Hilfesuchenden.
3. Die Berücksichtigung auch des Einkommens und Vermögens des nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners des Hilfesuchenden im Rahmen der Zumutbarkeit der Bedarfsdeckung aus eigenen Mitteln stellt keinen Bruch im System der Sozialhilfe dar, sondern ist im Gegenteil systemkonform und verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Übernahme von Bestattungskosten aus Mitteln der Sozialhilfe umstritten.
Der 1927 geborene Kläger ist der Bruder der am ... 1924 geborenen und am ... 2010 verstorbenen Hilfeempfängerin X:Y.. Er bezieht von der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg eine Altersrente in Höhe von monatlich - netto - 814,63 €, außerdem von der Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes Wiesbaden eine monatliche Rentenbeihilfe von 10,50 €. Die 1929 geborene Ehefrau des Klägers erhält ebenfalls von der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg eine Altersrente von monatlich - netto - 147,91 €.
Am 25.06.2010 stellte der Kläger beim Beklagten den Antrag, die ihm aus Anlass der Bestattung der Hilfeempfängerin entstandenen Kosten im Umfang von 3.438,15 € zu erstatten. Sämtliche in Betracht kommenden Erben auf Ableben der Hilfeempfängerin hätten die Erbschaft ausgeschlagen.
Nach weiterer Sachaufklärung zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Klägers und seiner Ehefrau lehnte der Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, zwar gehöre der Kläger zu dem Kreis der gesetzlich Bestattungspflichtigen. Voraussetzung für die Übernahme der notwendigen Bestattungskosten sei jedoch eine sozialhilferechtliche Bedürftigkeit auf Seiten des Klägers. Der Kläger und seine Ehefrau verfügten indes über Vermögen in Form von Bank- und Bausparguthaben mit einem Gesamtwert von 18.796,67 €. In diesem Betrag sei weiter vorhandenes Vermögen in Form von Grundstücken der Ehefrau des Klägers sowie von Geschäftsanteilen des Klägers bei der Spar- und Kreditbank H. noch nicht berücksichtigt. Das Vermögen des Klägers und seiner Ehefrau überschreite den für die Eheleute geltenden Vermögensfreibetrag (3.214,00 €) um mindestens 15.582,67 €. Der Kläger sei deshalb nicht bedürftig und in der Lage, die angefallenen Bestattungskosten selbst zu tragen (Bescheid vom 29.07.2010).
Zur Begründung seines dagegen erhobenen Widerspruchs trug der Kläger im Wesentlichen vor, seine Ehefrau sei nicht verpflichtet, die Bestattungskosten der Hilfeempfängerin, ihrer Schwägerin, zu begleichen. Überdies hätten er und seine Ehefrau Vermögen angespart, um im Alter selbst nicht zum Sozialfall zu werden und die Kosten ihrer eigenen Beerdigungen wie auch den Unterhalt der im Alleineigentum seiner Ehefrau stehenden Eigentumswohnung bezahlen zu können. Hier stehe darüber hinaus demnächst die Erneuerung der Heizungsanlage an. Hierfür sei ein Großteil der Ersparnisse seiner Ehefrau einzusetzen. Überdies habe der Beklagte Restschulden bei der L. in Höhe von 4.412,41 € unberücksichtigt belassen. Der Beklagte wies den Widerspruch zurück: Vorrangig vor der Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen sei nicht nur das eigene Vermögen, sondern auch dasjenige des nicht getrennt lebenden Ehegatten einzusetzen. Eine besondere Härte des Vermögenseinsatzes liege nicht vor. Auch seien die bei der L. vorhandenen Schulden nicht vom Vermögen des Klägers und seiner Ehefrau abzusetzen. Mit dem den Vermögensschonbetrag übersteigenden Vermögen könne der Kläger die für die Bestattung seiner Schwester angefallenen notwendigen Kosten in vollem Umfang selbst begleichen. Diese seien darüber hinaus nicht in voller Höhe (3.438,15 €), sondern lediglich in Höhe von 2.405,00 € erforderlich gewesen. Insbesondere sei eine Beisetzung in einer Kolumbariennische sozialhilferechtlich nicht notwendig gewesen; vielmehr hätte nach Mitteilung der Gemeinde Z. auch eine Beisetzung in einem Urnen-Reihengrab erfolgen können. In diesem Fall wären lediglich Kosten von 785,00 € anstelle von 1.075,00 € entstanden. Auch wäre bei einer Bestattung in einem Urnen-Reihengrab eine Kolumbarienplatte (geltend gemachte Kosten: 659,45 €) nicht angefallen. Schließlich gehörten die Kosten für einen Leichenschmaus (geltend gemacht: 83,70 €) nicht zu den erforderlichen Kosten einer Bestattung (Widerspruchsbescheid vom 12.04.2011).
Bereits am 28.03.2011 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Karlsruh...